Literaturgefluester

2013-07-23

Nachruf auf Rolf Schwendter

Filed under: Uncategorized — jancak @ 01:36
Rolf Schwendter

Volksstimmefest 2012

Rolf Schwendter

Osterspaziergang 2012

Der Montag war wieder so etwas wie ein literarischer Tag, manchmal fühle ich mich zwischen den Veranstaltungsbesuchen, den Bücherbergen und dem Bloglesen bzw. kommentieren, weit weg davon, am Vormittag hat aber Ruth Aspöck angerufen und mir von den „Literatur und Text Tagen“ erzählt, die inzwischen in Strobl am Wolfgangssee stattfinden und an denen sie teilgenommen hat, dann meldete sich Doris Nussbauer vom „Werkl“ mit der Mitteilung, daß sie die von der Verramschung bedrohte erste Lise Meitner Anthologie aufgekauft hat und eine Lesung im Herbst oder am Frauentag machen will. Ein Portrait will sie auch von mir bringen.
Dann bekam ich noch einen Kommentar bezüglich meines St. Pöltner Buchhandlungstag mit ein paar Mitteilungen zu Milena Michiko Flasars „Ich nannte ihn Krawatte“, ich schrieb mein zweites Kapitel mit einem Nachruf oder Lebenslauf auf den in Wien geborenen Sinologen Ernst Schwarz, den die Nazis nach Schanghai brachten und der dann in der DDR spionierte, bevor er wieder nach Österreich kam und in Münichsreith 2003 verstarb. Dann schickte mir Alfred die Nachricht des Tages, Rolf Schwendter ist am Sonntag In Kassel verstorben und ich war sehr betroffen, obwohl Rolf Schwendter ja sehr krank gewesen ist. Um Weihnachten lag er auf der Intensivstation, dann schien es ihm kurzfristig besser zu gehen und ich habe nachgedacht, ich habe ihm nicht am „Tag der Freiheit des Wortes“ das letzte Mal gesehen, sondern wahrscheinlich bei Ruth Aspöcks Lesetheateraufführung von Elisabeth Freundlichs „Im Steingebierg“.

Rolf Schwendter

Osterspaziergang 2012

Am Abend habe ich mich am Abend mit der Ruth und dem Alfred am Rathausplatz getroffen, die es auch schon wußte, jetzt braucht die GAV einen neuen Präsidenten und das Volksstimmefest, dessen Programm Christoph Kepplinger, dann am Abend schickte, hat einen Leser weniger und die Ballade zum Thema „Ausverkauf“ wird uns auch abgehen.
Als Arthur West 2000 im August gestorben ist, hat Helmuth Rizy vorgeschlagen, daß jeder der Lesenden vor oder nachher sein Lieblingsgedicht bringt, das wäre auch eine Idee, obwohl der 1939 in der Wiener Hasnerstraße geborene, wie ich in den Nachrufen las, eine große Menge Texte und noch viel mehr Unveröffentlichtes hinterlassen hat. Die Ruth hat mir von kleinen Heften, die sich sich stoßweise in seiner Wohnung befinden sollen, erzählt und die schwer zu transkribieren wären, denn Rolf Schwendeter war ja einer, der alles mit der Hand geschrieben hat, Telefon und seine Nachfolgermedien ablehnte und einer der gescheitesten Menschen, die mir je begegnet sind.
Ich habe ihn, den GAV-Präsidenten wahrscheinlich in der GAV kennengelernt und bin ihm immer wieder begegnet, hat er ja nicht nur erste Wiener Lesetheater gegründet, den Tag der Lyrik organisiert, die Poet-Night und und und.

Die Poet-Night wird es vielleicht nicht mehr geben, ist mir am Abend eingefallen, wieder eine Veranstaltung weniger, bei der ich dann nicht lesen kann und ich habe Rolf Schwendter, den ich auch beim „Tag der Freiheit des Wortes“ immer wieder getroffen habe, auch immer wieder erzählt, wie sehr ich darunter leide, daß ich von diesem Literaturbetrieb noch nicht entdeckt wurde. Er hat es, glaube ich, verstanden und mich 2009 als der Osterspaziergang durch Margareten ging, sehr viel lesen lassen, über Paul Wimmer, Jeannie Ebner, Jura Soyfer und und und…

Ilse Kilic, Rolf Schwendter

Amerlinghaus 2010

Ja, richtig den Osterspaziergang wird es vielleicht auch nicht mehr geben und die handgeschriebenen Schnipsel bei den Lesetheateraussendungen. Denn wer bitte schreibt heute noch mit der Hand und ist telefonisch nur nach Mitternacht bis zwei Uhr früh zu erreichen, wenn man etwas für das Lesetheater organisieren will.
Der Rolf war auch ein Katzenfan und dreifacher Doktor, ein Herr Professor, obwohl er nicht so ausgesehen hat, einer der alternativsten und intellektuellsten Menschen, der von Wien nach Kassel und zurück hin und hergependelt ist. Devianzforscher und Autor von Kochbüchern „Arme essen – Reiche speisen“,“Psalter“, die Katertotenlieder“ „Von der Unmöglichkeit zu Telefonieren“, sind einige seiner gedruckten Werke, wie schon erwähnt, das meiste soll unveröffentlicht sein.

Ruth Aspöck hat ein Buch über das Lesetheater herausgebracht und bei ihr in ihrem Haus im Mühlviertel, gab es auch eine Lesung, an die ich mich erinnern kann, weil ein Foto davon, das Cover des Buches bildet. Feste hat es gegeben um sechzigsten, fünfundsechzigsten, siebzigsten Geburtstag und viele viele Veranstaltungen. Beim Alltäglichen Leben zu der mich Ilse Kilic mit dem Literaturgeflüster eingeladen hat, haben wir zusammengelesen. 2002 hat er den Tag der Freiheit des Wortes organisert und immer ein Gedicht dafür geschrieben.

Rolf Schwendter

Siebenstern PoetNight 2009

Den Katzenfasching hat Susanne Schneider, glaube ich, für ihn organisiert.
Er ist sehr krank gewesen und hat seiner alternativen Lebensform wohl auch nicht sehr auf sich geschaut, so habe ich es in einem der Nachrufe gelesen, er hat aber zu trinken aufgehört, zu rauchen und auch sehr viel zu essen. Früher war er, glaube ich, dafür bekannt, daß er zwei oder drei Hauptspeisen hintereinander verzehren konnte und wenn es Streit gab, ist er immer vermittelnd und ausgleichend aufgetreten.
Jetzt braucht die GAV einen neuen Präsidenten mit der Ruth Aspöck habe ich mich ein bißchen darüber unterhalten, wer das werden könnte? Die Petra Ganglbauer oder die Erika Kronabittner vielleicht, denn Präsidentinnen braucht das Land. Ein berühmter Name, wie Robert Schindel wäre aber auch ganz gut, aber erst einmal wird er uns sehr fehlen.
Wer bitte wird beim Volksstimmefest den Abschluß machen, wiegend und singend oder vielleicht die Maultrommel spielend uns vom Ausverkauf in diesem Land erzählen?
Und hier ein Nachruf von der Wiener Zeitung mit einem Bild, das der Alfred am letzten Volksstimmefest gemacht hat.

13 Kommentare »

  1. es gibt gewiß uuuurviele, welchen er fehlen wird. auch wir von der AGORA am donaukanal haben einen schock erlitten und ich selbst, peter contra, der ich ihn seit gut 50 jahren kannte, bin tief betroffen.

    aber so ist es eben, sind die bedeutenden menschen um uns und da, machen wir uns keine gedanken darüber, wie es ohne sie sein werde, weil der tod ja allgemein ein großes verdrängungskapitel darstellt. tritt aber das stets beiseitegeschobene wirklich ein, sitzen wir da, als hätte uns ein harter gegenstand schmerzhaft am kopf getroffen.

    dann wachen wir auf, vielleicht – und werden sehr nahe daran erinnert, einen ähnlich letalen weg gehen zu müssen.

    auch ich weiß urviel über rolf zu erzählen, habe ja auch sehr viel mit ihm gemeinsam gemacht, damals 1963. später gab es dann eine unliebsame große unterbrechung, die rolf aber wieder beeendet hatte, als er zur AGORA gestoßen war und hier öffentlich an der donau, bei der schwedenbrücke, am linken ufer der „kleinen donau“ (wo sonst?) seine gedankern, lieder und texte vor den zuhörern, singend, trommelnd, ausbreitete….

    und jetzt sprengt der tod
    erschreckend diesen rahmen, –
    vorüber ists mit seinen markennamen . . .

    surgit ventus, temptemus vivere…

    Kommentar von peter contra — 2013-07-26 @ 07:01 | Antworten

  2. Ja, das ist sehr traurig und doch auch interessant und wichtig, daß sich plötzlich so viele mit dem „Großen der Subkultur“, dem „Unorthodoxen der uns verlassen hat“ beschäftigen, die das früher nicht taten, sondern lächelten und darüber spotteten, daß sich an einem Samstag im September oder Oktober, die Handvoll Lesetheatermenschen in das Hinterzimmer des „Siebenstern“ zurückziehen und von vier Uhr Nachmittag bis zwei Uhr früh sich endlich einmal ihre eigenen Texte vorlasen und dafür ein paar Euro Honorar bekamen, in der Presse hat man darüber kaum ein Wort gefunden, denn es war ja „Untergrund“ und „Subkultur“, aber dennoch, ich erinnere mich, als wir 1998 muß das gewesen sein, ein paar Tage zu einer Tante nach Belgrad gefahren sind, habe ich die Sendung „Diagonal zwei Stunden Radio mit Rolf Schwender“ versäumt und trotzdem scheinen wir die Einzigen zu sein, die aktuelle Fotos von Rolf Schwendter haben, denn Alfred hat schon Anfragen aus Berlin bekommen, ob man sie verwenden darf?
    Genießen wir also, so traurig das auch ist, die Aufmerksamkeit die Rolf Schwendter jetzt ein paar Tage oder Wochen hat und tragen wir die Erinnerung an ihm weiter!
    Ruth Aspöck hat mir von den vielen Blöcken erzählt, die in seiner Wohnung liegen und transkripert gehören. Die Stadt Wien oder das Literaturarchiv hat also viel zu tun…
    Es war ein literarisch Großer der Subkultur der uns verlassen hat und fehlen sollte und vielen Dank für Ihren Kommentar, denn er hat mich daran erinnert, daß ich auf etwas vergessen habe. Erstens gehe ich jedes letztes August- erstes Septemberwochenende am Donaukanal an der AGORA vorbei, wenn ich aufs Volksstimmefest gehen und dann war ich da auch einmal und habe zugehört, an einem 16. Juni und Bloomesday, als das erste Wiener Lesetheater den ganzen Tag lang oder so an verteilten Orten den „Ullysses“ aufführte. Ich erinnere mich, daß ich über die Brücke zur nächsten Station gegangen bin, Rolf Schwender ist, glaube ich, mit dem Taxi an mir vorübergefahren.

    Kommentar von jancak — 2013-07-26 @ 08:54 | Antworten

    • nun, villeicht hast du zeit, morgen um 18h zur AGORA zu kommen. GERHARD RUISS wird da auch über rolf sprechen und wir werden seiner, was ihzm sicher gefallen würde, mit einer guten rindsuppe gedenken. lg, pc

      _____

      Kommentar von Peter Contra — 2013-07-26 @ 13:35 | Antworten

  3. Ich leider nicht, denn ich bin ja derzeit am Land und auf Sommerfrische, werde also in Gedanken am Donaukanal, bei Rolf Schwendter und der guten Rindsuppe sein. Aber das „Literaturgeflüster“ ist ja öffentlich lesbar, vielleicht sind ein paar Interessierte für den Hinweis dankbar.
    Ich werde dann in ein paar Wochen über den Donaukanal zur Jesuitenwiese und zur „Siebensternbühne“ gehen und vielleicht habe ich auch außer dem „Maimißbrauch“ zum Thema „Ausverkauf“ einen „Brief an Rolf Schwendter“ mit.
    Das ist ebenfalls eine Einladung zur Lesung „Linkes Wort am Volksstimmefest“ Samstag 31. 8. Sonntag 1. 9. jeweils 16-18 Uhr, wo es sicher auch einen „Nachruf auf Rolf Schwendter“ geben wird.

    Kommentar von jancak — 2013-07-26 @ 13:43 | Antworten

  4. ja, wie das seiende eben so spielt, habe auch ich einen Brief von Rolf an mich. und als ich den erhielt, war rein nichts in der luft, daß dieses so tief treffend passieren würde. ich hab das wr. lesetheater gebeten, mir einen tonträger zukommen zu lassen, damit an dem terminen, wo Rolf zugesagt hatte, sein geist und seine stimme, seine worte und gedanken noch einmal uns hier sehr nachdenklich und trauernd, erreichen können. keine leichte aufgabe, man kann selbst beim schreiben dieser zeilen die schmerzhaften tränen nicht stoppen – irgendwie finde ich, die Stadt wien sollte ihm ein ehrengrab am wiener zentralfriedhof im bereich der kulturbedutenden wiens als letzten gruß und letzte ehrerbietung spenden. erinnere mich nochmals wegen volksstimmefest.. lg, pc

    Kommentar von peter contra — 2013-07-27 @ 08:13 | Antworten

  5. Auch wenns kein Trost ist, die Erinnerungen sind die Orte und Archive, an die es sich immer gehen läßt und das Gedenken kann lebendig halten! In diesem Sinn eine schöne Stunde und ein schöne Feier heute Abend, auch wenn sie traurig wird!
    Die Beziehungen zum Ehrengrab sind vielleicht da, wenn das Begräbnis überhaupt in Wien stattfinden sollte. Gerhard Ruiss weiß wahrscheinlich darüber mehr.
    Alles Gute und die Kraft sich vorzustellen, wo der Rolf jetzt sitzen wird, die Katze am Schoß, sich wiegend, wippend und mit der Maultrommel den Takt angeben zu der Litanei über die Ungerechtigkeiten dieser Welt…
    Und wir haben fürs Erinnern jetzt auch noch ein paar schöne Fotos eingestellt.

    Kommentar von Eva Jancak — 2013-07-27 @ 08:41 | Antworten

  6. Ich denke immer noch sehr oft an Rolf. Aber ich versuche mich, trotz aller Wehmut an das Schöne zu erinnern, was wir gemeinsam erlebt haben. Und der „harte Kern“ des Lesetheaters macht auf jeden Fall weiter wie bisher. So wird es auch heuer die Fixpunkte wie Poet-Night und Chanson-Abend geben. Ein gemeinsames Miteinander in Rolfs Sinne. Weitermachen! Alles Liebe. Manuel Girisch

    Kommentar von Manuel Girisch — 2014-01-26 @ 14:12 | Antworten

    • Das ist fein und für den Katzenfasching am nächsten Samstag, wo wir uns ja treffen werden, habe ich auch einen Text geschrieben, der an ihn erinnern soll

      Kommentar von Eva Jancak — 2014-01-26 @ 17:22 | Antworten

  7. ja und jetzt so lange, relativ halt – ist doch zu erkennen, daß der herr kulturstadtrat, welcher rolfs aktivitäten fördern ließ, nicht ein einziges wort oder irgend eine haltungsgabe, wenigstens ein kranz oder sowas bei den letzten wegen, hatte – das offizielle wien hat ihn schon vergessen, so als wärs a traurige operette gwesn. aber offenbar wars ned amal das, denn sonst hätte kulturstadtrat mailath pokorny sicher dahin gfundn… schade, schade, sehr traurig und beschämend….und irgendwie sehr zynisch…

    Kommentar von peter contra — 2015-05-03 @ 12:17 | Antworten

  8. Ja, natürlich ist das schade, aber es gibt die Erinnerungstafel am Donaukanal, die leider, glaube ich, vorigen September zeitgleich mit dem Volksstimmefest, enthüllt wurde, so daß ich sie erst später besuchen konnte und bei der „Poet-Night“ und wahrscheinlich auch bei anderen Gelegenheiten wird immer noch an ihn gedacht.

    Kommentar von jancak — 2015-05-03 @ 13:15 | Antworten

  9. da is a wort verloren gegangen: doch wohl an IHN und NICHT an = ihm = !!

    Kommentar von peter contra — 2015-05-08 @ 02:56 | Antworten

  10. Ein Fallfehler, uje, trotzdem sollte man wohl weitergedenken und der Rolf würde mir meine Rechtschreibung höchstwahrscheinlich verzeihen und nicht so wichtig nehmen, weil er ja als Altachtundsechziger und politischer Mensch trotz seiner drei Doktorate sicherlich darüber stand. Vielen Dank für die zweifache Korrektor!

    Kommentar von jancak — 2015-05-08 @ 07:52 | Antworten


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