Literaturgefluester

2011-10-06

Nobelpreisraten und Islandschwerpunkt

Filed under: Uncategorized — jancak @ 23:22

Die Verleihung des Literaturnobelpreises ist ja eine Sache die mich sehr interessiert, am ersten oder zweiten Donnerstag im Oktober wird um dreizehn Uhr der Name des oder der Erwählten, meistens sind es ja Männer, bekanntgegeben und um halb eins wird dieser oder diese vom Vorsitzendenden des Kommitees angerufen und davon informiert. Das sind so die Informationen, die zu mir durchsickerten. Daß es eine Long und eine Shortliste gibt und daß man auf letzterer mindestens zweimal stehen muß, um gewählt zu werden, damit nicht eine Eintagsfliege, wie angeblich einmal Pearl S. Buck, den Preis bekommt und nicht jedermann oder jede Frau ihren oder seinen Vorschlag nach Stockholm schicken kann. Das dürfen nur Auserwählte, Universitätsinstitute und frühere Nobelpreisträger, die IG Autoren sind, glaube ich, auch dazu befugt und die schlagen Jahr für Jahr Friederike Mayröcker vor, diesmal stand auch Peter Handke als Österreicher auf der Liste. Die Amerikaner tun das wahrscheinlich für Philip Roth und der geht dann an diesen Donnerstagmittagen angelblich nicht aus dem Haus, damit er den Anruf nicht versäumt.
Diese Listen sind angeblich auch geheim, sickern aber immer wieder durch. So gibt es eigene Wettbüros und Ö1 verkündet die Namen, die hoch auf dieser Liste stehen. In den letzten Tagen steht meistens ein Name hoch im Kurs und der bekommt den Preis oder auch nicht. Vor zwei Jahren wurde so im Morgenjournal die Biografie Herta Müllers veröffentlicht und es hat gestimmt, während ich im vorigen Jahr verwirrt war, als ich am Morgen plötzlich von Haruki Murakami hörte. Mario Vargas Llosa ist es dann geworden und heute Morgen stand Bob Dylan sehr hoch auf dieser Liste, der libanesisch syrische Dichter Adonis, wieder Haruki Murakami und ein schwedischer Lyriker namens Tomas Tranströmer, von dem ich noch nie etwas hörte, der aber auch als ewiger Favorit zu gelten scheint.
Im Mittagsjournal interviewte Günter Kaindlsdorfer eines der Kommiteemitglieder und Kristina Pfoser erzählte, daß Bob Dylan in den letzten Minuten von diesem achtzigjährigen Lyriker, der schwer krank ist, seit einem Schlaganfall im Rollstuhl sitzt und nicht mehr sprechen kann, verdrängt wurde. Für das Mittagsjournal ging sich die Namensnennung nicht mehr aus, diesmal wurde es aber in „Von Eins bis Zwei“ von Mirjam Jesser bekanntgegeben. Wenn ich Donnerstag nicht in der Klinik bin, habe ich mir die Namen in den letzten Jahren ergooglet, diesmal war ich aber in der Küche, bin aber trotzdem noch vor der Radioverkündigung darauf gekommen, daß wir wieder einen Nobelpreisträger haben, den ich nicht kannte. Bei Jean Marie Gustave le Clezio vor drei Jahren war das ebenso, inzwischen habe ich von ihm zwei Bücher gelesen. Ob ich an Tomas Tranströmers Gedichte komme, weiß ich nicht. In der Biografie gibt es es Ähnlichkeiten, zwar schreibe ich keine Lyrik, der alte Mann, der, wie ich später hörte, zu den bekanntesten Lyrikern zählt, hat aber als Psychologe gearbeitet und einige Gedichtbände von ihm, habe ich inzwischen ergooglet, sind auf Deutsch erschienen.
Er soll sich, wie seine Frau erzählte, sehr über die Auszeichnung gefreut und nicht mehr damit gerechnet haben. Sie ist sicher verdient und kommt wahrscheinlich zu einem Zeitpunkt, wo er das Geld nicht mehr ausgeben kann und viele Leute werden jetzt wahrscheinlich wieder sagen „Tomas wer?“
So sorgt diese Nobelpreisnominierung für Spannung und es trifft immer den Falschen so richtig die Entscheidung auch ist, weil natürlich soviele andere überbleiben, die auch darauf warten und sich nicht spazierengehen trauen.
Für Interessierte hier mein Nobelpreisarchiv 2008, 2009, 2010
Ansonsten war der Donnerstag wieder ein Tag der Terminkollisionen, wo ich nicht wußte, ob ich in die Alte Schmiede oder in die Gesellschaft für Literatur gehen soll und schließlich im Literaturhaus gelandet bin. Das habe ich auch Ö1 zu verdanken und der Frankfurter Buchmesse, die nächste Woche beginnt und als Gastland Island hat. Ö1 hat diese und auch vorige Woche einen Island Schwerpunkt, berichtet vom Bankencrash, von der Edda und der isländischen Literatur und am Samstag gab es in den Hörbildern eine Sendung von Johann Kneihs, der ein halbes Jahr in Bildungskarenz in Island verbrachte und dort über seine Großeltern Victor und Melitta Urbanic forschte, das sind ein Komponist und eine Künstlerin, die 1938 von Graz nach Reykjavik emigrierten und das Kulturleben Islands nachhaltig prägten.
Er war dort Musikdirektor und hat Bach aufgeführt, sie hat gedichtet, Skulpturen gemacht, übersetzt und Bienen gezüchtet. Rudolf Habringer hat einen Roman darüber geschrieben und am Donnerstag wird im Literatur eine Ausstellung der Exilbibliothek eröffnet, sagten sie im Radio, als wir gerade in Richtung Hochschwab fuhren und da mich das interessiert, bin ich heute ins Literaturhaus gegangen.
Vorher habe ich die Brigitte in der Galerie im Park getroffen, von der ausstellenden Künstlerin ein Glas Wein offeriert bekommen und ihr die Einladung zu meinem Geburtstagsfest gegeben und als ich das Literaturhaus erreichte war es sehr voll.
Elfriede Haslehner habe ich getroffen, weil sie eine der Urbanic Töchter von ihren Chören kennt und die Familie gesehen. Ursula Seeber hat eingeleitet. Es gab Lieder von Victor Urbanic zum Teil mit Texten seiner Frau und die Tochter Sibyl erzählte, daß ihre Mutter den ganzen Tag gedichtet hat. Sie war auch mit Erika Mitterer befreundet und mit Friedrich Gundolf vom George Kreis. Es gab eine Diskussion mit der Tochter, Rudolf Habringer und einer Islandforscherin. Rudolf Habringer, mit dem ich, 2007 glaube ich, einmal in der Alten Schmiede gelesen habe und der bei Picus verlegt, las eine Stelle aus seiner „Island Passion“, wo er das Schicksal Victor Urbanics fiktiv erzählt und Originalaufnahmen mit der Stimme Melitta Urbanics. Am Schluß führte Ursula Seeber durch die Ausstellung und erklärte die Bilder und Schriften in den sieben Vitrinen. Es gab Wein und die Bücher und die Noten zu kaufen. In einem neuaufgelegten Lyrikband gibt es auch ein Gedicht Melitta Urbanics zu finden, von der sonst, wie Ursula Seeber betonte, noch viel zu entdecken ist.

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