Literaturgefluester

2010-02-21

Willi auf Kur

Filed under: Uncategorized — jancak @ 22:09

Jetzt kommt ein Kunststück, denn wie bespricht man ein Buch, das genau achtzig Seiten hat, handgeschrieben, wie ein Schulschönschreibheft und von Zierleisten, Zeichnungen, Kreisen, Sonnen, Wellenlinien, umgeben ist?
Erraten, es geht um „Willi auf Kur“ von Rudolf Lasselsberger, erschienen 2007, in der Fröhlichen Wohnzimmer Edition. Die achtzig Seiten waren Auflage des Verlags und ob mir das Kunststück gelungen ist, wird mir vielleicht der Autor schreiben, liest er ja regelmäßig das Literaturgeflüster und ist bekannt für seine Kommentare.
Das Besprechen von Fröhlichen Wohnzimmer Büchern ist überhaupt nicht einfach, bei Peter Pessls „Der Brief mit der Aufschrift“, habe ich mich noch gedrückt. Aber ich habe mir am ersten Jänner vorgenommen, daß ich jedes gelesene Buch besprechen will und behauptet, daß ich das auch kann.
Nun denn, Willi ist brav und fährt auf Kur nach Bad Hall, nach dem er einen Unfall hatte, bezahlt an der Rezeption 385 Euro 89, bezieht sein Zimmer, kontrolliert den Blutdruck, freut sich auf das Mittagessen, besucht vielleicht am Nachmittag die Tassilo-Therme und nimmt bei der Moorpackung die Badehaube…
Der Egger Hans aus Bad Goisern und 73, erwischt ihn manchmal beim Sündigen in der Konditorei, wo es Apfelstrudel oder Brandteigkrapferl gibt und will nichts auf Cassette sprechen, weil er ein ganz normales Leben gehabt hat und es nichts zu Erzählen gibt.
In der Rezension von Helmuth Schönauer steht etwas von angesoffenen Kurärzten, die es in der klassischen österreichischen Literatur über Kurorte geben soll, aber nicht bei Rudolf Lasselsberger. Es kommt auch kein Kurschatten vor, wohl aber das Rauschen des Regens und Nachrichten über Israel, der Hisbollah und der Waffenlobby und natürlich die Speisepläne, die Mittag und die Abendessen tauchen regelmäßig im Kuralltag auf.
„Semmelknödel mit Champigonsauce, Salat vom Bufett, Reisauflauf mit Kompott.“
Dann kommt das Denken an den Postdienst und die Schwierigkeiten mit dem Vorgesetzten, die den Braven erwarten, wenn die Kur vorüber ist. Davor allerdings noch das ärztliche Abschlußgespräch und die Unzufriedenheit des Herrn Doktors, denn die Blutwerte sind an der Grenze, aber immerhin zwei Kilo abgenommen, denn wir wissen es schon, Rudolf Lasselsberger hat es öfter wiederholt, Willi ist brav.
Dann gibt es die zweite Ebene, da sitzt der Autor, ein paar Monate später im Cafe Eiles und bemüht sich akribisch seinen Seitenauftrag zu erfüllen und alles so schön, wie möglich hinzuschreiben.
„Und schön schreiben, hast ghört!? Und sonst gehts dir gut, ja? Na dann. Genau.“
Diesen Auftrag hält er manchmal nicht ein und so ist das Lesen ziemlich anstrengend, wechselt die Schrift doch von klein zu größer ziemlich oft hinüber und manchmal wird der Einser für die Schönschrift, vielleicht doch nicht ganz gewonnen und da Rudi Lasselberger ein bißchen ungewöhnlich abzuteilen pflegt, ist das Lesen ganz schön schwierig. Dafür verwöhnt er uns mit seinen Zeichnungen und hat, wohl um die Seiten aufzufüllen, seine Gasthausrechnungen und Kurprogramme eingedruckt und als Höhepunkt ein Autogramm von Hermann Nitsch.
Ein Bericht des Alltagslebens also. Ein bissi eßen, trinken, zunehmen, abnehmen, Trinkgeld geben, die Beziehungsproblematik kommt auch gelegentlich vor. Und dann die Lasselsbergersche Sprache, die irgendwie eine besondere ist, dankebitte, ein bissi, ach was…
Den Lasselbergerschen Aktionismus habe ich schon in meinen Lesungsbericht über die Männer in Schwierigkeiten, in der alten Schmiede am 2.2. beschrieben und den Rudi Lasselsberger kenne ich schon ziemlich lang.
1956 wurde er in NÖ geboren, lebt in St. Leonhard am Forst und in Wien, seit 1981 ist er in der GAV, 1987/88 war er Linzer Geschichtenschreiber, da hab ich ihn auch kennengelernt, denn 1987 wurde ich zur Schreibwerkstatt des Max von der Grün Preises eingeladen. Und in Linz war man mit dem Rudi damals nicht sehr zufrieden, hat er doch seine Stadtschreiber Geschichten, die er für die Oberösterreichischen Nachrichten oder so verfassen sollte, so kritisch ausgeführt, daß sie ihn, wenn ich jetzt nichts Falsches flüstere, wieder ausgeladen haben. Ist er ja ein Aktionist, schmeißt mit Mozartkugeln und Erdnüssen ins Publikum und schreibt Mails an den Falter, in denen er sein Buch und das Literaturgeflüster preist und etwas von einem Fortsetzungsband „Mein Jahr mit Willi“ verkündet.
Wo der erscheinen wird, ist vielleicht noch nicht so klar, denn die Fröhliche Wohnzimmer Edition, habe ich von Ruth Aspöck gehört, macht nur noch Anthologien. Vielleicht bietet sich der Ritter Verlag an. Ich kann es jedenfalls empfehlen, auch wenn ich mir beim Besprechen schwer getan habe. Aber jetzt bitte ein Lob, denn der Willi haben wir gehört, ist ja sehr brav und schreibt schön in Schulschrift, meistens jedenfalls….

2 Kommentare »

  1. alle achtung, frau kollegin, da bin ich jetzt biffbaff, so eine umfangreiche und schöne besprechung, selbstverständlidch in der wunderbaren jancakschen literaturflüsterweise, diesmal fast zu brav, wohl eine zusätzliche nette geste dem willi gegenüber, der im hintergrund schelmisch grinsend sich freut und da sind wir auf jeden fall schon wieder zwei. also, liebe eva jancak, herzlichen dank, gehört unbedingt zb dem orf und anderen sämtlichen radios mit literatur, angeboten, findest du nicht auch? oder machst du das eh mit deinen buchbesprechungen sowieso oder willst dus nur im geflüster veröffentlicht wissen,nein, das flüstern soll doch die ganze welt hören, oder irre ich mich da.
    servus derweil, rl

    Kommentar von rudolf lasselsberger — 2010-02-24 @ 02:46 | Antworten

  2. Du kannst es ja versuchen

    Kommentar von Eva Jancak — 2010-02-24 @ 15:10 | Antworten


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