Literaturgefluester

2013-05-26

Der Meister und Margarita

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:47

Nun kommt ein weiteres Schmankerl bzw. Bildungslücke aus dem offenen Bücherschrank, nämlich Michail Bulgakows „Der Meister und Margarita“ in der Übersetzung von Thomas Reschke, mit literaturgeschichtlichen Anmerkungen von Ralf Schröder. Der russische Lyriker Alexander Nitzberg hat es im vorigen Jahr neuübersetzt und wurde damit für den Leipziger Buchpreis nominiert. Ich habe im Ex Libris gehört, daß die Neuübersetzung lyrischer sein soll, Alexander Nitzberg hat auch auf der Buch-Wien daraus gelesen.
Mir gefällt das Buch und auch die Übersetzung und denke, daß ich, wenn Russisch meine Muttersprache wäre, auch die Originalausgabe lesen würde, aber sei es darum, das Buch wurde damit wieder in das öffentliche Bewußtsein gebracht und es ist sicher ein Klassiker, den man, egal in welcher Ausgabe, gelesen haben sollte.
Vielleicht finde ich einmal das Nitzberg-Buch, dann kann ichs vergleichen und ein Stück aus dem „Meister“ habe ich ja schon im Vorjahr während unserer Sechsländerreise in einer der Hauptverbandgeschenkausgaben gelesen.
Michail Bulgakov, 1891 im russischen Kaiserreich geboren, 1940 in Moskau SU gestorben, gilt als großer Satiriker, hat den Meister ab 1928 geschrieben, 1940 seiner Frau die letzte Fassung kurz vor seinem Tod diktiert.Erschienen ist es erst 1966 in zensurierter Form und ein Klassiker geworden.
Das Haus in dem Bulgakow wohnte, kommt in dem Roman vor und ich kann das Lesen, egal in welcher Fassung, sehr empfehlen, denn es ist ein wahrhaft köstliches Buch.
Da gehen zwei Literaten in Moskau spazieren, wollen sich bei einer Bude ein Bier kaufen, es gibt aber nur Aprikosensprudel und begegnen dem Teufel, sprich einem Ausländer, der fragt sie nach Gott und der Welt aus, erzählt von einem Gespräch mit Pilatus und sagt dem einen, daß ihm von einer Frau der Kopf abgetrennt werden, dem anderen eine Schizophrenie voraus.
Er hat auch einen Begleiter, Sekretär oder Dolmetscher und eine Katze, die selbständig Straßenbahn fährt und als sie der eine dann die Polizei oder Rettung holen will, passiert das Vorausgesagte, die Straßenbahn rollt über ihn hinweg und ich dachte Doderer hätte den ersten Straßenbahnunfall der Literaturgeschichte beschrieben, aber vielleicht war er mit seiner „Strudelhofstiege“ früher dran.
Der andere nimmt eine Kerze und eine Ikone und jagt in Unterhosen zur Schriftstellerversammlung, wird auf die Psychiatrie gebracht und der Teufel quartiert sich in Berliozs, das ist der mit dem abgetrennten Kopf, Wohnung ein, die er mit einem Varietedirektor teilt, der am Morgen betrunken aufwacht, sich an nichts erinnern kann und vom Teufel einen Imbiß samt Wodka serviert bekommt, der erzählt ihm von einer schwarzen Show, die er mit ihm abgemacht hat, die Plakate sind schon gedruckt und versetzt ihn dann nach Jalta und als der Vorsitzende der Wohngenossenschaft in die versiegelte Wohnung kommt, wird ihm vom Sekretär ein Schmiergeld, sowie ein Vertrag zugesteckt, verhaftet wegen Valuta im Spülkasten wird er kurz später ebenfalls und der Teufel läßt nicht nach auch den Vorstand des Varietes zu ärgern, in der am Abend die schwarze Magie des Ausländers Voland gezeigt werden soll.
Während in der äußerst komfortablen Psychiatrie Prof Strawinskis, in der Nachts blaue statt der weißen Lämpchen brennen, der Lyriker Iwan Besdomny von einem Mitpatienten, dem Meister, der einen Roman über Pilatus geschrieben hat und darob den Verstand verlor, Besuch bekam, spielt sich im Varietetheater das wahre Leben ab, sprich eine Vorstellung von schwarzer Magie, wo den Besucher zehn Rubelscheine in die Taschen gezaubert werden, die Damen ihre Kleider gegen französische Couture tauschen und später im Unterhöschen auf der Straße stehen, dem Conferencier Bengalski von der Katze der Kopf abgebissen wird und der darob, obwohl er ihm wieder aufgesetzt wurde, den Verstand verlor, so daß er genauso zu Prof Strawinski kommt, wie vorher schon der Leiter der Wohngenossenschaft mit den Devisen in der Klomuschel.
Am nächsten Tag verschwindet sämtliches Personal des Varietetheaters, die Leute denen die zehn Rubelscheine gegeben wurden, finden statt ihnen nur wertloses Papier vor und um die Wohnung Nummer fünfzig, in der der Magier mit seinem Assistenten und seiner Katze eingezogen ist, ist auch ein großes Geriß.
Im zweiten Teil lernen wir Margarita kennen, das ist eine dreißigjährige verheiratete Frau mit einer fünf Zimmer Luxuswohnung, die in der Nacht von ihrem verlorenen Geliebten träumt, dann schenkt sie ihrem Hausmädchen Natascha Strümpfe und Parfum und mahnt sie nicht so abergläubisch zu sein und den Erzählungen der anderen Dienstmädchen über die Varieteevorstellung zu glauben und geht spazieren, trifft einen der teuflischen Assistenten, der ihr ein Döschen gibt, mit dessen Inhalt sie sich um zehn Uhr abends nackt einreiben soll. Sie tut es, wird zur Hexe und fliegt über die Dächer Moskaus, zertrümmert die Wohnung des Kritikers, der den Roman ihres Liebsten, dem Meister, verrissen hat und Natascha, die sich ebenfalls an der Creme bediente und die den Nachbarn zum Eber verwandelt hat, trifft sie auch.
Der Teufel macht Margarita zu seiner Königin und lädt sie zu einem Ball, wo sie drei Stunden im Stiegenhaus des Hauses Nummer fünfzig zu stehen und alle Mörder, Betrüger und sonstig hingerichtet und verstorbenen Gauner freudig zu begrüßen hat. Dafür darf sie sich als Belohnung ihren Meister wünschen und fliegt mit ihm, dem Teufel und seinem Gefolge davon. Kapitel aus dem Roman des Meisters gibt es zwischendurch auch immer zu lesen und im Schlußkapitel das Resultat des Untersuchungsergebnisses, um den Spuk der die aufgeklärte Stadt Moskau überfallen hat, aufzuklären. Es waren Hypnotiseure, die die Moskauer hineinlegten. Am Ende geht das Haus Nummer fünfzig und noch einiges andere in Flammen auf und die Protagonisten leben mehr oder weniger munter weiter.
Ein herrlich satirischer Roman, der mir bisher entgangen ist. Alexander Nitzberg hat, wie ich hörte, inzwischen noch ein anderes Bulgakovschen Werk übersetzt und eine Satire, die Andrej Kurkow, viel später über das stalinistische Moskau geschrieben hat, habe ich vor einem Jahr auch gelesen.

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