Literaturgefluester

2015-09-30

Jörg Zemmlers Literaturperformance

Filed under: Veranstaltungen — jancak @ 21:10
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Der „Klever-Verlag“ hat eine neue Lyrik Reihe und darin hat Jörg Zemmler sein zweites Buch nach einigen Jahren veröffentlicht, den 1975 geborenen Musiker und Autor, den ich, glaube ich, seit 2009, beim Lyrikfestival im Rahmen der „Fried Tage im Literaturhaus“ kennenlernte, denn da gab es einen Lyrikautormaten und da habe ich mir von ihm und von Judith Nika Pfeiffer, die ich auch dort kennenlernte, etwas dichten lassen. Dann habe ich ihm glaube ich bei den „Wilden Worten“ und wahrscheinlich sonstwo noch gehört und heute stellte er seinen Gedichtband „papierflieger luft“ im Literaturhaus vor.

Die Jörg Zemmler Fans sind offenbar alle Raucher, so war der Veranstaltungssaal lange leer, bis dann die vorwiegend jungen Leute von draußen auftauchten, Fritz Widhalm war auch dabei und zuerst Barbara Zwiefelhofer und Ralph Klever einleitete.

Das Buch besteht aus kurzen Texten ohne Seitenzahl und Inhaltsverzeichnung, so daß man überall zu lesen anfangen kann, erklärte, glaube ich, der Verleger und auf der Bühne waren einige Instrumente aufgebaut, beziehunsweise eine große Schachtel, aus der Jörg Zemmler dann später Alltagsgegenstände, wie Topfdeckel, Plastiksackerln, Scheren, etc nahm, um daraus Musik zu machen, denn er wisse nicht, erklärte Ralph Klever noch, was und ob der Autor lesen würde, was er dann aber  tat.

Die unnummerierten Seiten aus dem Buch lagen auch auf den Sesseln auf, so daß ich mir ein paar aufklauben und zur Beispielgebung mitnehmen konnte.

Wirklich schöne Worte, Sätze, poetisch würde ich es nicht bezeichnen, so wie ja auch Gerald Bisinger, der mit „Ich sitze im Zug, fahre nach Prag, trinke Rotwein und denke an Karl August“, kein typischer Dichter war.

„o ihr sonettschreiber o ihr reimer“ steht so beispielsweise auf einer Seite und Jörg Zemmler hat dann noch erklärt, daß er keine Großschreibung mag, denn es soll sich niemand Großer vor das Kleine drängen.

„O Demokratisierung!, könnte man da reimen.

Aber ich habe  noch einen Zettel „als wären tricks   das maß  licht die vorstellung    der rahmen das bild   als seist du für immer verarscht“, irgendwie doch poetisch, den dritten Zettel finde ich jetzt nicht mehr. Ich habe mir aber einige dieser schönen Wendungen auch in mein rotes Notizheftchen geschrieben, was ich nachher dann nicht mehr lesen kann.

Aber das Buch war ja, wie Barbara Zwiefelhofer am Schluß erklärte, für wohlfeile 9.90 zu erwerben.

„Stimmt nicht rief der Verleger aus dem Off „19.90!“

„Auch wohlfeil!, lächelte Barbara Zwiefelhofer.

„Doppelt so teuer“, sagte ich, „gar nicht teuer“, widersprach sie, die Bibiane schenkte mir dann einen roten Gespritzen ein und ein paar Gespräche über Literatur und das Schreiben gab es, glaube ich, auch noch.

2015-09-29

Zwischen drinnen und draußen

So heißt das Programm des heurigen Neubauer Kulturherbstes, der mit seinen Veranstaltungen auch immer ins Literaturhaus geht, dann erscheint der Bezirksvorsteher und hält Eröffnungsworte.

Da gab es heute eine Buchpräsentation von Verena Mermers Debutroman „Die Stimme zwischen den Dächern“, ein Buch das ich gerne lesen würde und eigentlich dachte, daß ich das könnte, hat mir „Residenz“ ja immer seine Bücher geschickt, aber da hat sich jetzt  etwas geändert und ich muß auch nicht alles lesen, habe ich doch ohnehin schon einen hohen Bücherstapel in meinem Schlafzimmer.

Die 1984 geborene Autorin Verena Mermer habe ich im Februar kurz bevor ich nach Leipzig fuhr in der „Gesellschaft für Literatur“ kennengelernt und mit ihr heuer auch beim „Volksstimmefest“ gelesen und da sie ihr Buch heute im Literaturhaus vorstellte, dachte ich, ich gehe hin.

Dabei hätte ich fast übersehen, daß es noch ein zweites Buchdebut gab, nämlich das der 1983 in Klagenfurt geborenen Sandera Weihs „Das grenzenlose Und“, von dem ich, wenn ich mich nicht irre, schon in den Blogs gehört habe und das entpuppte sich in der Thematik  für mich fast als das interessantere, denn ich bin ja eine, die sich eher nach der Realistik als, nach den poetischen Worträuschen sehnt und da hat die Sozialarbeiterin Sandra Weihs, die in sozialpädagogischen Wohngemeinschaften arbeitet, einen Roman über eine achtzehnährige Borderlinerin geschrieben, die in einer solchen WG wohnt, sich schneidet, weil sie ihre Mutter damit treffen will, von einer WG Genossin gefunden und ins Spital gebracht wird, ein junger Gott in Weiß hält ihr eine Moralpredigt „Mädel was machst du da, ich will dich hier nie mehr sehen!“

Sie macht sich über ihn lustig, ist sie doch Privatpatientin des Chefs und geht zu ihm in Therapie und dort trifft sie einen Klienten,  verliebt sich in ihn und bringt sich dann nicht um, obwohl sie sich das ganze Buch lang danach sehnt.

Fast ein bißchen wie „Chucks“, das jetzt ja kürtlich  Filmpremiere hatte oder wie Clemens J. Setz „Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“, das ich demnächst zu lesen beginnen will, dann ist das Mermer-Buch, das im Jahr 2011 in Baku spielt, die dortige Revolution an Hand vierer Personen Nino, Ali und Che und Frieda schildert, fast ein wenig abgesunken und ich dachte, wenn würde ich lieber das Erstere lesen, aber das kann ich mir ja selber schreiben oder auch nicht.

Jdenfalls habe ich manchmal Klienten, die in sozialtherapeutischen Wohngemeinschaften leben und meine Tochter ist Behindertenbetreuerin in einer ähnlichen WG.

„Che und Frieda, schwant Ihnen etwas?“, hat Stefan Gmünder in seiner Einleitung gefragt.

Das ist doch die mit den Bildern in Mexiko und dem Unfall oder der Arzt mit dem berühmten Tuch,der die Welt retten wollte und dessen Poster in jeden Jugendzimmer hängt. Vielleicht auch in dem der WG, der achtzehnjährigen Marie mit der großen Schnauze, kann sein, denn die schneidet sich ja manchmal zwischen Büchern und Verena Vermer hat deshalb solche Personen gewählt, weil sie keine wirklichen in Gefahr bringen wollte, in Baku herrscht ja die Nachfolgeorganisation des KGBs.

Also eigentlich auch sehr interessant und vielleicht finde ich das Buch auch einmal, das eine oder das andere und von Christa Wolf.

„Kein Ort nirgends“ hat Stefan Gmünder in seiner Einleitung auch angesprochen und die beiden Jungautorinnen gefragt, was sie gerne lesen?

Sandra Weihs nannte Christa Wolfs Roman als ihr Lieblingsbuch, Verena Mermer hat Germanistik studiert und sich da durch den Kanon gelesen und nachher gab es wieder Wein und die Pistazien, die vielleicht von der vergangenen Woche übergeblieben sind.

Ich hörte den „Residenz-Größen“ und Robert Huez ein wenig beim Small Talk zu,, lese immer noch Irmgard Fuchs, die ich  auch für sehr sozialkritisch halte und demnächst Clemens J. Setz und habe einige Bücherblogger verärgert, weil ich so viel verlinke, denn wer interessiert sich schon für meine Literaturberichte und Buchbesprechungen?

Einige vielleicht schon, jedenfalls habe ich heute wieder eine verstärkte Aufrufzahl, mehr als die üblichen hundertzwanhzig, über zweihundertfünfzig und das „Literaturgeflüster-Texte-Buch“ wurde auch vierzehnmal angeschaut, was mich eigentlich freuen sollte.

2015-09-28

Zweifache Eskapaden

Eigentlich sollten heute in den „Textvorstellungen“ der „Alten Schmiede“ zwei Autoren und eine Autorin, moderiert von Angelika Reitzer, zum Thema „Eskapaden/Eskapismus“ lesen, aber Ulrike Kotzina, die ihr Buch „Verschwunden“ vorstellen sollte, war erkrank. So blieben die Autoren mit zwei sehr unterschiedlichen Textsorten über.

Hat doch der Englischlehrer Kurt Leutgeb, der vielleicht auch Latein unterrichtet und schon acht Bücher, ich glaube, im „Sisyphos-Verlag“ herausgebracht, sich in seinem „Humana fraus“ auf Titus Livius bezogen und eines seiner Bücher übersetzt und dann die dort enthaltene Geschichte, wenn ich es richtig verstanden habe, auf zwei Arten weitererzählt.

Das war ein wenig kompliziert der  Entstehungsgeschichte zu folgen, obwohl der 1970 in Steyr geborene Autor, sehr viel zu seiner Erzählung erklärt hat, aber ich bin  nicht so besonders bewandert bei den alten Römern.

Jedenfalls geht es um eine Seuche im Jahre 331 vor Christus, die vielleicht nicht von den Göttern, sondern von giftmischenden Frauen verursacht wurde und eine Sklavin hat das Geschehen aufgedeckt.

Das mit den zwei verschiedenen Erzählsträngen, hat sich mir, wie erwähnt nicht so ganz erschlossen, dafür wurde es bei der zweiten Flucht  realistischer.

Erzählte der 1975 in Tirol geborene  Stefan Soder, doch vom Tod, beziehungsweise dem Sterben in einem Luxussanatorium bei Champagner und Kaviar und das sind Themen, die mir vertrauter erscheinen, beziehungsweise ich mich auch schon damit beschäftigt habe und ich glaube auch Hans Pleschiski in seinem 2008 erschienenen Roman „Ludwigshöhe“

Jedenfalls geht es in Stefan Soders Debutroman „Club“ um zwei Handlungsstränge.

Ein offenbar lebensmüder Banker und sonst wahrscheinlich, wenn ich Angelika Reitzers Andeutungen richtig verstanden habe, ein eher fieser Kerl, kommt nach Zürich, schmeißt dort mit Geldscheinen um sich, bevor er sich in diesen „Club“ begibt und dorthin will auch ein Aufdeckungsjournalist, wahrscheinlich, um die Sache aufzuklären und der hat ein Suchtproblem und im Gefängnis ist er glaube ich vorher auch gewesen.

Stefan Soder antwortete auf Angelika Reitzers Frage, wieso es zu diesem Roman gekommen ist, daß er eine Zeitlang in Zürich wohnte und da gibt es ja ein paar Sterbehilfeinstiutionen, über die habe ich in meinen Texten auch ein bißchen recherchiert und die befanden sich in seiner Nähe und so konnte er beobachten, daß auch gesunde Personen dorthin gezogen sind und da dachte er, wenn schon Freitod dann ein luxiöser.

Ich denke, daß diese Organisationen schon bestimmte Kriterien haben, wer ihre Hilfe in Anspruch nehmen darf, aber sicher ein spannendes Thema darüber zu schreiben und eines, was mich, glaube ich, auch mehr als der alte Livius interessiert, aber der Lese- und Schreibgeschmack ist unterschiedlich und so habe ich heute wieder zwei interessante Autoren kennengelernt, die mir bisher entgangen sind.

Ansonsten kann ich von meinem Buchpreisbloggerprojekt, das ein bißchen in die Krise gekommen sein dürfte, berichten, daß daß ich den Setz bekommen habe, noch lese ich ja die Irmgard Fuchs, aber vielleicht habe ich am Donnerstag, wenn Angelika Reitzer den Roman in der „Alten Schmiede“ vorstellt, schon damit begonnen und so habe ich sie auch gefragt, ob sie das Buch ganz gelesen hat, wie lange sie dazu brauchte und ob es schwer zu lesen sei?

„Selbstverständlich!“, hat sie mir geantwortet und nicht genau gewußt, wie lange sie dafür brauchte, ich würde mal zehn bis vierzehn Tage für mich schätzen und sie hat mich auch beruhigt, daß es sich gut lesen läßt.

Nun denn ich bin gespannt, werde in die Lesung gehen, schon um mich ein bißchen auf den Tonfall einzustimmen, werde weiter buchpreisbloggen und finde es nur ein bißchen schade, daß ich die sogenannten offiziellen Bücherblogger mit meinen Kommentaren zu nerven scheine, so daß sie aufhören sie zu veröffentlichen, was ich nicht so ganz verstehe, denn eigentlich ist es ja nicht so falsch, was ich da schreibe oder sollte ich damit im Irrtum sein?

2015-09-27

Wie ihr wollt

Nun kommt das vierzehnte LL-Buch und das dritte das es auf die Shortlist geschafft hat, nämlich Inger-Maria Mahlkes historische Annäherung „Was ihr wollt“ aus dem Leben, der Mary Grey, eine Cousine von Elisabeth der I, die von ihr, wegen unerlaubter Heirat und vielleicht auch anderer Aufmüpfigkeit in Hausarrest gehalten wurde, bis sie dreiunddreißigjährig, 1578 an der Pest starb.

Nun mag ich eigentlich keine historischen Romane, zumindest keine, die vor dem ersten Weltkrieg spielen, bis dahin interessiert es mich sehr, die Gawalttaten der Tudors, Stuarts, etc,  aber nicht und ich hätte solche Romane, Julia Kröhn schreibt regelmäßig welche, eigentlich auch nicht für besonders literarisch gehalten, bei der 1977 in Hamburg geborenen Juristin, Inger Maria Mahlke, die in Berlin lebt, ist das aber anders, denn die, habe ich, 2012, glaube ich, in Zuge des Bachmannpreislesens kennengelernt und da hat sie einen Text gelesen, der mich sehr interessierte, handelte er doch von einer Hartz IV Empfängerin und der  2014 erschienene Roman „Rechnung offen“, am Cover ist eine Gegensprechanlage zu sehen, hätte mich auch sehr interessiert.

So war ich eigentlich sehr zufrieden, als ich den Namen Inger-Maria Mahlke auf der Longlist sah, das Buch wurde mir dann auch, als ich von meiner Sommerfrische wieder nach Wien zurückgekommen bin, auch angeboten, es war dann ein bißchen schwierig, es zu bekommen, so habe ich vorher noch, den mir später avisierten Zaimoglu geslesen, aber da wußte ich schon, daß ist ein Roman, der in Shakespeares Zeiten spielt, der Titel scheint auch darauf anzuspielen und diese Mary Grey ist auch noch eine kleinwüchsige Frau, böse Zungen würden Zwergin schreiben und mit einem solchen Buch, ist glaube ich im Vorjahr Thomas Hettche auf die Shortlist gekommen.

Nun habe ich das Buch gelesen und es war, wie auch Jochen Kienbaum von „LustaufLesen“ einer der Bücherblogger schreibt, ein angenehmes Lesen, eine schöne Sprache und Inger-Maria Mahlke, die gründlich recherchiert hat und am Schluß des Buches einen genauen Anhang gibt, schreibt auch „Lieber Leser, ich bin keine Historikerin und dies ist auch kein historischer Roman, sondern eine literarische Aneignung eines historisches Stoffes“

Nun denn, die prekären Verhältnisse von Berlin oder sonstwo wären mir zwar lieber. Aber prekär genug geht es in dem leisen stillen Buch eigentlich ohnehin zu, werden doch da in moderner Sprache, die Kämpfe einer Frau gegen Gewalt und Unterdrückung und ihr Auflehnen dagegen geschildert und ich bin sicher, die wahre Mary Grey, es gibt im Anhang auch ein Portrait von ihr, 1571 gemalt, hat wahrscheinlich anders gesprochen und gedacht und sie ist mit ihrer Magd, Kammerzofe, Dienerin, etcetera, Ellen, wahrscheinlich auch anders umgegangen.

Aber diese Ellen, schreibt Inger-Maria Mahlke im Anhang weiter, hat es nie gegeben. Se ist eine Erfindung und so wird die kleinwüchsige Mary Grey, die von ihrer berühmten Cousine gegangengehalten wird, von ihr auch bespitzelt und tyranisiert. Manchmal sperrt sie sie auch ein und manchmal muß Mary den Schlüßel für die Kassette in der sie ihre Schriften aufbewahrt, sie schreibt nämlich alles auf, vor ihr im Mund verstecken.

Mary Grey wohnt mit ihrer Dinerin im ersten Stock des Hauses eines Lord Gresham und da sie rangmäßig über ihn steht, müßener und seine Frau sich auch erheben, wenn sie hinunter zum Diner geht, deshalb will er sie auch gerne loswerden, was ihm,  wie Inger-Maria Mahle weiter im Anhang erklärt, 1572 auch gelingt, da wird sie aus dem Hausarrest entlassen und wird, bis sie in jungen Jahren stirbt, sogar Ehrenmädchen, ich nehme an, eine Hofdame ist damit gemeint, bei der Queen Elisabeth.

Bis dahin wehrt sie sich, in dem sie ihre Geschichte, die Verehlichung ihrer Schwester Janet, dann gab es noch eine Katharina, so intensiv aufschreibt, daß sie offensichtlich eine Sehnenscheidenentzündung davon bekommt und Ellen muß ihr die Arme einreiben und bandagieren, sie verläßt auch heimlich das Haus und schreibt Briefe an einen Robert.

Der Roman ist in zwei Stränge gegliedert, in dem einem streitet sich Mary mit Ellen herum, könnte man salopp formulieren, im anderen wird sehr kunstvoll, das was bisher geschah, die Gewalttaten, die Familiengeschichte, die Glaubenskriege, die ganze Historie, die mich nicht so interessiert, beschrieben.

Die Kritik ist, glaube ich, begeistert, der Verlag hat mir auch ein Mail geschrieben, als das Buch auf die Shortlist kam und ich könte mir auch vorstellen, daß es gute Chancen hat, denn eine literarische Aufarbeitung eines historischen Stoffes einer Bachmannpreisträgerin, werden die Schwiegermütter und Gattinnen gerne zu Weihnachten lesen, so wünsche ich dem „Berlin Verlag“ und Inger-Maria Mahlke für das Finale alles Gute und mir für das nächste Buch ein zeitgemäßeres Thema, der Holocaust, die Achtziger und Neunzigerjahre, die prekären Verhältnisse der Jahrtausendwende, aber auch das Leben in Berlin, Graz, Baden bei Wien mit seinen überforderten Hausfrauen, Stalkern, Borderlinen, Drogensüchtigen, Abhängigen, etcetera, wäre sicher interessant, aber wenn mich nicht alles täuscht, kommt das ohnehin  demnächst auf mich zu.

2015-09-26

Erneuter Bucheinkauf

Die Frankfurter Buchmesse und damit die dBp-Verleihung kommt langsam heran, am 12. Oktober wird der in Frankfurt im „Römer“ vergeben und ich nähere mich auch allmählich meinem EndLLlesen an.

Das heißt in der Mitte oder schon vor der Shortlistverkündung bin ich ein wenig schlapp geworden, habe auf meinen Blog und in meinen Kommentaren, die ich den Buchpreisbloggern schickte, verkündet, nach dem Zaimoglu hör ich auf, dann ist aber das Buch der Inger-Maria Mahlke gekommen, der Otto hat mich angerufen, er hat alle Bücher, ich könne sie haben, zu einem Übergabetermin sind wir aber nicht gekommen.

„Suhrkamp“ hat mir angekündet, sie schicken mir den dicken Setz ebenfalls noch, wenn ich ihn in vier bis sechs Wochen lese, das müßte eigentlich zu schaffen sein, obwohl beim Zaimoglu habe ich zehn Tage gebraucht, bilde mir aber ein, daß sich der Setz leichter lesen läßt, vielleicht aber auch nicht, denn da gibt es ja eine betreute Lesegruppe, aber deren Sinn und Zweck habe ich  noch nicht so ganz verstanden.

Da haben sich vierzig Experten, darunter Ronja von Rönne, Klaus Kastberger und ein paar der priveligierten Buchpreisblogger gemeldet, die zu dem Buch Artikel schreiben, die wenn ich das recht verstanden habe, um alles gehen können, sehr hilfreich schien mir die Betreuung beim Lesen also nicht zu sein, aber ich habe mit dem Buch, das übrigens am Donnerstag in der „Alten Schmiede“ vorgestellt werden wird, nicht zu lesen begonnen.

Der Setz wäre dann LLBuch fünfzehn und so würde mir nicht einmal mehr eine Shortlistlänge fehlen, obwohl ich mir ausgerechnet habe, daß ich mit dem Setz gerade fertig werde, wenn er rechtzeitig kommt, wenn in Frankfurt die Hüllen fallen und dann lese ich noch den ganzen Oktober am Witzel und am Peltzer und nach dem Zaimoglu rufe ich den Otto an, habe ich zuerst gedacht, da habe ich zwar noch die Mahlke, an der ich gerade lese vor mir und die beiden Debuts von „Kremayr und Scheriau“, nach dem mich „Redsidenz“  von seiner rezensionsliste gestrichen haben dürfte.

Macht ja nichts, ich habe genug Bücher und die Verena Mermer stellt ihres, das ich ja gerne hätte, am Dienstag im Literaturhaus vor.

Nach den Debuts den Setz, wo ich zehn bis vierzehn Tage schätzen würde und dann den Otto anrufen oder in die Buchhandlungen lesen gehen, aber dahin könnte ich ja auch mit dem Alfred, habe ich gestern und heute gedacht, in St. Pölten zu „Schubert“ und zum „Thalia“, denn von meinen fünf Weihnachts- und Geburtstagsbüchern, haben wir vor einem Monat ja nur zwei beim „Thalia“ gefunden.

Den Trojanow und die Alina Bronsky und habe ich dann ein paar Tage später erfahren, hätte mir der Verlag mit dem Zaimoglu geschickt und habe ich inzwischen auch bei Mara Gieses Herbstgewinnspiel gewonnen, jetzt kann sie es an einen anderen vergeben oder ich lege es, wenn es kommt, in den Schrank.

Aber am Wochenende sind wir nach der Sommerfrische zum ersten Mal wieder in Harland, vorher war ja Volksstimmefest, der „Theodor Kramer Preis“ in Niederhollabrunn und der Alfred ist mit dem Karl auch für eine Woche nach Italien und Istrien gefahren, während ich gelesen und gelesen habe und vorigen Samstiag im Writersstudio war.

Also heute nach dem Markt und dem Würstelessen zum „Schubert“, zehn Minuten bevor sie sperren geschaut, kein Tisch mit dBp Büchern, aber eine freundliche Buchhändlerin hat mich nach meinen Wünschen gefragt, ihren Computer aufgemacht und nach den fehlenden fünf Stück geschaut.

Leider nichts, den dicken Setz hätte ich haben können, den Trojanow und die Jenny Erpenbeck aber nicht den Vladimir Vertlib, den Witzel, die ich ja gerne lesen würde und die anderen drei.

Also doch noch einmal zum „Thalia“, obwohl wir da vor vier Wochen nichts gefunden haben oder das, was da war und noch nicht versprochen , kauften.

Da gab es dann eine Überraschung, zwar nicht mit Lasche und am Büchertisch, aber auf der Seite lag, glaube ich, der Hellinger, der in den Blogs ja so gelobt wird und den die Buchpreisblogger  auf ihrer Shortlist haben wollten und dann habe ich auch noch den Lappert, mein viertes Shortlist-Buch gefunden. Jetzt fehlen außer dem Setz noch drei und zwei davon würde ich gerne lesen, den Vertlib würde ich wohl in einer Buchhandlung schaffen, beim „Kuppitsch“ liegt ja alles auf, habe ich gesehen, den Witzel bringt mir vielleicht jemand zu meinem literarischen Geburtstagsfest, das am sechsten November, nächste Woche schicke ich die Einladungen aus, sein wird, der Peltzer ist laut den Bücherlblogger ja unlesbar, also muß ich es nicht unbedingt versuchen und den lieben Otto mit den gesammelten Büchern gibt es ja auch noch.

Bis Ende Oktober werde ich also so weit und durch sein und kann nur wiederholen, das Longlistenlesen macht wirklich Spaß obwohl es, ähnlich wie das „Nanowrimoschreiben“ seine Up an Downs hat.

Wie oft habe ich schon geschrieben, ich höre damit auf? Wie es wirklich wird, wird man sehen und den offiziellen Büchernbloggern geht es, glaube ich ebenso.

So hat sich Birgit Böllinger, seit sie „Aberland“ besprochen hat, nicht mehr mit LL oder SL Büchern gemeldet, Buzzaldrin ist ja nach Hamburg zu einem Volotariat gegangen und schickt mir die zehn oder neun gewonnenen Bücher, wo Ruth Cerha, Meg Wollitzer, Matthias Nawrat und Harper Lee, dabei sind, sobald sie wieder in Göttingen ist und Jochen Kienbaum von „Lust auf Lesen“, der ja Monique Schwitters, die jetzt auch für den Schweizer Literaturpreis nominiert ist, glaube ich, kitschig gefunden hat, ist mit ihrem Buch, dem Setz und der Mahlke auf Leseurlaub gegangen und hat geschrieben, die beiden Bücher haben ihn überrascht.

Also hätten sie vor ihren Shortlist-Empfehlungen vielleicht doch alle Bücher lesen sollen und das habe ich jetzt auch gelernt, das man das tun muß, bevor man klare Aussagen treffen kann.

Vorher habe ich mich bei meinen Schätzungen ja auch auf die berühmten Namen bezogen, beziehungsweise spekuliert, was die Jury denken könnte?

Aber ob die wirklich, den Setz nicht auf die Shortlist setzte, weil er zu lang ist und den Peltzer schon, weil ein literarisches Schwergewicht? Wer weiß das wirklich, ob das stimmt?

Meine Shortlist rundet sich dagegen langsam ab und die besteht aus meinem literarischen Geschmack, da sind Bücher wie der Richter, der mir eigentlich auch gefallen hat, dann nicht dabei, weil vielleicht doch nicht so literarisch und die Alina Bronsky schon, weil ich ja  das leicht lesbare Verständliche will, dann die Monique Schwitters, meine Überraschung, der Key Weyandt, die Jenny Erpenbeck, der Feridun Zaimoglu und ob ich den Setz darauf setrzte, wird sich wahrscheinlich in zwei drei Wochen zeigen und, wie geschrieben, den Vertlib und den Witzel würde ich  gerne lesen, mal sehen, ob diese Bücher auch noch zu mir kommen werden.

Siebentürmeviertel

Filed under: Bücher,Buchpreisbloggen — jancak @ 00:37
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„Sie nennen mich Hitlers Sohn. Flüchtiger Arier. Kind mit Kraft. Sie nennen mich Windhundwelpe des Führers. Sie rufen mich den Gelben, die kleine Sonne, Zauberperle, lachendes glückliches Äffchen.“

So beginnt Feridun Zamoglus neuer auf die LL gekommener Roman „Siebentürmeviertel“, der in fast achthundert Seiten, in sehr bildreichen, kraftvollen und wahrscheinlich auch künstlichen Worten, das Leben des kleinen Wolf, in einem Istanbuler Armenviertel erzählt.

Wolf ist sechs und mit fünf ist er mit seinem Vater Franz, einem sozialdemokratischen Lehrer, der sich in der Schule über Hitler lustig machte, nach Istanbul, in das Siebentürmeviertel zu Abdullah, einem Freund des Vaters gekommen.

Aber in Istanbul herrschen strenge Sitten, so muß der Vater bald den Sohn und das Haus des Freundes verlassen, weil Gerüchte aufkommen, daß er dessen Tochter Derya zu Nahe kommt. So bleibt der kleine Wolf alleine in der Gastfamilie, nennt Abdullah bald Vater und balgt oder kämpft mit seinen Freunden auf der Straße, so daß Narben zurückbleiben und er  auch der Narbengesichtige genannt wird. Das Viertel ist voll von Ausländern, Griechen Tschetschenen, Armenier, Juden und  alle kämpfen gegeneinander.

Die Mutter nimmt den Kleinen zu ihren Freundinnen mit, der Vater ins Kaffeehaus, wo Schnaps getrunken wird und so hört und sieht er viel und die kinderlosen Damen des Viertels begeheren auch den Urin des kleinen Bruders, weil sie glauben, daß sie dadurch fruchtbarer werden.

Das Buch ist in zwei Teilen gegliedert, der erste  heißt „Istanbul 1939“ dürfte aber über über einige Jahre spielen, denn Wolf wird eingeschult und macht auch seine ersten Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht.

Die Haare werden abgeschnitten, in den Vierzigerjahren mußte man wohl in der Schule glatzköpfig sein, am ersten Tag schlägt die schöne Lehrerin, die sich später erhängen wird, die Schüler mit einem Stock, das läßt Bayka Hanim, die Ziehmutter nicht zu, gemeinsam mit Wolf und Derya sucht sie Lehrerin auf und stellt sie zur Rede, die sich dann auch  ändert. Batur, der Sohn ist gestorben, so nimmt Wolf nach und nach seine Stelle an.

Im Zweiten „Istanbul 1949“ ist er Schüler des St. Georgs College, der berühmten österreichischen Schule, die in einem anderen Viertel liegt, wohnt bei einer Tante Rena, die er dann später nicht mehr so nennt, als er sie besteigt und sie ihm in die Liebe einführt, aber die hat er schon in einigen Freudenhäusern erfahren, hat eine Mitschülerin zum „Kußmädchen“ gemacht und seine ehemaligen Spielkameraden werden nach und nach ermordet.

Das sind die Gerüchte, die nächtens durch das Viertel gehen, aber auch die Fehden zwischen den Volksstämmen, Abdullah Bey wird für den selbsternannten Rächer gehalten, den alle fürchten oder verfluchen, während die Tochter Derya, die sich als Lehrerin ausbilden ließ, zur Kommunistin wurde und mit den Bolschwisten bakeln soll.

In der Nacht geschehen die Gewalttaten und die Liebesdienste, während Wolf am Tag brav mit der Schülermütze im Gymnasium sitzt, von der Geschichtslehrerin Frau Schenay unterrichtet wird, der Direktor Liebig wird „Führer“ genannt und eine schöne Griechin ist in den Deutschlehrer Dr. Bernhard verliebt und schickt den Schüler Wolf, den kleinen Arier mit Liebesbriefen zu ihm, er sitzt auch neben seinem Erzfeind, dem Tschetschenen Kurbilay, dessen Vater, die Freunde ermordet haben, während Abdullah Bey wieder für den Tod des Erstgeborenen Kaytun verantwortlich sein soll.

Den Irren am Fenster gibt es auch,  die Herrin des kahlen Baumes und eine paar Katzen mordende Frauen, die in eine Irrenanstalt eingewiesen wurden.

Im Siebentürmeviertel ist man bitter arm, so muß sich Wolf noch als Kind beim einäugigen Krämer verdingen, später arbeitet er als Dolmetscher für den reichen Seyfettin Bey, der seine Frau im Bett mit einem anderen erwischt, aber trotzdem nicht zu der üblichen Blutrache schreitet.

Am Schluß will Vater Franz seinen Sohn nach Deutschland zurücknehmen, der weigert sich aber und bleibt bei seiner Ziehfamilie im Siebentürmeviertel und über den Roman des 1964 in Anatolien geborenen Ferdiun Zaimoglu, der seit fünfundvierzig Jahren in Deutschland lebt, den ich über den Bachmannpreis kennengelernt habe und in Leipzig dabei war, als er den „Preis der Literaturhäuser“ bekam, habe ich in Blogs gelesen, daß hier die umgekehrte Migration beschrieben wird und das Leben im Siebentürmeviertel mit dem Aufwachsen der kleinen Türkenbuben in Neuköln etcetera zu vergleichen ist.

Das mag vielleicht, was die Gewalt betrifft stimmen, dennoch habe ich es als ein sehr „orientalisches Buch“, schon der Sprache wegen erlebt, die wie ich gelesen habe, sehr künstlich sein soll.

Das kann ich nicht so beurteilen, ist es doch der erste Zaimoglu, den ich gelesen habe und ich habe auch lang gebraucht, bis ich in das Buch, das in neununneunzig Kapitel geteilt ist, die alle die neunundneunzig Namen Gottes  tragen, hineingekommen bin, das ich als ein sehr gewalttätig poetisches bezeichnen würde und das auf meine Shortlist kommt, auf der, soweit ich das schon beurteilen kann, inzwischen Jenny Erpenbeck, Key Weyand, Monique Schwitters und Alina Bronsky, also auch eine ziemliche Bandbreite stehen und, daß es nicht auf die wirkliche echte gekommen ist, finde ich sehr schade.

2015-09-25

Der Fuchs und Dr. Schimamura

Zwei Stunden Zeit zwischen der Fachtagung „Gewalt macht krank“ und der Supervisions-Refexion und da bin ich in die Buchhandlung „Kuppitsch“ gegangen, fehlten mir ja noch sieben Bücher für mein Longlistenlesen beziehungsweise Buchpreisbloggen und da gab es eine große Überraschung, im ersten Stock, wo es auch einen wunderbaren Ohrenlesesessel gibt, einen Tisch mit den zwanzig Longlistenbücher und einem Plakat mit den sechs Shortlistentitel daneben und da fiel mein Blick, weil ich in zwei Stunden ja wahrscheinlich weder für den Ulrich Peltzer, noch den Clemens J. Setz oder den Frank Witzel lesen kann, auf Christine Wunnickes kleines Büchlein „Der Fuchs und Dr. Schimamura“, erschienen im wahrscheinlich auch nicht sehr große „Berenberg-Verlag“ und das interessierte mich sehr, obwohl im Netz bisher noch nicht viel darüber zu hören war.

Die Buchpreisblogger haben es, glaube ich, noch nicht gelesen, nur auf der Facebookseite des dBp gab es ein Interwiew und dem konnte ich entnehmen, daß die 1966 in München geborene Autorin eine ist, die gern die Wirklichkeit mit der Fiction verbindet und das, wie sie dort sagte, so gut macht, daß sie nachher selber oft nicht mehr weiß, was jetzt Sache ist.

Es geht jedenfalls um den in den Neunzehnzwanzigerjahren verstorbenen japanischen Psychiater Dr. Schimamura, den es wirklich gegeben hat und das kleine Büchlein, mit einem sehr japanisch wirkenden Cover, es hat, glaube ich, hundertvierzig Seiten, schildert in sechzehn Kapiteln, das Leben dieses Psychiaters und das springt von 1922 bis in in das Ende des Neunzehntenjahrhunderts zurück, wo er in Tokyo seine Studien abschloß und dann von seinem Lehrer mit einem Studenten nach Schimane geschickt wird, um die Fuchsbesessenheit zu studieren.

1922 ist er emeritiert, leidet an Schwindsucht und wird von vier Frauen betreut, der eigenen, der Mutter,  der Schwiegermutter und einer Magd, die er sich von Kyoto, wo er Professor war, mitgebracht hat und die er abwechselnd Louise oder Anna nennt, denn er spricht Deutsch und als ihm der Student, der ein leidenschaftlicher Fotograf ist, bei der Fuchsexpedition, wo er die Besessenheit einem Mädchen namens Kiyo austreiben soll, abhanden kommt, flieht er nach Europa, kommt über Alexandria nach Paris, wo er zuerst Schwierigkeiten hat, die Nervenabteilung zu finden, denn er spricht nur Deutsch und das wird nicht verstanden.

Später kommt er zu Charcot in die Salpetriere, wo der ja seine Studien zur Hysterie betreibt, es gibt da eine sehr makabre Szene, wo er im scheinbar hypnotisierten Zustand, eine Patientin hypnotisiert, die dann Japanisch spricht, er kommt auch nach Wien zu Dr. Freud und Dr. Breuer, nach Berlin kommt er auch, dann wird er in Kyoto Professor und in den letzten Tagen seines Lebens, er hat eine Scherenschnittsammlung und eine Spielzeugsamlung und seine Mutter beschäftigt sich damit seine Memoiren zu schreiben, kommt noch der Student und  Kiyo, die er geheiratet hat und  wegen der er damals geflohen ist und alles klärt sich auf.

Auch eine recht poetische Geschichte mit einem Thema, das mich ja schon beruflich sehr interessiert und die Buchhandlung „Kuppitsch“ ist ja auch nicht soweit von der Berggasse 19 entfernt, obwohl Josef Breuer offenbar in der Brandtstätte gewohnt hat, aber vielleicht ist  das eine Fiction Christine Wunnickes.

Das Buch ist nicht auf die Shortlist gekommen, also bräuchte man sich vielleicht nicht mehr mit ihm beschäftigen.

Ich empfehle trotzdem es zu tun, denn es ist leicht und schnell zu lesen und einen sehr poetischen Eindruck über einen japanischen Psychiater, der sich mit der Hysterie und der Besessenheit zu Beginn des vorigen Jahrhunderts beschäftigt hat, gibt es auch.

2015-09-24

Poetische Reiseberichte

Die 1976 in Mödling geborene Isabella Feimer hat 2012 beim Bachmannpreis gelesen, 2013 ist dann bei „Septime“ ihr Roman der „Afghanische Koch“ erschienen, mit dem sie für den „Alpha“ nominiert wurde, dann gab es noch ein „Septime Buch“ „Zeit etwas  Sonderbares“ mit dem sie heuer nominiert wurde, das irgendwie an mir vorbeigegangen ist und heute die Präsentation ihres gemeinsam mit dem Fotografen  Manfred Poor entstandenen in der „Liederatur Edition NÖ“ herausgegebenen Band „In Erwartung einer Fremde“ im Literaturhaus, mit dem sie durch Chile und Argentinien gereist ist und zu seinen Fotografien sehr poetische Texte geschrieben hat.

Valerie Fritsch war ja 2013 mit einem  ebenfalls bei „Septime“ erschienenen Bildband auch beim „Alpha“ nominiert und ist es heuer mit ihrem Longlistbuch wieder und beide Bände sind sehr poetische Resetexte und die Präsentation des „außergewöhnlichen (Geimer) Buches“ wie in der Einladung stand, war wirklich etwas Besonderes.

Nämlich musikalisch von Maria Gstättner und Stefan Hackel umrahmt, die teilweise freie Improvisationen gaben, dann gab es eine Diashow der  Fotos des in Wolfberg geborenen Manfred Poors und Isabella Feimer hat ihre Texte  gelesen, die so gar keine Reisebeschreibungen sondern eher lyrische Momentaufnahmen waren und die trotzdem sehr spannende Eindrücke von Argentinien und Chile wiedergaben.

Mit Buenos Aires hat es begonnen, dann ging es über nach Patagonien, im Buch gibt es Zitate von Roberto Bolano und anderen, schöne Meeresaufnahmen und die der Graffitis, die dort wohl zu finden sind, das Konterfei von Che Guewara, des dortigen Volkshelden, natürlich und immer wieder sehr schöne Sätze und Momentaufnahmen, die vom Standgut zum Teibgut eilen, vom ich und du erzählen und wieder zurück nach Bueno Airos führten.

Nachher gab es Brot und Pistazien, die Bücher anzuschauen und durchzublättern und schöne Gespräche.

Isabella Feimer, habe ich auf diese Art und Weise gehört, verfügt über eine sehr schöne Homepage und wird am 21. Oktober ihr neues bei „Braumüller“ erschienes Buch „Trophäen“ auf der Freyung vorstellen.

Ob das wohl einmal zu mir kommen wird ich bin gespannt, so wie ich auch  sehr neugierig bin, wie es ihr mit ihrer neuerlichen „Alpha-Nominierung“ geht und was ich noch von der Autorin, die auch für das Theater schreibt oder inzeniert, hören werde

2015-09-23

Koliken in der alten Schmiede

Die „Alte Schmiede“ hat ja eine „Zeitschriftengalerie“und auch eine Reihe, wo Lena Brandauer, Paul Dvorak und Daniel Terkl, die österreichische Literaturzeitschriftenlandschaft präsentieren.

Da war ich schon bei einigen Veranstaltungen und die Zeitschrift „Kolik“, 1997 von Gustav Ernst und Karin Fleischanderl gegründet, beziehungsweise aus der Zeitschschrift „Wespennest“, als die, wie Karin Fleischaderl erzählte zu  „glänzend“ wurde,  hat auch einige Auftrittsorte, wo sie sie ihre Nummern, es gibt, glaube ich inzwischen sechsundsechzig und die siebenundsechzigste ist im Entstehen präsenitieren und ihre Autoren vorstellen.

Da war ich zweimal in der „Gesellschaft für Literatur“ und ein paarmal im „Schauspielhaus“ und in der „Alten Schmiede“ wird Gustav Ernst auch öfter präsentiert, beziehungsweise kann ich mich, glaube ich, an eine Veranstaltung in der „Alten Schmiede“ vor langer langer Zeit erinnern, wo Gustav Ernst entweder seine Zeitschrift präsentierte oder von ihrer Planung erzählte und im Jahr 2003 gab es, glaube ich, eine große Präsentation im Literaturhaus und da man sich bei diesen Gelegenheiten, die Zeitschrift „Kolik“, die, weil die  Idee des „Wespennestes“ von den beiden Herausgegeben, wie Karin Fleischaderl in der Einleitung erzählte, weitergeführt wurde, ja eine „brauchbare“ ist, meistens frei entnehmen kann, habe ich auch schon eine umfangreiche und  „Kolik-Sammlung“.

Karin Fleischanderl las weiter das Impressum aus Heft 1 vor,  nämlich, daß die Zeitschrift ein Forum für Texte jenseits des Marktes und des Kommerz sein soll, jenseits aller „Long und Shortlists“, obwohl Antonio Fian mit seinem „Polykrates-Syndrom“ ja im Vorjahr auf der LL gestanden ist und Karin Fleischaderl eine Zeitlang „Bachmann-Jurorin“ war.

Die Übergänge sind aber wahrscheinlich fließend.

Karin Fleischaderl und Gustav Ernst haben  auch die „Leoninger Akademie für Nachwuchsautoren“ ge- oder mitbegründet und Judith Nika Pfeifer und Renate Silberer beide in Oberösterreich geboren oder lebend, beide Jahrgang 1975, haben diese auch besucht, während Karin Fleischaderl, den 1956 in Klagenfurt geborenen Antonio Fian als Autodidakt vorstellt und der gehört ja zu den eher sich am Markt bestehenden, erfolgreichen Autoren.

Daniel Terkl und Karin Fleischanderl leiteten ein und erzählten etwas zu den Heften, dann las Judith Nika Pfeifer Gedichte aus der Kolik 66 und ihrem neuen Gedichtband und Renate Silberer hatte eine Geschichte, die sich auch beim Sommerfestival im „Readingroom“ lesen hätte können, nämlich „Sommer in Wien“, wo, glaube ich, sehr poetisch dieser heiße Sommer aufgearbeitet wurde, bis hin zu Performances, wo man einer Gebärenden mit einer Taschenlampe in die Vagina schauen soll und zu der Frage, ob man sein Recht auf Grundsicherung verliert, wenn man sich als Saisonarbeiter verdingt und Antonio Fian hatte  wieder einen seiner sprachgewaltigen Texte, den ich, glaube ich, schon gehört habe, „Nachrichten aus dem toten Hochhaus“, wo  der Erzähler ein Monat Stadtschreiber in Pecs ist und dort seine Poetikvorlesung über Werner Kofler an der Klagenfurter Uni vorbereiten will.

Nachher gab es eine Diskussion, wo es um den „Kafka-Käfer“ ging, ein Stück, ich glaube, „Zotterschokolade“, das die Zeitschrift „Kolik“ eine Zeitlang vertrieb, den habe ich, glaube ich, auch einmal bei Elisabeth von „Leselustfrust“ gewonnen und Gustav Ernst dann selbst die launige Frage stellte, wie lange es diese Zeitschrft noch geben würde?

Solange der Mitherausgeber mitmacht, lautete Karin Fleischanderls Antwort und Antonio Fian meinte, bis zum zwanzigsten Jubiläum und der fünfundsiebzigsten Nummer wegen des Festessens und der Feier und ich habe früher auch meine Text hingeschickt, aber  irgendwann damit aufgehört.

2015-09-22

Vom Fälschen und vom Flohmarktleben

Filed under: Veranstaltungen — jancak @ 21:35
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„Wiener Flohmarktleben“, heißt das Buch des 1945 in Stockholm geborenen und seit 1976 in Wien lebenden Journalisten und Schriftstellers Richard Swartz, der auch als Osteuropakorrenspondent tätig gewesen ist, deshalb waren, glaube ich, auch Martin Pollack und Annemarie Türk in der „Alten Schmiede“, als es heute dort vorgestellt wurde.

Kurt Neumann, der es einleitete, nannte es eine „Athmosphärenerzählung“ und schilderte lang und breit die beiden Erzählstränge, des auf Schwedisch geschriebenen, von Verena Reichel übersetzten Buches, das im „Zsolnay-Verlag“, aber noch nicht auf Schwedisch erschienen ist.

Das „Writersstudio“ würde es wohl eher Memoir nennen, denn es scheinen einige autobiographische Züge und Erinnerungen an die Großmutter in Stockholm enthalten sein, die mit einem Künstler oder Fälscher zusammenlebte, der an Bildern einige „Verbesserungen“ vornahm und dafür auch ins Gefängnis kam.

Ein solches Bild hängt auch in der Wohnung des Ich-Erzählers in Wien, in der Nähe des Raimundtheaters, der zu Beginn des Buches, einen Teppich von einem russischen Händler am Naschmarkt kauft. Diese Stelle hat Richard Swartz, der schon einige andere Bücher geschrieben hat, gelesen.

Dann gab es eine Diskussion wo er erzählte, daß er nur auf Schwedisch schreiben würde, obwohl er es gar nicht mehr so gut sprechen könne, weil er nicht oft in Schweden sei.

Michael Krüger ist, als er noch bei „Hanser“ war, auf ihn zugekommen und hat ein Buch über den Karst von ihm haben wollen, eine Geschichte über das Wiener Flohmarktleben ist es dann geworden, die auch zu den Sammelwohnungen in der Ägidigasse führt, von wo die Juden  nach Minsk deportiert wurden und der Junge, der in dem Buch ohne Namen erwähnt wird, schwärmte von seinem Onkel Ake, dem Fälscher, hat ihm dabei auch geholfen und Richard Swartz erzählte, daß ihm das als Kind sehr beeindruckt hätte.

Ein Mörder wäre ihm noch lieber gewesen, alle lachten, ich rümpfte ein bißchen die Nase, dann sagte er, daß das bei den Frauen wohl anders wäre, die würden sich nicht so für Mörder interessierten, was wohl so nicht stimmt, denn ich kenne einige, die ihnen Briefe ins Gefängnis schrieben und Jack Unterweger hat so auch einige Bekanntschaften gemacht.

Den erwähnte dann Kurt Neumann und es gab zum Abschluß noch eine Stelle aus dem Buch, die zurück nach Schweden führte, da wird der Fälscher, Richard Swartz nannte ihn Maistro aus dem Gefängnis entlassen, die Großmutter und der Junge holen ihn mit dem Taxi ab und das ergibt eine köstliche Szene und ein köstliches Gespräch mit dem Taxilenker, der zuerst sehr mißtrauisch ist und am Schluß gar keine Bezahlung will.

„Das Buch kaufen und signieren lassen!“, forderte Kurt Neumann am Schluß wieder auf, aber das habe ich Angesichts meiner langen Leseliste und der Tatsache, daß ich jetzt Clemens J. Setz Opus Magnum, das nächsten Donnerstag in der „Alten Schmiede“ vorgestellt wird, doch vom Verlag bekommen werde, nicht getan.

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