Literaturgefluester

2009-08-20

Lange Liste

Filed under: Uncategorized — jancak @ 10:42

Nach soviel Selbstlob aber auch Beschäftigung mit den eigenen Grenzen, bin ich gestern prompt abgestürzt und lustlos auf der Terrasse mit den grünen Korbstühlen gesessen und es hat in mir gedacht „Das schaffst du nicht, das ist nicht neu und originell, denn über den Donaukanal hast du ja schon oft geschrieben und auch über die Büchergilde-Gutenberg Sammlung deines Vaters und wen interessiert ein alter Mann, der sich mit einer arbeitslosen Lektorin trifft und, daß ein achtundvierzigjähriger ausrangierter Postbeamter mit einer Messie-Frau nach Bratislava fährt und von ihr ein schüchternes Küßchen bekommt, während sie immer wieder auf die Uhr sieht und die altkluge kleine Clarissa einen dreibeinigen Stoffelefanten in den Kindergarten schleppt…? Alles nicht originell, dazu meine einfache Sprache, meine Rechtschreibung und und und …“
Da habe ich wieder herumgegooglet und bin daraufgekommen, die lange Liste aus der im September sechs Namen ausgewählt werden, aus der dann einer oder eine den deutschen Buchpreis bekommt, gibt es schon.
Unter www.deutscher.buchpreis.de kann man sie sich ins Zimmer holen, ab Samstag soll es heuer so ein Buch mit den Namen, Textauszügen und Hintergrundinformationen in den Buchhandlungen geben und bei www.libreka.de kann man sich die Auszüge ab heute auf seinen Computer oder E-Reader laden.
Da war ich natürlich abgelenkt, bzw. weiter deprimiert, denn so weit werde ich es wahrscheinlich niemals bringen, so daß ich, bevor ich mich wieder an das Korrigieren mache, ein bißchen darüber philosophieren will.
Denn das ist ja interessant und auf jeden Fall sehr medienwirksam. Da reichen 79 Verlage, die Mitglied beim deutschen, schweizer oder österreichischen Buchhandelsbörsenverein sind, 154 Titel ein, sieben Jurymitglieder darunter Iris Radisch und Daniela Strigl sichten sie, wählen zuerst zwanzig, später sechs heraus, eine oder einer bekommt, wenn er im Oktober nach Frankfurt fährt, 25.000 Euro, das Buch wird sich gut verkaufen, während die vielen anderen, die nicht auf der Liste stehen, überbleiben.
Darüber habe ich schon im Vorjahr diskutiert, eigentlich absurd aus 154 oder natürlich noch mehr Büchern, das angeblich beste auszuwählen?
Wenn man aber daran denkt, daß der Durchschnittsleser fünfzig Bücher im Jahr liest, die meisten weniger und die Leselustfrustbetreiberin zweihundert, ist das nicht absurd. Denn für sie gehen sich die zwanzig Langlistenfavoriten aus, sie las zwar gerade einen zehn Jahre alten Ernst Molden Krimi, der Durchschnittsleser hält sich an die sechs bzw. das Preisbuch, der Buchhandel freut sich, Sigrid Löffler schimpft, weil die wirklich besten Bücher wieder übergeblieben sind und ich werde nur lesen, was ich geschenkt bzw. um einen Euro bekomme.
Man kann sich aber, wie Leselustfrust meint, auch selber an die Nase nehmen und über den Tellerrand schauen.
Ich versuche es mit dem Literaturgeflüster und die zwanzig Namen habe ich mir angeschaut. Vier davon gehören österreichischen Männern und, um mich oder den Zufall zu loben, über die Hälfte habe ich in den letzten Tagen geschrieben, nämlich über Thomas Glavinic und Clemens J. Setz, die mit „Das Leben der Wünsche“ und „Die Frequenzen“ auf der Liste sind.
Dann stehen noch Thomas Stangl mit „Was kommt“ und Wolf Haas mit seinem neuen Brenner-Krimi darauf. Da kann man natürlich fragen, warum nur Männer? Und wieso der neue Henisch und Robert Menasse nicht und überhaupt, wo bleibt die Frau Mayröcker mit ihrem „Scardanelli“?, obwohl man das der alten Dame wahrscheinlich nicht mehr zumuten soll, wieder auf einer Liste zu stehen und überzubleiben, da sich ihre Lyrik höchstwahrschlich nicht so für die Massen verkauft. Interessant, Daniel Kehlmanns „Ruhm“ ist auch nicht dabei.
Und ich hab mich geärgert, denn sowohl Thomas Stangl, als auch Clemens J. Setz haben ihre neuen Bücher im April im Literaturhaus vorgestellt und ich bin zu beiden Lesungen nicht gegangen, weil ich lieber schreiben wollte …
Sonst gibt es das Feinste vom Feinsten, nämlich Sibylle Berg, Anna Katharina Hahn, Herta Müller, Therezia Mora, Ernst Wilhelm Händler u.u.u. Selber nachschauen bzw. sich das Lange Listen Buch holen.
Nun ja, auf dieser Liste werde ich nicht stehen, ich kann es nicht verändern und sollte trotzdem schauen, daß ich meine Sprache und das, was ich kann, so hinbekomme, daß im nächstes Jahr ein schönes Digitalbuch daraus wird. Das wäre dann mein Zwanzigstes, hurra!“ Ansonsten gibts schon das Programm für das Linke-Wort am Volksstimmefest und wenn man unter www.linkes-wort.at nachschaut, kann man auch meine neuen Bücher finden.
Christoph Janacs und Erika Kronabitter haben mich per mail zu ihren Lesungen in der Prückl-Sommerreihe eingeladen. Da bin ich ja beleidigt, weil ich dort nicht lesen darf und wollte trotzdem zu der Abschlußlesung am 3. September in die alte Schmiede gehen. Das Volksstimmefest ist aber erst am 5. und 6. und ich habe meistens meine Sommerfrische damit beendet. Ich könnte also eine Woche länger Ferien machen oder gewissenhaft, wie ich bin, schon am 1. September in Wien bleiben, in die alte Schmiede gehen und mich mit Erika Kronabitter treffen.
Mal sehen, auch das muß ich noch nicht entscheiden.
Und sonst, Stammleser haben es schon erraten, habe ich über die Namensfindung weiter nachgedacht und bin auf eine Lösung gekommen, die ganz einfach ist. Denn da die Sophie eine Ich-Erzählerin ist, kann es dank der Fallschreibung so bleiben, niemand kann mich klagen und denen, die fragen, kann ich erklären, warum das nichts mit der Musikerin zu tun hat.
Im ganzen Text spricht nur Franka Stein Sophie mit ihren Nachnamen an und die wird halt Sophie Hungers sagen. Man sieht, wie mich das beschäftigt und es ist auch interessant.
Jetzt gehe ich in die Badewanne und werde Alberto Moravia „Die Gleichgültigen“ lesen, was ein wirklich starkes Buch ist, auch wenn es Männerphantasien auf ein langvergangenes italienisches Frauenbild spiegelt, sollte man es gelesen haben! Ich besprechs als nächstens, bis morgen werde ichs wahrscheinlich nicht schaffen und da morgen wieder Wanderwochenende ist, wo ich vielleicht auch Otto Lambauer sehe, gibts vermutlich ein paar Tage kein Literaturgeflüster, wenn nicht was passiert, was ich unbedingt schreiben muß.

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