Literaturgefluester

2021-02-05

Diskrete Zeugen

„Rowohlt“ betziehungsweise „Wunderlich“ hat die Kriminalromane der1893 geborenen Dorothy L. Sayers neu herausgegeben und so habe ich in Zeiten in denen der hundertste Geburtstag einer anderen berühmten Krimiautorin, nämlich Patricia Highsmith, gefeiert wurde, mich in den zweiten Band der Lord Peter Wimsey-Reihe eingelesen und dabei interessante Erfahrungen gemacht.

Ich mag, wie meine Leser wissen, ja gerne Krimis, obwohl ich wegen der Gewalt, die darin ja vorkommen muß, nicht so gerne welche schreibe oder mich um die Morde herumschummle. Von Dorothy Sayers habe ich noch nichts gelesen und das Erstaunliche an dem Buch ist wohl auch die diskrete Ironie mit der sich die Autorin über die damaligen Gesellschaft lustig macht.

Denn das Buch ist, wie ja schon der Reihentitel verrät, im Hochadel angesiedelt und für heutigen Krimileser wird der Stil auch erstaunlich einfach und unraffiniert erscheinen, was kein Wunder ist, sind inzwischen ja eine Unzahl Krimis entstanden. Hier erstaunt, daß die Spannung oft von Zeitungsberichten oder Dialogstellen, was heute wohl nicht mehr so gehen wird, ersetzt wird. Spannend ist es aber trotzdem, wenn es vielleicht auch als ein wenig langmatig empfunden werden kann und die Handlung ist eigentlich auch ganz banal, liest sich aber, füge ich wieder hinzu, durchaus spannend.

Was ist also geschehen? Da man das auch bei „Wikipedia“ nachlesen kann, darf ich also spoilern. Es beginnt banal, in einem gemieteten Landhaus wird ein Toter aufgefunden und der herzog von Denver, der als ein wenig dümmlich aber durchaus korrekt, wie englischen Adeligen eben sind, wird von seiner Schwester dabei ertappt, wie er sich über den Toten beugt, der ist ihr Verlobter und wieder interessant, die Geschichte beginnt schon früher, nämlich im Hotel Meurice, in Paris, glaube ich, denn da ist der Bruder des Herzogs, eben jener Lord Peter, der Held der Krimireihe, der schon einen Fall aufgeklärt hat, auf der Rücksreise von Korsika, wo er einen dreimonatlichen Urlaub verbrachte, abgestiegen, duscht oder badet gerade, als ihm sein Diener, die Zeitung vorliest und auch erklärt, daß er schon das Flugzeug für die schnellereRückkehr gebucht hat.

Die Geschichte spielt in den Neunzehnhundertzwanzigerjahren. Der erste Weltkrieg ist vorbei und erstaunlich ist das amicale Verhältnis zwischen Herr und Diener, der manchmal etwas schneller als Lord Peter ist und einen Kriminalinspektor mit dem der Lord aufklärt, gibt es auch.

Aber zurück zum Fall, Peters Bruder ist verhaftet worden und weigert sich auszusagen. Das heißt, er sagt aus, er hätte einen Brief bekommen, wo der Verlobte als Falschspieler entlarvt wurde, worauf er ihn, weil die Engländer ja viel moralischer als die Franzosen sind, mit denen der Verlobte aufgewachsen ist und auch in Paris lebte, zur Rede stellt.

Die Schwester Lady Mary, die zuerst „Du hast ihn umgebracht!“, ausgerufen hat, wird oder stellt sich krank um nicht aussagen zu müssen. Der zurückgekommene Peter oder sein Diener entdecken einen Koffer und Blutspuren an ihren Kleidern und auch Spuren, die auf einen Motorradfahrer hinweisen. Lord Peter wankt dann durch das Moor zu einem Bauern, der ihn sehr brutal anfaßt. Seine Frau scheint ihn mit seinen Bruder zu verwechseln und bittet ihn zu verschwinden und wir bekommen heraus, daß Lady Mary gar nicht so dümmlich ist, wie sie scheint. Sie war im Krieg sogar Krankenschwester und hat mit einem Kommunisten im Sowjetclub verkehrt und mit diesen stellt sich heraus, wollte sie abdampfen und der Herzog war, was ich ein wenig unglaubhaft finde, bei einem Tete at tete bei der Frau des Bauern und will ihre Ehre nicht preisgeben und der Verlobte, der eigentlich eine andere Geliebte hatte, aber kein Geld mehr, um sie weiter auszuhalten hat sich schließlich doch selbst umgebracht, was in den schon erwähnten Dialogpassagen der Gerichtsverhandlung ein wenig ungewöhnlich, aber doch sehr spannend aufgeklärt wird und so kann ich das Buch trotz der manchmal etwas unrealistischen Passagen, was wohl die diskrete Gesellschaftskritik sein soll, sehr empfehlen oder wenn ich nicht so eine lange Leseliste hätte, auch die zehn weiteren Bände lesen.

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