Literaturgefluester

2014-09-26

Tod des Autors und FM4-Preis

Filed under: Uncategorized — jancak @ 22:49

Derzeit findet der KulturHerbstNeubau statt, offenbar ein Pendant des Siebenten zu den Wiener Festwochen und da hat mich Andrea Stift schon seit längeren zu einer Lesung am morgigen Samstag ins Amerlinghaus eingeladen und im Literaturhaus gibt es Freitag und Samstag ein Symposium der Schule für Dichtung „Der Tod des Autors – reloaded, denn das hat in den Sechzigerjahren im Original Roland Barthes gesagt und jetzt ist der Autor wieder anders, nämlich im Netz im verschwinden und die „Schule der Dichtung“ ist etwas, weil ich ja nicht sehr konkret oder experimentell schreibe, etwas was meinem Gedächtnis fast entschwunden wäre.
Obwohl mich Christian Ide Hintze, der Gründer vor Jahrzenten einmal angerufen hat um etwas von meinen Arbeitskreis schreibender Frauen zu erfahren.
Christian Ide Hintze ist vor einiger Zeit gestorben, der jetzige Leiter heißt Fritz Ostermayer, der das Festival auch kuratierte, mir war der Name völlig unbekannt, weil ich ja an den Klassen der Schule im Internet oder in der Mariahilferstraße nicht teilnehme, aber Julian Schutting engagiert sich, glaube ich, dort sehr und als es „Rund um die Burg“ alt noch gab, trat dort immer zu Mittag die Schule für Dichtung auf und brachte mir bei, wie das experimentelle Dichten gehen könnte, beziehungsweise gab es immer spannende Performances und jetzt ein Festival im Literaturhaus und weil soetwas subventioniert sein muß, gab es zuerst Begrüßungsreden, der Bezirksvorsteher Blimlinger trat auf, die Kulturbeauftragte der Stadt Wien Julia Danielczyk von der ich ja gerne die Einladungen zu den Preisverleihungen der Stadt Wien bekäme und Robert Stocker in Vertretung des Bundesministers, der auch Ostermayer heißt und hielten Zusatzreferate.
Fritz Ostermayer erklärte dann, wie das mit den toten Autor zu verstehen sei, in den Sechzigerjahren glaubte man diesen nicht mehr nötig zu haben und jetzt im Netz scheint man ihn nicht mehr zu brauchen, beziehungsweise gibt es neue Inhalte und neue Publikationsformen, Fritz Ostermayer erzählte von einem Roman, der in zwanzig Sprachen übersetzt wurde, von Englisch auf Deutsch, auf… bis er wieder Englisch wurde und dann fragt man sich, ob der Autor seinen Roman wiedererkennt oder ob die Übersetzer nicht längst etwas anderes daraus gemacht haben und es ist interessant, die Mona Lisa ist für jeden auf der Welt gleich, die Symphonien sind es auch, bei der Literatur ist das aber anders, denn da kann es sein, daß „Schuld und Sühne“ auf einmal anders heißt, während im Original, der Titel gleichbleiben wird und wir lesen auch etwas anderes, wenn die Bücher alle paar Jahrzehnte neu übersetzt werden. Ein interessanter Aspekt, der mich beschäftigt, seit ich Übersetzerveranstaltungen besuche.
Im Literaturhaus kam dann das Einleitungsreferat, die sogenannte Grundsatz Lecture vom Literaturwissenschaftler und Musiknarr Johannes Ullmaier aus Mainz und das war sehr interessant und brillant vorgetragen, bzw. auch optisch aufbereitet, denn auf der Bühne hing ein Weihnachtsmann, das war der Autor, über ihn die göttliche Distanz, auf der anderen Seite ein paar Pappteller, das waren die Leser und die Kritiker und dazwischen gab es Tafeln wie Plagiat, etc.
Das war vielleicht ein wenig kitschig dargestellt, das Grundsatzreferat war das weniger, denn es gab erstens einen Schlagabtausch mit Fritz Ostermayer „Der Autor lebt – der Autor ist tot“, zweitens viele interessante Aspekte und eine Graphik gab, die das menschliche Leben und seine Verbesserungen durch Prothesen schilderte, das Internet ist eine solche, der Buchdruck auch und während Autoren, wie Peter Handke immer mit der Hand schreiben werden, gibt es im Netz die E-Books und die Massenware, Historienkitsch etc nannte es, glaube ich, Johannes Ullmaier, während die Schulde für Dichtung das experimentelle Dichten lehrt, etc.
Dann gabs eine Pause, mit Büchertisch, Wein und Gespräche, Ruth Aspöck war da, Wolfgang Helmhart und der Lehrer aus Retz, aber auch Nika Pfeifer und einige Studenten der Sprachkunst habe ich im Publikum gesehen. Dann kam „Traumawien“ und es ging mit einer literarischen Performance los, bzw. einer Vorstellung eines Verlags, den es im Netz gäbe und da nimmt sich die Gruppe Texte von Daniel Kehlmann beispielsweise, schickt sie durch einen Allgorithmus und macht einen neuen Text daraus, daran spannte sich eine Diskussion, die vor allem ich initierte, denn meines Wissen gelten die Urheberrechtsbestimmungen auch im Netz, obwohl die Autoren auf dem Podium meinte, daß sich die jungen User nicht darum kümmern würden.
Die Anwälte von Daniel Kehlmann würde ich vermuten, werden das wahrscheinlich tun. Helene Hegemann hat sich nicht darum gekümmert, ihr Verlag mußte es schon tun und den Leipziger Buchpreis hat sie dann auch nicht bekommen.
Eine interessante Diskussion und schade, daß Gerhard Ruiss, der da ja eine ganz andere Meinung hat, nicht mitdiskutierte.
Dann ging es weiter bis nach neun, aber ich habe die Veranstaltung mit dem Lehrer verlassen, um ins „Phil“ in die Gumpendorferstraße hinunterzugehen, denn da wurde wieder einmal der „FM4-Preis“ vergeben, eine Veranstaltung die ich ja, seit Cornelia Travnicek darüber bloggte mehr oder weniger verfolge.
2009, wo sie ihn zum zweiten Mal gewonnen hat, traute ich mich zu den vielen jungen Leuten ins „Phil“ nicht hinein, ließ mir aber von Jürgen Lagger, die „Wortlaut-Anthologie“ geben, dann war ich ein paar Mal nicht bei der Preisverleihung, voriges Jahr bin ich, glaube ich, auch vom Literaturhaus, wo Angelika Reitzer den „Stößl-Preis“ bekommen hat, ins „Phil“ gegangen und der „FM4-Preis“ ist sehr interessant, weil da sehr viele, meist sehr junge Autoren teilnehmen, diesmal gab es glaube ich an die achthundert Einsendungen, eine Vorjury wählt die besten zwanzig, die werden dann auf zehn reduziert und die kommen in die „Anthologie“, die ersten drei Preisträger bekommen ein bißchen Geld und dürfen ihre Texte lesen, der beste Text kommt in den Standard und, ich glaube, auch in den „Volltext“, Goodie-Taschen und Buchgutscheine gibt es auch.
So habe ich Anna Weidenholzer, Valerie Fritsch, Martin Fritz und noch viele andere kennengelernt, ein paar der Autoren trifft man dann später beim Bachmannpreis wieder.
Voriges Jahr war Katharina Tiwald bei den Gewinnern, heuer habe ich von den zwanzig niemanden gekannt und, ich glaube, es waren auch keine Profis bei den Preisträgern.
Das heißt, das weiß ich doch nicht so genau, denn der dritte Preisträger, Paul Klammbauer, 1986 in Linz geboren, unterichtet kreatives Schreiben in Hildesheim und er beschäftigte sich in seinem Text mit dem Literturbetriebszirkus“.
Sehr spannend und der FM4-Preis kam darin vor, das Thema war diesmal „Haarig“, das habe ich bei dem Text gar nicht sosehr mitbekommen, der zweite Preisträger Lukas Lengersdorff, 1990 in St. Pölten geboren, der jetzt Psychologie studiert und laut seiner Angabe seit seiner Matura zum ersten Mal einen Text fertig schrieb, beschäftigte sich da in „Samson“ mit einem Paul, der sich für seine Matura die langen Haare abschneiden mußte, weil ihn sonst sein Vater das Studium in Amerika nicht bezahlt hätte.
Nach diesen zwei Texten wurden die sieben anderen Preisträger vorgestellt und konnten sich ihre „Goodie-Taschen“ abholen und am Schluß kam der Sieger, wieder ein Mann, im letzten Jahr gab es, glaube ich, drei Siegerinnen, Christoph Strolz 1979 in Tirol geboren, der seine Familie bis zur Oma zur Preisverleihung mitbrachte und seinen Text „Meine Schwester“, wo sich plötzlich alles pelzig anfühlt und die Haare wachsen, sehr gekürzt hat.
Dann wurde noch die Anthologie präsentiert und eine Party mit Musik gab es auch und es war wieder sehr voll im Phil, Berührungsängste hatte ich diesmal nicht, aber auch keine Bekannten getroffen, mich aber mit einem der Vorjuroren sehr gut unterhalten, der mir ein bißchen etwas über die Texte und das Durchschnittsalter der Einreichenden erzählte.

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