Wahrscheinlich ist „Die erste Geige spielt der Tod“, des 1953 in Oberösterreich geborenen ORF-Redakteurs Reinhard Badegruber, die Parodie auf einen Kriminalroman, ein auf die Spitze getriebenes Klischee und in die Krimihandlung eingebauter Wien-Führer für deutschsprechende Touristen, mit zur Schaustellung all seiner Gelehrsamkeit.
Man bekommt einen Grundkurs über die Wiener Szene-Beisln rund um die alte Schmiede, erfährt, daß Herr Lehmann ein Roman von Sven Regner und kein Dackel ist und sich die Wiener, wie die meisten anderen, nicht für Literatur interessieren, der Doktor Maritsch aber der Sohn eines Ministers und eine Figur aus „Wie eine Träne im Ozean“ von Manes Sperber ist.
Vor allem aber wird in diesem Roman sehr viel gesoffen. Whiskey und Zwetschkerne durcheinander und Richard Beerenleitner, der pensionierte Starkolumnist des großen Blattes, der die angeführten Zitate von sich schleudert, ist ständig auf der Suche nach geistiger Nahrung, verliert im Laufe des Romans Job, Frau, Wohnung, Ruf und Stammbeisl. Fällt ständig von Rollsesseln, wird verdroschen und in Säcke verladen, ist aber der Held der fünfzehn Tage dauernden Handlung, die mit einem Prolog und der Feststellung beginnt, daß es ein Irrtum ist, zu glauben, daß Musiker menschenlieb wären.
Der Ton dieser Geschichte ist herb und rauh, Reinhard Badeguber scheint das ganze Wiener Strizzi-Lexikon auswendiggelernt zu haben, die Sprache manchmal umständlich und Metaphern getragen, wie sie wahrscheinlich kein Sprachstudium erlauben würde, vorallem der talentierte Geigenschüler, der ständig auf Kästen kraxelt, seinen Lehrer aus dem Fester stürzt und vorher auf die Schrankwand pinkelt, übt sich in hochgestochener Rede, erzählt dieselben Inhalte mehrmals, so daß ich schon auf die Wiederholung im Sinne der Seitenfüllung tippte, von ihm stammt aber auch die schöne Wendung „Mein Aufstrich ist eine Inzersdorfer“, als ihn der versoffene Geigenlehrer durch sinnlose Aufstrichübungen, das Genie austreiben will.
Die Handlung ist indessen schnell erzählt. Am ersten Tag liegen zwei Polizisten, der Loisl und der Alois auf der Straßenlauer, um den Autoschiebern auf die Spur zu kommen. Sie stoppen einen Mercedes, in dem sie drei Geigenkästen finden, die sie für Kindersärge halten und die Geschichte beginnt.
Und zwar in einem Wiener Privatkonservatorium, da stürzt nämlich Professor Mayr, nachdem er seinen Schüler Stefan Müller quälte, aus dem Fenster, die Schulwartin Elisabeth Sedlmeier im Blümchenkleidchen, die eigentlich Vera Ivanova Ligovskaja heißt, aber mit Professor Assam, Professor Mayr und dem Cellisten Lorenz Zeglovits mit dem berühmte Leopoldstätter Quartett, die Welt bereiste und von ihren Konzertreisen Geigen schmuggelte, führt Richard Beerenleitner in ihre Wohnung ein, wo dieser im Keller ihren ebenfalls ständig besoffenen Gatten findet, der später von ihr erschossen wird. Der Geigenschüler fühlt sich von den Russen verfolgt, der Journalist wird von seiner Frau aus der Wohnung geschmissen, steigt daher in Professor Mayrs Villa in Döbling ein, nachdem Herrn Lehmann sich als Geige entpuppt, die die neureichen Russen wieder zurück nach Russland bringen wollen, während sie in Professor Assams Zimmer lag. Der vielleicht wieder nüchterne Beerenleitner findet diesen, nachdem er eine Geheimbotschaft enttarnte, gedemütigt und maskiert, mit Kasperlmütze auf dem Penis und wird vom großen Blatt fürs Titelbild geknipst und als Wiener-Rotlicht-Wallraff bezeichnet.
Einen brutalen Starpolizisten, der das Ganze enttart und vor oder hinter Richard Beerenleitner herläuft, den Herrn Karl, gibt es auch und am Schluß enttarnt sich die angebliche Russenmaffia noch als mehr oder weniger begabtes Musikerduo, das uns schon durch die Handlung begleitet hat.
So die Kurzfassung des Wien live Krimis, den ich als dritten Versuch meinen Schreibwerkstatt Gutschein einzulösen, schnell und problemlos von Amazon bekommen und genauso schnell gelesen habe.
2009-10-28
Die erste Geige spielt der Tod
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