Literaturgefluester

2017-05-31

Hermynias Ende und Anfang

In der Bibliothek, die ich von meinen Eltern erbte, stand auch Hermynia zur Mühlens „Reise durch ein Leben“, die Geschichte der 1883 geborenen Aristokratin und Diplomatentochter, die bei der Großmutter in Gmunden aufgewachsen ist und dort zwei Freundinnen, ein Bürger- und ein Arbeitermädchen hatte.

In den Neunzigerjahren hat dann, glaube ich, der „Sisyphus-Verlag“, die „rote Gräfin“ entdeckt und ihre Autobiografie „Ende und Anfang“ herausgegeben und noch ein anderes Buch.

Dann kam der „Promedia-Verlag“ mit den „Töchtern der Nazinen“, wo wir die gleichen Protagonisten, wie in der „Reise durch ein Leben“ treffen, sowie „Ewiges Schattenspiel“ und „Als der Fremde“ kam.

Diese Bücher habe ich gelesen und irgendwann, wahrscheinlich auch in den Neunzigerjahren, ich habe noch nicht gebloggt, gab es im Literaturhaus eine Veranstaltung „Zum Tee bei Hermynia“ veranstaltet von der „Exil-Bibliothek“, wo auch Christiane Zintzen einen Vortrag hielt und es nachher, wie ich mich zu erinnern glaube, Tee und Brötchen gab, wo von Hermynia zur Mühlens Exil in England die Rede war.

Sie hat da sehr viel geschrieben und übersetzt. Upton Sinclair zum Beispiel und ich habe auch ein paar dieser Bücher in meinen Harlander Regalen, weil sie überleben mußte und sich dadurch, wie Ursula Seeber, glaube ich, anmerkte, auch ein wenig ausgeschrieben.

Mir würde da der gleiche Themen- oder der gleiche Personenkreis auffallen, aber ich habe nicht alles, nur vier Bücher gelesen und dann gibt es noch die „Frauen lesen Frauen-Gruppe“ des „Ersten Wiener Lesetheaters“ und die haben schon vor ein paar Jahren einmal  Hermynia zur Mühlen im Literaturhaus aufgeührt.

Und heute wieder, die Autobiografie, veranstaltet von Judith Gruber-Rizy, die einleitend den Lebenslauf der roten Gräfin erzählte und das war ein sehr bewegtes Leben. Denn bei der Großmutter in Gmunden aufgewachsen und sich sehr früh mit der sozialen Frage beschäftigt. Dann ist sie aber sehr viel mit den Eltern gereist, nach Algier, Venedig, Florenz, Paris, Alexandrienund hat auch in einem Pensionat gelebt.

Das Verhältnis zur Mutter dürfte ein schwieriges gewesen sein. Es gab einen „roten Onkel“ und der Vater, der der Tochter auch viel Bildung abverlangte. Aber sehr unzufrieden war, wenn sie sich unter ihrem Stand verliebte.

Sie hat dann einen baltischen Baron geheiratet, der sehr verschieden von ihr war und sich von ihm wieder getrennt.

Das beschreibt sie in ihrer Autobiografie, die mit dem ersten Weltkrieg endet. Die Scheidung von dem Baron und den Weg in ein selbständiges Leben, wo sie schriftstellerisch tätig gewesen ist, bezeichnet sie als Anfang.

Dann kam bald das dritte Reich, ihre Bücher waren auf den verbotenen Listen und die Emigration nach England. Die Rückkehr nach Österreich wurde ihr verwehrt und heute ist sie, die 1951 in England gestorben ist, wie die Lesefrauen erwähnten, ziemlich vergessen.

Für mich nicht so ganz und ich denke, sie wäre auch eine Kanditatin für die „Autorinnen feiern Autorinnen-Veranstaltung“, die ja Julia Danielcyck eingeführt hat.

Neben Else Feldmann würde ich sie mir sehr wünschen und im „Republikanischen Club“, wo die Veranstaltung stattgefunden hat, gab es wieder Wein, Knabbereien und Gespräche und da habe ich gehört, daß einige Besucherinnen meinten, sie hätten noch nie etwas von Hermynia zur Mühlen gehört, die ja inzwischen wieder außer ein paar „Promedia-Restbestände“ wieder vergriffen ist.

Da bin ich dank dem Bücherschrank meiner Eltern nicht so ganz ungebildet und auch gespannt, was ich vielleicht noch von der „roten Gräfin“, die sich so stark für die sozialen Fragen interessierte, hören werde.

2017-05-30

Karl Kraus und die Frauen

Filed under: Veranstaltungen — jancak @ 21:32
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Hilde Schmölzer, die frauenbewegte, unermüdliche, mit der wir den letzten Silvester und vor kurzem ihren achtzigsten Geburtstag gefeiert haben, hat sich ja in ihrem letzten Buch mit „Karl Kraus und den Frauen“ beschäftigt und heute im Literaturhaus eine diesbezügliche Veranstaltung gemacht.

Ursprünglich habe ich gar nicht hingehen willen, war ich ja schon bei ein paar diesbezüglichen Lesungen und außerdem das Buch noch auf meiner Leseliste. Dann hat mir aber der Alfred ein Kuvert mit einem Foto in die Hand gedrückt und gesagt, ich solle es ihr geben und weil ich ja sehr genau und gewissenhaft bin…

Außerdem hatte ich  eine sechs Uhr Stunde und da ist es sich gerade noch ausgegangen, rechtzeigtig ins Lieraturhaus zu kommen. Es hätte zwar auch in der“Gesellschaft für Literatur“ eine Veranstaltung zu Wolfgang Hildesheimer gegeben. Aber Karl Kraus ist sicher interessant außerdem war auch Andrea Stift, die sich ja jetzt Stift-Laube nennt, im Programm angekündet und von der habe ich schon länger nichts mehr gehört, nur ihr letztes Buch gelesen und würde auch ganz gerne wissen, warum sie nicht mehr beim „Ohrenschmaus“ mitmacht?

Diese Frage hat sich für mich allerdings nicht beantwortet, denn Heidi Hagl hat Andrea Stifts Text gelesen, da sie gar nicht gekommen ist, so hat sie Hilde Schmölzer entschuldigt und dann das Vorwort zu ihrem Buch gelesen.

Karl Kraus hatte ein sehr ambibvalentes Frauenbild, zwar sehr viele Freundinnen und Geliebte. Hat von ihmen in seinen Aphorismen aber einerseit nicht sehr viel gehalten, andererseits hat er zu den Intellektuellen und den Dichterinnen dann doch wieder Kontakt gehabt und so hat Beatrice Simonson einen Essay gelesen in dem sie sich um die Beziehung von Karl Kraus zu Else Lasker-Schüler auseinandersetzte.

Dann kam schon Heidi Hagl mit Andrea Stifts Text über die Kriegsbetrichtserstatterin Alice Schalek, die Karl Kraus in den „letzten Tagen“ als absolutes Feindbild portraitiert hat. Das ist von ihr übergeliegen , allesandere der sicher sehr wagemutigen emanzipierten Frau nicht und Heidi Hagl hat ein paar „Ich-Passagen“ gelesen von denen ich gerne wissen würde, ob sie Originalzitate sind oderaus Andrea Stifts Feder stammen?

Dann kam noch einmal Hilde Schmölzer mit Karl Kraus Beziehung zu dem „Kindweib“ Irma Karczewska, die auch bei der letzten Kraus Vorlesung in der Wien Bibliothek eine Rolle spielte, Kraus hat sie als Vierzehnjährige kennengelernt, dann fallengelassen, aber immerhin finanziell unterstüzt.

Enige Bekannte im Publikum, so ein paar Lesetheaterfrauen, obwohl es keine Lesetheaterveranstaltungen war und Elfriede Haslehner, die inzwischen gestürzt ist, also auch nicht so ganz aktiv.

Es gab danach wieder Gespräche bei Wein und Knabbereien und interessant, daß mich da ein Herr angesprochen hat und meinte, daß er bewundere, wie schnell und flüßig ich mit der linken Hand schreiben würde.

2017-05-29

Vom öffentlichen Raum zum Kuchldeutsch

Die Ruth hatte ja Idee zu den Kunstwerken, die es im öfentlichen Raum, da gibt es einen Folder, ein Schreibprojekt zu machen und dann im nächsten Jahr eine Lesung oder einen Rundgang etcetera.

Zu Ostern, als ich gerade meine Schreibcampläne bloggte, hat sie mich deshalb angeschrieben oder angerufen und mir dann bei der letzten Schreibgruppe den entsprechenden Folder übergeben.

Lauter experimentelle Kunstwerke vom Hrdklicka-Mahnmal angefangen,  bis zu den Figuren in der Kriau, igitt, igitt, aber ich bin ja neugierig und aufgeschlossen und kann eigentlich über allles schreiben, obwohl mir die in der Schreibgruppe entsehenden Texte manchmal etwas zu essayistisch sind.

Also okay und mich, wie ich glaubte, heute Mittag zu einer diesbezüglichen Vorbesprechung mit der Ruth getroffen. Die ist sehr ehrgeizig und will mit mir in den kommenden zwei Woche je zweimal losstarten und heute hat es gleich mit dem Hrdlicka- Mahnmal gegen Krieg und Faschismus am Albertinaplatz angefangen. Das kenne ich sehr gut, trifft sich da ja Jahr für Jahr die KPÖ am ersten Mai, um zum Parlament zu marschieren und heuer habe ich festgestellt, daß es keine Bänke dort gibt.

Es gibt dort unter anderen, den die Straßen waschenden Juden von der Progromnacht 1938, aber weil sich die Touristen ungehemmt immer darauf setzten, ist der inzwischen mit Stacheldraht umhüllt und vis a vis vor derAlbertina gibt es eine Bank, aber da sitzen meistens auchTouristen darauf und fotografieren sich und als wir uns zaghaft hinsetzen wollten, winkten sie ab, weil sie uns nicht au ihren Fotos haben wollten.

Wir haben es dann doch getan und, wie in der Gruppe zwanzig Minuten geschrieben. Abr was oder wie?

Wenn man Kunstgeschichte studiert, muß man das Werk beschreiben, aber das tue und will ich ja nicht und ich hatte irgendwie die Idee vielleicht auch meine Fortsetzungsgeschichten einzubeziehen.

Es könnte sich ja der Moritz mit der Mathilde dort treffen. Aber dann hatte ich keinen Blick auf die Stelen, weil an mir die Hop on -hoff off- Busse vorbeibrausten, die Fiaker ihre Pferde striegelten und ihre Kutschen putzen, wie die Ruth so s1chön geschrieben hat und ein Polizist ein paar Meter neben mir stand und das Ganze scharf beäugte.

Und da hat es vor einigen Jahren einen Protrest gegen das Mahnmahl gegeben. Heute hasten die Touristen vorbei, die in die Oper und in die Albertina wollen und wir wollten ja auch noch wohin, nämlich zum Ballhausplatz, weil es da ja inzwischen ein Denkmal für die Verfolgten der NS-Militärjustiz gibt und zwar ausgerechnet auf dem Platz, wo es Ende der Achtzigerjahre eine „Kosmos-Prostestlesung“ gegeben hat, weil Barbara Klein, die engagierierte Intendtantin ein aufgelassenes Sex-Kino als Spielort haben wollte, aber das wollte auch ein Jazzclub und so habe ich da einmal meine“Verwechslung“ und die ist in der „Volksstimme-Anthologe“ abgedruckt, die auch ein Hrdlicka-Cover hat, gelesen und gehe inzwischen manchmal ins Kosmostheater, das es inzwischen am Siebensternplatz gibt.

Und die modernen Denkmäler haben, denke ich, alle das Problem, das sie sehr abstrakt sind und ohne Anleitung nicht so leicht zu erkennen, was damit gemeint ist.

Also an der Stelle, wo einmal eine improvisierte Bühne aufgebaut war,  große Stufen, die die Touristen wahrscheinlich zum Einladuen und >Niedersetzen auffordern. Die Rutha hat geschreiben „Kinder spielen glücklich herum.“

Und es gibt natürlich eine Tafe auf der man lesen kann, daß die Bundesregierung 2008 beschlossen hat, alle Deserteure im World War II zu rehabiliteren und den Auftrag an den Künstler Olaf Nikolai gab, das in einem Mahnmahl darzustellen.

Das ist jetzt also ein großes X, das man allerdings erst so richtig erkennt, wenn man hinaufklettert. Dann sieht man, daß oben  „all all all all alone all all alll all“ etcetera steht und wir haben uns auf eine der Stufen gesetzt und geschrieben.

Eine Frau ist inzwischen gekommen, die sich, glaube ich, auch für das Denkmal interessierte, ein paar Studenten diskutierten dagegenüber die Hochschulwahl und dann kam noch eine Schulklasse, deren Lehrerin ihnen erklärte, daß es am Heldenplatz inzwischen Container geben würde, weil das Parlament renoviert wird und daher für die nächsten drei Jahre in dieses verlegt wure.

Wor wollten eigentlich noch einen dritten Ort, nämlich die Franz West-Säule in der Raalgasse beschreiben. Aber ich hatte, um fünf eine Stunde und da wäre sich das dann nicht mehr ausgegangen und am Abend gab es eine Veranstaltung behiehungsweise Buchpräsentation in der „Gesellschaft für Literatur“.

„Deutschlernen von unten- Böhmakeln und Kucheldeutsch“ eine Gemeinschaftsarbeitder Universität Olmütz und Bamberg und obwohlich  um halb sechs dort war, war es schon sehr voll, weil offenbar ein Fanclub hingepilert ist und auch die achtzig Euro Bücher  alle aufgekauft hatten,  so daß nurmehr ein Ansichtsexemplar über war.

Das Thema ist aber sehr interessant, obwohl heute, nachdem der Heinz Conrad ja gestorben ist, kaum mehr einer böhmakelt. Ich tue es, obwohl meine Großmutter ja von daher hergekommen ist, auch nicht und lese inzwischen ein entsprechendes Pendant, nämlich „Broken German“ von Tomer Gardi und das ist es ja, was die Kids mit dem Migrationshintergrund und dem Asylantrag heute sprechen, während damals die böhmischen Köchinnnen in der Küche ihr böhnmisches Deutsch radebrechten und das die Schauspieler in den Kabaretts, ebenfalls taten.

Und der Joseph Schwejk wurde vor fünfzig oder so Jahren selbstverständlich böhmakelnd „Bitte gehorsamst, Herr Oberst!“ übersetzt und der Fritz Muliar hat das hervorragend beherrscht, während der echte Joseph in Prag ja wahrscheinlich kein Deutsch, sondern Tschechisch gesprochen hat.

Aber so ist das mit den Klischees und die Leute  haben sich sich auch blendend unterhalten und sehr gelacht.

Miguell Herz-Kestranek hat  Beispiele davon vorgelesen und  sich auch beschwert, daß  man in Prag keinen böhmakelten Schwejk haben wollte.

Der ist inzwischen, glaube ich, auch anders übersetzt und nachher gab es Wein ,tschechisches Bier und Oblatten. Ich habe mich mit Ottlwald John und anderen unterhalten und denke sehr über das Deutschlernen von Unten und die veränderte Sprache nach, werde ich ja auch öfter wegen meiner Unverständlichkeit und meinen Rechtscchreibfehlern kritisiert, obwohl ich ja, glaube ich, ganu gut Deutsch oder besser Österreichisch schreiben kann und mich trotzdem nicht anpassen will.

Der Brief

Als Moritz Lichtenstern, den U-Bahnperron erreichte, war der Zug gerade abgefahren und der Bahnsteig fast gespenstisch leer. Beinahe, wie in einer Geisterstadt mochte es erscheinen, dachte er und schüttelte  über sich selbst und die von ihm gebrauchte Methapher den Kopf.

Denn das war jetzt vorbei. Er war nicht mehr Verlagsleiter, sondern schon fast zwei Jahre in Pension und mußte nicht mehr Manuskripte nach ihren Methapern und Verkaufsfähigkeit absuchen. Das brauchte er jetzt nicht mehr, sondern konnte sich entspannten. Seine Pension und sein Restleben genießen und das hatte er ganz ehrlich, vor fast zwei  Jahren, als er sich vom Verlag verabschiedet hatte und in den Ruhestand gegangen war, auch vorgehabt.

Ruhestand, wie das schon hieß, igitt und schauderhaft. Da konnte er sich nur schütteln und zittern, ob dieses Klischees, das er, als er sich noch lektorisch betätigt hatte, immer aus den Manuskripiten gestrichen hatte, obwohl das Zittern erwas war, was ihn in letzter Zeit bevorzugt überfallen schien und das ihn, wenn er wiederum ganz ehrlich war, auch berunrigte. Er schaute auf seine Hand, die immer noch den Brief umklammerte, den er vorhin, weil er eingeschrieben zu ihm gekommen war und er den gestrigen Tag nicht in seiner Wohnung verbrachte, vom Postamt abgeholt hatte und die zitterte auch ganz schön.

Zitterte stark und unnatürlich. Sowie völlig unnötig, denn er war jetzt nicht mehr allein auf dem Perron. War doch gerade eine junge Mutter mit einem Buggy, die Rolltreppe hinuntergekommen und hatte sich ein paar Meter neben ihn gestellt. Sie beugte sich zu ihrem Kind hinunter, um dessen Sonnenmützchen zurechtzuschieben und seine Nase zu schneuzen.

Das brachte ihm wieder zu dem Brief zurück und zu der Überraschung, die dieser in ihn ausgelöst hatte, was natürlich der Grund für das Zittern seiner Hände war und nicht etwa ein beginnender Parkinson, wie er insgeheim schon befürchtet hatte, weil sein Vater und sein Großbvatter auch an diesem Nervenleiden gelitten hatten und bei beiden war dann auch noch eine Demenz hinzugekommen, vor der er, der ehemalige Verlagsleiter und Germanist naturgemäß einen Bammel hatte, denn er wollte nicht, wie ein Idiot enden.

War festentschlossen etwas dagegen zu tun und hatte sich, als  ihn die Geschäftsführung vor eineinhalb Jahren in Pension geschickt hatte, um einen  Jüngeren den Verlag leiten zu lassen, fest vorgenommen, nun in seiner Bibliothek  der ungelesen Bücher zu beenden, den Urwald zu erforschen, auf Safari zu gehen,  Gedichte zu schreiben, etcetera.

Das was man sich, als rüstiger Pensionist eben bei der Verabschiedung vorzunehmen pflegt und jetzt, fast zwei Jahre später mußte er sich eingestehen, daß fast nichts davon passiert war.

Das heißt, einige Bücher hatte er natürlich gelesen und Gedichte hatte er ebenfalls geschrieben. Aber das war auch etwas, was ihn beunruhigen und an den Vater denken lassen könnte. Denn das, was da herausgekommen war, war nichts, was er im Starverlag durchgehen hätte lassen.

Absolut nichts davon, war er doch vor ein paar Nächten aus dem Schlaf geschreckt und da war ihm wirklich und wahrhaftig, die schöne Maid auf der grünen Wiese eingefallen, die sich die Äuglein nach dem ungetreuen Geliebten ausweinte.

Er hatte diesen Schwachsinn in seiner taumeligen Schlaftrunkenheit auch aufgeschrieben. Am nächsten Morgen natürlich zerrissen. Es hatte ihn aber mitgenommen, so daß er gestern einen Neurologen aufgesucht hatte, der ihn zwar  beruhigte, ihn aber dennoch den ganzen Nachmittag in rastloser Unruhe durch die Stadt getrieben hatte, so daß er den Postboten, der ihm die eingeschriebene Nachricht überbracht hatte, versäumte und er heute extra, was vielleicht auch ein erstes Demenzanzeichen war, das Postamt aufsuchen hatte müßen und das, was ihm die junge Angestellte mit sichtlichen Migrationshintergrund, dunklen Haaren und einer ebensolchen Brille übergeben hatte, hatte auch nicht gerade dazu beigtragen, ihn zu beruhigen, obwohl sich der Perron nach und nach füllte und sogar ein paar Scater, was natürlich streng veroten war, an ihn vorbeischlängelten. Das bewegte eine strenge Lautsprecherstimme zu einer Durchsage und die junge Mutter hatte das Taschentuch  eingesteckt und hielt ihrem Kind, es war offenbar ein Junge oder doch vielleicht ein kleines Mädchen, eine Rassel unter die Nasse und flötete mit verstellter Stimme betont babyhaft: „Bababa, schau, wie das rasselt mein süßer Kleiner!“

Ekelhaft, wie kindisch junge Mütter wurden, wenn sie sie mit ihren Kleinen beschäftigten. Trotz aller Emanzipation und Studium hatte sich das bis heute nicht verändert und rief in ihm ungute Erinnerungen an die eigene Mutter, Großmutter und ältere Schwester wach, die sich auch nicht entblödet hatten, mit dem kleinen Moritzi in einer idiotischen Kindersprache zu palavern. Und da wunderte man sich, daß die älteren Leute, bevor sie starben wieder in das Reich der Demenz und Verblödung hinüberglitten.

Er wollte sich das ersparen und war auch niemals ein Vater gewesen, der seinem oder seiner Kleinen mit einer idoitischen Rassel vor die Nasse herumgefummelt war. Denn er hatte keine Kinder,  dafür war er als aufstrebender Verlagsleiter immer zu sehr beschäftigt gewesen und Natalie mit der er nur drei Jahre verheiratet gewesen war, war mit dem Aufbau ihrer psychoanalytischen Praxis ebenso so beansprucht gewesen, daß sie das nie von ihm gefordert, sondern diesen Wunsch im Gegenteil stark abgewehrt hatte und jetzt, um wieder auf  das Zitterns seiner Finger zurückzukommen, war Natalie offenbar gestorben und hatte ihm diese Tatsache durch einen Notar mitteilen lassen. Hatte ihm durch diesen auch den Termin ihres Beräbnisses, das in Wien, in ihrer Heimatstadt stattfinden würde, bekanntgegeben und ihm noch ein Briefblatt beigelegt, auf dem sie sich, wie sie erstaunlich einsichtig schrieb, für alles, was sie ihm angetan hatte, entschuldigte und  noch mitteilte, daß ihre Schwester Mathilde, die unglückselige Zwillingsschwester, wie sie sie in den drei Jahren ihrer Ehe manchmal genannt hatte, eine Tochter hatte, die ihm erstaunlich ähnlich sehen sollte.

„Vielleicht solltest du daran bleiben, um nicht genauso schuldig, wie ich, die ich mich in den letzten Stadien meines Krebs befinde und daher Zeit ist, über mich und mein Leben nachzudenken, zu werden, lieber Moitz und entschuldige noch einmal, was ich dir und auch Mathilde, der ich ebenfalls geschrieben habe, antat“,, hatte in dem Brief gestanden und seine Hände zitterten stärker denn je und jetzt war es ganz sicher, daß es kein beginnender Parkinson war, der das veranslaßt, denn er hatte sich vor dreißig Jahren in die Verlagssekretärin Mathilde und nicht in die junge  Analytikerin Natalie verliebt, die gerade in der Tautenzienstraße ihre erste Praxis aufzumachen plante und hatte, wie er ihm  schmerzhaft einfiel und wofür er sich immer noch genierte, gar nicht bemerkt, daß sich Natalie im wahrsten Sinne des Wortes bei ihm eingeschlichen hatte. Denn er hatte wirklich und wahrhaftig erst bei seiner Hochzeit und durch seinen Trauschein mitbekommen, daß er Natalie und  nicht Mathilde Schmidt geheiratet hatte. Das heißt, der Standesbeamte hatte diesen Namen natürlich genannt.

„Fräulein oder Frau Dr. Natalie Schmidt!“ und als er sie nach der Tafel darauf ansprach, hatte sie aufgelacht und geantworte „Hast du das  nicht gewußt? Ach seid ihr Männer doch begriffsstützig!“

Und Mathilde, seine erste Liebe, die Verlagsseretärin, als die er sie im Starverlag  kennengelernt und sich in sie verliebt hatte, war  aus seinem Leben verschwunden. Wahrscheinlich war sie in seine Heimatstadt Wien zurückgekehrt, wie Natalie ihm bei einem weiteren Streit spöttisch hingeworfen hatte. Aber dort hatte er, der Feigling, der er war, sich nicht hingetraut, um sich bei Mathilde zu entschuldigen und ihr eingezustehen, daß er so blöd gewesen war, den Unterschied zwischen einer Natalie und einer Mathilde, die  eineiige Zwillinge waren, obwohl sie, wie er jetzt zum wissen glaube, sich charakterlich sehr unterschieden, nicht bemerkt hatte.

Er hatte es nicht bemerkt und Mathilde nicht wiedergesehen. Die Ehe mit Natalie hatte drei Jahre gehalten. Wahrscheinlich da er sich seinen Irrtum und seine Blödheit nicht eingestehen wollte. Dann hatte sie die Scheidung eingereicht, weil er ihr zu langweilig war und er die Leitung des Verlags übernommen und hatte jetzt erst wieder etwas von Natalie, beziehungsweise ihrem Tod gehört, die ihm zu ihrem Begräbnis einlud und ihn aufforderte  Kontakt zu ihrer Schwester aufzunehmen, um nicht so schuldbeladen, wie sie zu sterben und ein Foto von Mathildes Tochter Lily, die ihm angeblich sehr ähnlich sehen würde, hatte sie ihm auch geschickt, dachte er und hätte am liebsten nach dem Bildchen gegriffen, um es sich noch einmal anzusehen, was er aber, da jetzt gerade der U- Bahnzug einfuhr, nicht konnte. So atmete er nur tief durch, griff ein wenig fester nach dem Brief in seiner Hand und folgte dann der jungen Mutter in den U-Bahnzu nach, die den Buggy mit dem kleinen Söhnchen so schnell in den Waggon geschoben hatte, daß er gar nicht dazu gekommen war, ihr,  wie ein Kavalier der alten Schule, der er  war, zu helfen, obwohl er das gern gemacht hältte.

2017-05-28

Babys in leiwanden Grafiken

Filed under: Bücher — jancak @ 00:41
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Ich bin ja eine eifrige Leserin der „Holzbaum-Publikation“ und habe sehr viele, fast alle sogar von ihnen gelesen, seit mir Clemens Ettenauer vor ein paar Jahren das erste Heftchen zuschickte.

Finde den kleinen Verlag, der seinen Shop im Museumsquartier hat sehr fein und bedaure nur, daß er kaum mehr literarische Publikationen, statt dessen WienBücher, Cartoons und in letzter Zeit vermehrt die „Leiwanden Grafiken“ bringt, wo das Weltgeschehen in Kugeln und Strichlinien beschrieben wird. Da habe ich, glaube ich, nur ein Buch gelesen, weil das ja nicht wirklich literarisch ist.

Jetzt sind Katja und Clemens Ettenauer, die Herausgeber, Eltern geworden und haben, wen wunderts, dazu ein Büchlein mit den leiwanden Baby Grafiken herausgebracht und richtig, das ist auch nicht literarisch, absolut nicht, das Gegenteil davon und trotzdem, das wundert vielleicht auch, kann die Psychologin in mir das Buch allen, die sich für Kinder interessieren oder welche haben, sehr empfehlen.

Denn es ersetzt, glaube ich, so manchen Ratgeber, obwohl es ja nur aus Kugeln und Strichen und richtig, aus vielen weisen Überschriften ersteht, die einen nachdenken, schmunzeln, nicken oder was auch immer lassen.

Dabei bin ich für das kleine Heftchen wahrscheinlich gar nicht die richtige Zielgruppe, denn ich gehöre  weder zu den „frischgebackenen“ oder den „werdenden Eltern“.

Aber da ist die Grafik vielleicht werbemäßig gleich verteilt. Zwanzig zu zwanzig, kommen da noch die „noch nicht Eltern“, „deine Eltern“ und „überhaupt alle Eltern“ vor.

Also für jeden etwas, obwohl ich es den frischgebackenen und den werdenden Eltern und vielleicht auch noch den Freunden und Verwandten von diesen am wärmsten empfehlen würde.

Also wieder ein Gang durchs Buch, ein kurzer nur, wer mehr wissen will, sollte es selber lesen. Das geht schnell. Es ist auch klein und handlich und hat in jeder Tasche Platz. Teuer ist es mit fünf Euro auch nicht und das kommt noch dazu. Es ist als Geschenk für frischgebackenen Eltern bestens geeignet, steht doch auf der ersten Seite „Zur Geburt von:…“ und man kann den Namen des Kindes eintragen.

Also die Sprüche, die der Psychologin in mir am besten gefallen und die sie „So ist es!“, denken ließen.

„Wann beginnt das Baby also zu schreien?“ Natürlich nicht, wenn es naß ist oder Hunger hat, sondern „wenn sich die Eltern gerade aneinander kuscheln.“

Selektive Wahrnehmnung nennt man das, glaube ich.

Welches ist das schönste Baby?“. Das Eigene natürlich. Da gibt es keinen Zweifel und als man noch keine Kinder hatte, brauchte man nur den Schlüßel, die Geldbörse und das Handy mitnehmen. Jetzt kommt noch sehr viel anderes dazu.

Babyeltern brauchen natürlich keinen Wecker mehr und wieder selektiv subjektiv, für das Baby, wahrscheinlich ist da schon ein größeres Kind gemeint, ist das Spielzeug am interessantesten, „was ich gerade wegräume“ und die Eltern, kaufen dem Kind am öftesten die Spielsachen, die sie selber einmal haben wollten und bauen wahrscheinlich auch den „Stapelturm“ öfter das das Kind zusammen.

Was ich nicht ganz glasube ist, daß das Baby nur den Mund verzieht, wenn es das erste Mal Karotten zum Essen bekommt, das passiert bei anderen Sachen, Spinat, vielleicht, wahrscheinlich auch, aber wahrscheinlich haben das die Ettenauer beim Ettenauer-Baby so erlebt.

Und statt sich zu freuen, daß das Baby endlich schläft, kontrolliert man vielleicht alle fünf Minuten nach, ob es noch atmet. Ja, am Anfang ist man noch unsicher. Später kommt die Routine und natürlich schadet man sich selbst damit, aber wahrscheinlich lernt man beim zweiten Kind dazu und nimmt es gelassener, sofern man eines hat.

Und klar fürchten sich die Eltern vor der ersten Impfung mehr, als das Kind. Denn dieses weiß ja nicht, was das ist und schreit erst nachher.

Und so geht es weiter fort und durch das unnummerierte Heftchen. Die Eltern patzen sich beim Füttern an, obwohl nur Baby ein Lätzchen trägt und die besten Eigenschaften hat es natürlich nur vom Vater und nur von der Mutter und von beiden wird das natürlich gleichzeitig behauptet.

Man kann sich ein bißchen selber reflektieren, wenn man das Buch gelesen hat, obwohl es ja hauptsächlich aus bunten Kugeln besteht. Das habe ich schon geschrieben und möchte es noch einmal betonen und vielleicht auch dazu setzen, daß ich daraus, obwohl meine Tochter ja schon über dreißig ist und ich mich schon über vierzig Jahre mit Entwicklungspychologie beschäftige, einiges aus dem Buch gelernt habe, von dem ich vorher nicht dartüber nachgedacht habe, daß es so ist.

2017-05-27

Yseut

Jetzt kommt das dritte Geburtstagsbuch von meiner Leseliste, nämlich Marene Streeruwitz „Yseut“, die, wie man dem Buchrücken entnehmen kann, ihre Autobiografie in Form eines Abenteuerromans in siebenunddreißig Kapiteln erzählt.

Ja, die 1950 Geborene liebt es mit den Genren zu spielen und sich auch einmal in die Trivialliteratur zu begeben und sie verblüffte mich auch, daß sie, als ich das Buch ja für Stephan Teichgräbers „Centrope-Workshop“ analysieren wollte, schon auf Seite elf mit dem „Präfix“ kommt.

Sie ist aber eine, die wenige Metaphern verwendet, ihre oft sehr kurzen Sätze immer wieder abhackt und unvollendet läßt und dann gibt es auch immer wieder die so typischen Strreruwitz -Phasen:“Yseut hat dann…“. zum Beispiel oder „Yseut mußte lachen.“

Ich habe dank der offenen Bücherschränke beziehungsweise den Geburtstagsgeschenken schon sehr viel von Marlene Streeruwitz gelesen, war auch bei einigen ihrer Veranstaltungen und da fällt sie durch ihre starke Gesellschaftskritik auf.

Sie fährt gegen die Gewalt der Männer  und der Gesellschaft ins Feld, macht sich über alles lustig und hat eine sehr starke Sprache mit sicher einigen Übertreibungen dabei.

Ich habe nicht so ganz problemlos zu Marlene Streeruwitz gefunden, habe einiges von ihr, beispielsweise „Die Schmerzmacherin“ glaube ich, auch recht schwierig zu lesen gefunden.

Bei „Yseut“ war das nicht so, da habe ich diesen „Abenteuerroman trozt seiner wahrscheinlich gewollt und konstruierten trivialen Handlung und der eher einfachen Sprache, die auch von den „Amazon-Rezensenten“ prompt bemerkt und bekritelt wird, sehr spannend gefunden und das Buch auch gern gelesen.

„Verschlungen!“, würden die Blogger wahrscheinlich sagen und was mir dabei auffiel, ist die Passivität womit sie ihre Protagonistin beschreibt. Ist doch die Yseut eine, die alles mit sich machen läßt, mit den Männern wahllos ins Bett geht, mit ihnen von einem Abenteuer zum anderen taumelt, was mich bei einer so kritischen Person, wie es Marlene Streruwitz sicher ist, ein wenig wunderte.

Aber wahrscheinlich war das so in den fünziger und sechziger Jahren, in denen sowohl Yseut, als auch Marlene Streeruwitz aufgewachsen ist. Interessant ist auch, daß Yseut in dem Buch als „alte Frau“ beschrieben wird, aber so verhält sich sich gar nicht. Sie verhält sich eher, wie eine junge, die sich durch das Leben und durch die Betten treiben läßt.

Yseut ist also im Nachkriegs-Wien aufgewachsen. Die Mutter war berufstätig, der Vater Frühpensionist und mußte von ihr mitversorgt werden. Es gibt zwei Großmütter. Großmutter Münster und Großmutter oder Oma Köbrunner werden sie genannt, was auch typisch Streeruwitz ist.

Das Buch wird in in zwei Handlungssträngen erzählt. Es gibt Kapitel mit Überschriten, wie „Wie es kam, dass Yseut nach Kalifornien ging und Feministin wurde“, beispielsweise, in dem Yseuts bisheriges Leben erzählt wird.

Yseut ist die alt oder mitteldeutsche Form von Isolde und Yseut wird  abwechselnd Isabella, Yseut falsch oder richtig ausgesprochen, Isi oder Isilein genannt. Ein Buch aus dem Bücherschrank des Vaters kommt vor, daß Yseut, als Kind lesen durfte und ihre Verehrung für Lord Byron.

Yseut besucht zu erst das „Sacre Cour“, dann die öffentliche Volksschule, als sich die Mutter, die Privatschule nicht mehr leisten kann, studiert Linguistik, heiratet früh und geht mit ihrem Mann Ed nach Amerika. Dort wird sie Bigamistin, bekommt von einem anderen Mann ihren Sohn Gogo, kehrt nach Wien zurück, geht dann als Schauspielerin nach Frankfurt, erlebt die wilden und die weniger wilden Zeiten, bis zu dem Überwachungsstaat in dem das Buch, es dürfte sich, um eine nahe Zukunft handeln, denn das Geld ist schon abgeschafft, spielt und da in dem zweiten Handlungsstrang reist Yseut auf den Spuren Byrons nach Italien, mietet sich dort in eine alte Villa ein, wo das Zimmermädchen knickst und Rüschen trägt. Eine Contessa, die Besitzerin im Salon sitzt und als Yseut nach einem Restaurant fragt, ihr gleich die Gesellschaft eines alten Mayors, der offenbar eine Kehlkopfoperation hinter sich hat, vermittelt.

Hinter Yseuts Brokatbett halten sich grüne Wanzen auf, vor denen Yseut sich ekelt. Sie wickelt sie in Handtücher und hält sie, während sie mit dem Mayor in das Restaurant fährt mit ausgespreitzten Fingern aus dem Autofenster.

„Grüne Wanzen gibt es nicht!“, hat Stephan Teichgräber bei der Analyse zu mir gesagt. Richtig wahrscheinlich und es gibt noch vieles anderes nicht, was in dem Buch vorkommt. Denn Yseut gerät gleich in einen ganzen Trubel von Trivialitäten. Die Mafia, die Geheimpolizei und jugendliche Gewalttäter tauchen auf und Yseutt, das habe ich jetzt vergessen, die eine Pistole mit sich trägt, wird gleich am nächsten Tag von der Polizei verhört, weil sie einen falschen Namen angegeben hat, sie nannte sich „Isabella“, aber das ist ja die französische oder was auch immer Form von Isolde und hatte die Waffe trotz Waffenschein nach Italien geschmuggelt, aber die hat ihr der Mayor ohnehin schon  abgenommen.

Ein geheimnisvolles Altersheim kommt vor, wo die Insassen in Sechzigerjahrekleider fröhliche Feste feiern und vor der Villa gibt es ein Barockkonzert, während Yseut von einer Flüchtlingsfrau nach Lebensmittel gefragt wird, die sie dann gemeinsam mit der Contessa in eine Fattoria schmuggelt, wo sich einige Flüchtlingskinder versteckt haben.

Sehr aktuell also Marlene Streeurwitz Autobiografie und sehr amüsant zu lesen, denn man merkt den Spaß, den die Autorin hat, wahrscheinlich alle an der Nase herumzuführen und die Literaturkritiker zu verwirren.

Denn Marlene Streeruwitz darf wahrscheinlich allles schreiben, auch Austrozismen und wird bei „Fischer“ verlegt, die Leser haben aber vermutlich ihre Schwierigkeiten, denn ein wirklicher Trivialroman ist es ja nicht, sondern eine Gesellschaftskritik, eine Art Autobiografie oder was auch immer und so ganz trival scheint auch die Sprache nicht zu sein, kommen ja immer wieder Anspielungen und Verknüpfungen vor, bei denen man scharf mitdenken muß, um zu verstehen und sich auch nicht in die Irre führen zu lassen.

2017-05-26

Angekommen

„Angekommen!“, dachte Slavenka Jahoda und schaute ein wenig trübsinnig vor sich hin. Ließ den Kopf mit den kurzgeschnittenen rötlich gefärbten Haaren durch das kleine Atelier gleiten, in das Doktor Hartner sie vorhin geführt und die Türe dann hinter sich geschlossen hatte.

„Dann laß ich Sie allein, damit Sie auspacken und sich in Ihrem neuen Reich ein wenig heimisch fühlen können!“, hatte er, der wohl zwanzig oder waren es schon dreißig Jahre, älter als sie war, zu ihr gesagt und sie dabei wohlwollend väterlich durch seine viereckige Brille angesehen.

„Wenn es Ihnen recht ist, Fräulein Jahoda!“

Er hatte wirklich diese Form gewählt, obwohl sie im Institut gelernt hatte, daß das schon längst veraltet war und man im Deutschen und sicher auch im Österreichischen, jede Frau ab achtzehn, als solche anszusprechen und sie hatte ihren vierundzwanzigsten Geburtstag schon vor zwei Monaten gefeiert, noch bevor sie gewußt hatte, daß ihr Stipendiumsantrag bewilligt worden war und sie den Monat Mai und den Juni, als Stipendiatin am Institut für höhrere Studien verbringen und über den Einfluß von Blogs aufs den Literaturbetrieb forschen würde können.

Das war ihre Dissertation, die sie am Germanistischen Institut von Bratislava schrieb und nach dem das Stipendiuum bewilligt worden war, hatte sie ihren Rucksack und ihre Reisetasche gepackt, war mit dem Bus hierhergefahren und von Doktor Stefan Hartner, der ihr Stipendiumsbetreuer war, in der Bibliothek des Institutes empfangen worden, der sie in das kleine Atelier, das den Stipendiaten zur Verfügung stand, hinaufbegleitet hatte und sie dann wieder in die Bibliothek hinunter bestellt hatte.

„Treffen wir uns in einer Stunde in der Bibliothek, damit wir alles Weitere bresprechen können! Ist Ihnen das recht?“, hatte er wieder in seiner väterlich umständlichen Art gesagt und sie hatte energisch genickt, wobei ihr die frischgewaschenen Haare ins Gesicht gefallen waren, ihm beim Schließen der Türe zugesehen und ließ den Blick nun über das Zimmerchen gleiten, das für die nächsten zwei Monate das ihre sein würde.

Ein Bett, ein Schrank ein Schreibtisch, zwei Sesseln und eine Badezimmernische mit einer WC-Muschel und einer Duschkabine. So weit nicht weiter aufregend und von dem Studentenzimmer, das sie in Bratislava bewohnte, nicht wirklich zu unterscheiden und zu Hause in Kosice, wo sie mit ihren Eltern und ihren zwei Geschwistern in einem dieser heruntergekommenen sozialistischen Plattenbauten aufgewachsen war, war es auch nicht schöner gewesen.

So weit so gut und nicht wirklich aufregend. Also die Tasche und den Rucksack auspacken, die T-Shirts und die Jeans in den kleinen Kasten räumen, den Laptop auf den Schreibtisch stellen und die mitgebrachten Bücher auf das Regal räumen, das sich über dem Bett auch noch befand.
Dort hatte vorher nur ein Stadtplan von Wien gelegen, den ihr Dr. Hartner oder ein anderer Institutsmitarbeiter vorsorglich hingelegt hatte, damit sie sich auskennen und in der Stadt zurechtkommen würde. Jetzt standen ihre Bücher da, obwohl sie die für ihre Dissertation  nicht besonders brauchte, denn sie wollte ja das Internat erforschen, beziehungsweise, die literarischen Blogs, die es in diesem gab und darüber gab es noch nicht viel Printliteratur und auch noch nicht sehr viele Dissertationen.

Und um das zu verändern war sie auch hergekommen, obwohl ihr Bratislaver Doktorvater Dr. Jan Prochazka zuerst den Kopf geschüttelt hatte, als sie ihm von ihrem Plan erzählt hatte. Das war ihm zu modern erschienen und er hatte wohl auch nicht wirklich geglaubt, daß Blogs einen Einfluß auf den Literaturbetrieb haben könnten, dann hatte sie ihm die dreitausend Artikel des Blogs, der Eja Augustin gezeigt, in denen die das literarische Lebens Wien der letzten zehn Jahre beschrieben und belebt hatte und er hatte einlenkend  „Wenn Sie glauben, Kollegin!“, gesagt.

Er hatte das altmodische Wörtchen „Fräulein“ nicht dabei verwendet, obwohl er sicherlich nicht fortschrittlicher, als Dr. Hartner war oder doch. Sie durfte ihm nicht unrecht tun, hatte er ihr doch vorgeschlagen, sich um ein Erasmus-Stipendium zu bewerben, damit sie nach Wien fahren und am Orte des Geschehens forschen könne, obwohl sich die dreitausend Blogartikel der Eja Augustin im Netz befanden. Aber Dr. Prochazka las, wie er selber eingestand, keine Blogs. Dafür fehlte ihm die Zeit. Sie waren ihm wohl auch zu unwichtig und sie hatte auch nichts dagegen nach Wien zu fahren und sich die Orte des Geschehen von denen, die Bloggerpionierin immer schrieb, selber anzuschauen und hatte auch schon ausgemacht sich mit ihr in der „Alten Schmiede“, sowie im „Literatuhaus zu treffen“ und in die Bibliothek des Doktor Hartners wollte sie auch kommen, um sie kennenzulernen.

„Angekommen!“, dachte Slavenka Jahoda also noch einmal und verstaute auch den Rucksack und die schwarze Reisetasche in den kleinen Kasten. Jetzt mußte sie nur noch ein SMS nach Hause schicken, damit die Mutter und der Vater sich keine Sorgen um sie zu machen brauchten.  Die Geschwister waren nicht zu Hause, verbrachte der Bruder Petr doch auch ein Forschungssemester an der University von Massachusetts und die Schwester studierte Medizin in Bratislava.
Dann vielleicht das T-Shirt wechseln, da das blaukarierte mit dem sie hergefahren war, schon einen leicht zerdrückten Eindruck mache, also das weiße mit den lustigen roten Punkten erneut aus dem Kasten nehmen und dann rasch ins Badezimmer huschen, um sich die rote Haarpracht zu frisieren, damit sie vor Dr. Hartner und Eja Augustin  keinen schlechten Eindruck machte und dann hinuntergehen in die Bibliothek, die Bloggerin kennenlernen und mit Dr. Hartner besprechen, wie er sich ihre Stipendiumszeit vorstellte.

Von der Seestadt zum Museumsquartier

Eine aktive Phase meiner zweimonatigen Textrecherche- und Geschichteschreibezeit hat begonnen, als der Alfred am Donnerstag früh mit dem Karli in das Flugzeug nach Amerika gestiegen ist, um dort dreieinhalb Wochen zu bleiben und ich habee speziell für das erste „freie“ Wochenende sehr viel vor.

Mich selbst, beziehungsweise das Literaturgeflüster ein bißchen feiern, auf Einkaufstour gehen, obwohl ich mir da ja am Freitag im Traisencenter und am Samstag in St. Pöltenschon ein bißchen was zum Anziehen gekauft habe und Geschichten-, beziehungsweise Romanstudien schreiben.

Da bin ich Dank Annika Bühnemanns Schreibimpulsen ja schon fleißig unterwegs und habe bereits drei Geschichten, bezüglich meiner einsamen Pizzeria-Frau und ein ungefähres Handlungskonzept, das ich zwar, nach dem ich die Marlene Streeruwitz gelesen habe, nicht so besonders fetzig finde, habe ich auch und vor mit den Schreibimpulsen bis Ende Juni weiterzumachen. Fortetzungsgeschichte für Fortsetzungsgeschichte schreiben und dann schauen, wie weit ich damit gekommen bin.

Daß ich für ein neues Konzept durch Wien spaziere, zum  Friseur gehe und wenn nötig, mir auch was zum Anziehen kaufe, ist  nichts Neues. Da bin ich ja schon einmal im Oktober mit der U2 in die Seestadt Aspern hinausgefahren, habe dort aber eigentlich nur eine Baustelle gefunden, obwohl ich im MUSA ja von einem diesbezüglichen Schreibprojekt gehört habe, es auch eine eigene Buchhandlung gibt und mir ein E.A. Richter auch einmal sagte, er würde dort wohnen.

Was lag also näher als den Versuch zu wiederholen, obwohl ich ja ein bißchen skeptisch war, was ein Touristentag mir für mein Pronjekt bringt und da am Donnerstag ja Feiertag war, fiel das Einkaufen auch aus oder wird am Samstag nachgeholt.

Ein bißchen hatte ich Angst, daß mir nach zwei drei Stunden die Lust ausgeht, da in Wien herumzuspazieren, so habe ich mir in der vorigen schlaflosen Nacht, Gedanken gemacht, was das bringen könnte?

Daß ich wieder die Seestadt suchen werde, das war schon fix und ich hatte auch vor dort zu essen, neben dem Mc Donald`s nehme ich ja auch ganz gern einen Asia Snack, wie Beispielsweise ein Nudelbox mit Huhn. Aber das bringt nicht viel für mein Projekt und ist nichtr unbedingt literarisch. Denn große literarische Einblicke werde ich in Aspern oder in der U-Bahn nicht machen, obwohl ich am Mittwoch Michael Hammerschmid auf einem Scooter getroffen habe, als ich in die Spengergasse ging und als ich das letzte Mal von Aspern kam oder war das nach der Buch-Wien Pressekonferenz zu der Frau Führer mich einmal eingeladen hat, Stephan Eibel Erzberg, der mir sagte, daß er zum Arzt gehen müße.

Die literarischen Begegnungen passiren ja eher, wenn ich in die „Alte Schmiede“ oder ins Literaturhaus gehe und auch da nicht wirklich, denn da stehe ich meistens daneben und schaue zu, wenn sich die anderen begrüßen und Küsschen auf die Wangen drücken, aber in der Phantasie läßt sich ja einiges herstellen und da passiert derzeit auch einiges in Wien und anderswo. So wurden ja am Mittwoch, die heurigen „Bachmannpreiskanditaten“ bekanntgegeben. Also könnte ich Karin Peschka in der Seestadt treffen, wie sie sich auf ihren Text vorbereiten und vielleicht sogar schon das obligarorische Filmchen dreht oder Katja Gasser könnte ich an der alten Donau sitzen sehen, wo sie in ihr Handy oder Laptop schaut, um sich die neuen dBp-Kanditaten auszusuchen und Klaus Nüchtern und Petra Hartlieb sitzen daneben und tue das für den östBp.

Das ist ja interessant und da bin ich schon neugierig, obwohl man diese Vorschauen, wenn man viel Zeit und Geduld hat, auch selber machen kann und ich auch immer im August meine diesbezüglichen Tips abgebe.

Also gut, sehr literarisch ist ein Touristen-Spaziergang durch Wien höchstwahrscheinlich nicht, ich kann aber etwas darüber schreiben und vielleicht auch schon Beobachtungen bezüglich mein neues Konzept machen, das ja sowohl in Berlin, als auch in Wien und New York spielt und wahrscheinlich drei Handlungstränge hat.

Da ist der Ex Verleger Mortitz Lichternstern, der nach dreißig Jahren, seine Jugendliebe Mathilde Schmidt wiedertrifft und erfährt, daß er ein Kind mit ihr hat. Er hat auch Angst an Parkinson oder Alzheimer zu erkranken, weil das auch seinem Vater und Großvater so passierte oder weil ihm in letzter Zeit, statt der schönen Gedichte, wie vorher, lauter kindische Versreime einfallen.

So fährt er nach Wien zum Begräbnis seiner Ex Frau, von der er seit siebenundzwanzig Jahren geschieden ist und lädt Mathilde ein mit ihr in seinem Bus einfach wegzufahren.

Die weiß nicht recht, ob sie das angebot annehmen soll, reflektiert aber ihre eigene Familiengeschichte. Se war ein unerwünschter Zilling und wurde immer hinter ihre Schwster Natalie die ihr auch Moritz weggenommen hat, gereiht und dann gibt es  noch Lily und die könnte, außer daß sie in New York das österreichische kulturinstitut kuratiert, auch einen Blog betreiben oder eine Dissertation schreiben in der sie solche erforscht und da ist mir gestern eingefallen, daß ich ja auch eine Stipendiatin nehmen könnte, die ihre Recherchen auf den Spuren einer Bloggerin oder eines Blogpreises macht.

So weit so gut und so habe ich am Donnerstag zuerst nach einem guten Frühstück in der Badewanne „Yseut“ fertiggelesen und bin dann ohne Wasserflasche, das Wetter war ja nicht so schön und ich wollte auch nicht so viel schleppen, aufgebrochen. Das heißt, mit der U2 in Richtung „Seestadt“ gefahren, nur leider ist mein Zug nur bis zur „Aspernstraße“ gefahren. So hbin ich da ausgestiegen, habe mir eine kleine, „All you can eat Nudelbox“ vom Buffet zusammengesucht, die auf einer Bank gegessen und bin dann zwei Stunden auf der Suche nach der Seestadt herummarschiert, bin durch Kleingärten und Neubauten gegangen, bis ich wieder am Ausgangsort angelangt war.

Die Seestadt will sich von mir nicht entdecken lassen, könnte man so sagen, so bin ich am Rückweg beim Museumsquartier ausgestiegen und erlebte dort eine Überraschung, nämlich einen veganen Biomarkt, mit Gratiskostproben, grüner Tee und veganer Austrich wurde verteilt. Man konnte koste und so habe ich schon einen kleinen Vorgeschmack, auf das Buffet, das ich mir ja heute machen will, wenn ich meine Recherchen zu Hause weitermachen möchte und so läßt sich ein Feiertag auch angenehm verbringen und die Touristenströme dabei vermeiden, denn nach Schönbrunn, in den Prater, zur Stephanskirche oder in die Hofburg, wollte ich nicht wirklich marschieren.

Das habe ich schon vor ein paar Jahren gemacht, als ich, als „Strohwitwe“ einen „Pfingstmarathon“ durchführte und dabei Marlene Streeruwitz „Verführungen“ las. Einen Pfingst- oder Lesemarathon werde ich aber nächste Woche wieder machen, dabei vielleicht meine eigenen Bücher lesen und die Termine für den öffentlichen Raum, den ich ja mit der Ruth erforschen will, habe ich mit ihr auch schon abgemacht.

2017-05-25

Rote Tränen

Von Ostende im Sommer 1936 ist es nur ein kleiner Schritt zur Zerstörung der Arbeiterliteratur durch Faschismus und Nationalsozialismus und es sind zum Teil auch die gleichen Protagonisten, die hier eine Rolle spielen.

Joseph Roth, Friderike Zweig, Ernst Toller und so habe ich nach der Buchpräsentation vergangenen Dienstag und Voler Weidermanns Stimmungsbild einer untergegangenen Zeit, die „Roten Tränen angefangen, die „Ergebnise der gleinahmigen Internationalen Tagung in memoriam Herbert Exenberger am 14.- 15. November 2014“, wie so schön im Vorwort steht und die in der VHS-Brigittenau stattgefunden hat.

Da war ich wahrscheinlich woanders, vielleicht bei meinem Geburtstagsfest, in Ungarn oder auf der „Buch-Wien“ und Herbert Exenberger, den 1943 in Simmering geborenen Arbeitersohn, der es zum Bibliothekar und Sammler der Parteispenden brachte und der 2009 gestorben ist, habe ich, glaube ich, gesehehen, als einmal, ich habe da gerade für das Cover von „Tauben füttern“ am Donaukanal foografiert, als eines von Else Felmanns Bücher in der jüdischen VHs, die es irgendwo beim Praterstern gibt oder gab, vorgestellt wurde.

Der Tagungsband beginnt mit den üblichen Grußworten, dann wird gleich Herbert Exenberger vor- und die Frage gestellt, ob die Arbeiterkultur eine Fortsetzung der bürgerlichen oder etwas ganz anderes ist?

Gar nicht nicht so leicht zu beantworten und das Buch, will ja, glaube ich, beweisen, daß diese Kultur, das rote Wien der Zwischenkriegsjahre durch den Faschismus zerstört wurde und ich kann michnur auf das beziehen, was ich, als 1953 geborenene erlebte, als ich in einem der alten Gemeindebauten, erbaut aus den Mitteln der „Breitnerschen-, von dem im Buch auch noch die Rede sein wird, Wohnbausteuer“, aufgewachsen bin.

Von dort bin ich  in Volksschule, dann in die Hauptschule, mehr war zuerst nicht drin, dann in die höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe gegangen, um doch zu einer Matura zu kommen und dann an die Universität, um Psychologie zu studieren.

Und mein Vater war wohl so ein typisches Arbeiterkind in den Ottakringer Jubiläumsbauten, als der Kaiser ein solches hatte, aufgewachsen, in die SPÖ eingetreten, dort Parteifunktionär und an die Frau Schauffler, die jedes Monat, den Parteibeitrag abkassieren gekommen ist, kann ich mich auch noch erinnern.

Das jährliche Weihnachtsbuch der Kinderfreunde für die Parteimitglieder, gehört für michzurArbeiterkultur und meine Eltern hatten, glaube ich, einVolksstheater-Abo, keines in der Oper oder im Burgtheater und den berühmten schönen Bücherkasten, der zuerst im Wohnzimmer später im Schlafzimmer stand, als meine Schwester, dieses für sich bekommen hat, hat es auch gegeben.

Dort sind die Büchergilde Gutenberg-Ausgaben gestanden, die B. TravenBände, Joseph Roths „Radetzkymarsch“, die Brunngrabers und noch einiges anderes, was inzwischen von mir gelesen wurde und jetzt in Harland steht.

Für mich gibt es diese Arbeiterkultur also ein bißchen noch, der Vater hat die AZ gelesen, die Mutter „Die Frau“.

Diese Zeitungen gibt es nicht mehr, sie wurden eingestellt, wie es auch den „Luitpold-Stern-Preis“ der Gewerkschaft nicht mehr gibt, weil der ja nach dem „Bawag-Skandal“ 2005, nicht mehr vergeben wird und noch viel früher, als Kreisky gerade reagierte und ich studierte, war ich mit meinem Vater und der SPÖ einmal ein paatr Tage in Schweden, um uns dort den Sozialismus anzuschauen und in der Oper war ich auch einmal mit ihm.

Das war eine Parteiveranstaltung, da ist, glaube ich der Minister Sinowatz auf die Bühne gekommen und hat gesagt „Ich höre gleich mit dem Reden auf, damit wir uns die Zauberflöte anhören können!“

In der berühmten Ausstellung „Mit uns zieht die neue Zeit“ oder so ähnlich, hat sie geheißen, war ich auch  mit meinem Vater. Es erscheint mir also vieles gar nicht so unbekannt, was in dem Buch steht und Alexander Emanuely, einer der Herausgeber bezieht sich in seinem Beitrag „Rund ums „Erste proletarisch-revolutionäre Denkmal in Wien-“ auch  auf eine Else Feldmann Geschichte, die ja in Brigittenau geboren, in der Arbeiter-Zeitung schrieb und von den Nazis ermordet wurde.

„Der Leib der Mutter“ in der Originalausgabe befindet sich auch in den Harlander Regalen, denn das hat mein Onkel Hans wahrscheinlich meiner Mutter 1933 oder so zu Weihnachten geschenkt.

Jürgen Doll bezieht sich  in seinen Beitrag auf Luitpold Stern, den führenden Bildungsfunktionär der Arbeiterbibliotheken, der selbst gedichtet hat, ich habe einmal zwei Bände seiner Gesamtausgabe in den Schränken gefunden und wohl ein wenig pathetisch gewesen sein muß und den Arbeiter  „Weihespiele“ und solches schenken oder verordnen wollte, während die vielleicht lieber in die Kabaretts von Jura Soyfer gegangen sind.

Ester Saletta bezieht sich und das fand ich sehr interessant in ihrem Beitrag auf Adelheid Popp, die Arbeitertochter die in ihren „Aufzeichnung“ „Die Jugend einer Arbeiterin“ genau die katastrophalen Zustände, wie sechzehn Stundentag, etcetera beschrieben hat und dann in den sozialistischen Partei für andere Zustände kämpfte und sich auch von den Nazis nicht einschüchtern ließ.

Wolfgang Fritz läßt zwei „vergessene Namen“ nämlich Rudolf Goldscheid und Hugo Breitner wieder auferstehen. Aber ich bin ja jeden Tag an der Tafel mit der „Breitnerschen Wohnbaustuer“ vorbeigegangen und habe das, glaube ich, auch meiner Volksschulllehrerin vorgetragen, als die wollte, daß wir unseren Schulweg oder Wohnhaus beschreiben.

Sabine Lichtenberger berichtet auch von Luitpold Stern und führt dann noch zwei weitere Arbeiterbildungsfunktionöre nömlich Franz Rauscher ud Richard Wagner an, die mir kein Begriff sind. Aber vielleicht ist mein Vater wirklich in ihre Volkshochschulkurse gegangen und den Namen Luitpold Stern habe ich, glaube ich, durch den gleichnamigen Preis, zu dem ich ja hinschickte und den ich bevor er eingestellt wurde, auch ein paarmal gewonnen habe, durch das Handbuch der IG-Autoren kennengelernt.

Primus Heinz Kucher hat schon bei der Präsentation von den Literatur- und Filmkritiken von Fritz Rosenfeld, der dann später als Kinderbuchautor Friedrich Feld durch die Gaben der Wiener Kinderfreunde bei mir Einzug gehalten hat und dessen Bücher auch in dem großen Harlander Bücherregal stehen, denn ich bin ja eine Sammlerin und werfe nichts weg, berichtet und Evelyn Adunka, die Historikin, die ich regelmäßig bei den „Krarmer- und anderen Veranstaltungen“ sehe, hat sich in ihrem Beitrag ausführlich mit der jüdischen Arbeiterbewegung der „Poale Zion“ befaßt, von der ich, wie ich zugeben muß, nicht sehr viel wußte.

Dann folgen zwei Artikel zur Musik und zwar der von Derek Weber, der auch bei der Präsentation über die Rolle des Arbeitersynphonieorchesters referierte, während sich Irene Suchy mit der „Arbeiterinnengesangskultur“ beschäftigte.

Im dem Teil der sich mit der „Zerstörung“ auseinandersetzt, wird zuerst von der Rolle der Arbeiterkammer berichtet, dann kommt Eva Gebers Beitrag zum „Frauenkampf“ und Peter Zimmermanns Beitrag zur „Zerstörung der Arbeiterkultur im zwanzigsten Jahrhundert in Deutschland“, geht sogar soweitin die Zukunft, daß er sich mit Günter Wallraff, Max von der Grün und dem „Werkkreis zur Literatur der Arbeitswelt“ auseinandersetzt, wo es ja in den Siebzigerjahren, bei „Fischer“, glaube ich, eine eigene Taschenbuchreihe gab und was den „Max Grün Preis betrifft“, der ja einige Zeit von der AK in Linz vergeben wurde, da habe ich mich auch beteiligt, aber nie etwas gewonnen. Nur einmal wäre ich fast in die engere Wahl gekommen.

Dann folgen zwei Fallbeispiele. So erzählt Yves Müller von der „Köpeniker Blutwoche“, wo die Nazis in den Dreißigerjahren in die Laubenkolonien der Arbeiter bei Potsdam eindrangen und die1928 in Deutschland geborene Vera Freud erzählt anhand des Kinderfreundeliedes „Wir sind jung die Welt ist offen“, das für mich auch eine große Rolle spielte, weil ich ja einige Jahre lang in einer Tanzgruppe der Wiener Kinderfreunde war und auch die Sommer regelmäßig in diesbezüglichen Ferienlagern verbrachte, das Schicksal der gleichaltrigen Dorli Löbl, die mit ihr in Frankreich in einem Kinderheim war und 1942 nach ihrem vierzehnten Geburtstag von den Nazis vergast wurde.

Weiter kommen ein paar Beispielen, wie sich man als Schriftsteller in der NS-Zeit verhalten konnte.

Der Arbeiterschriftsteller, Sexualkämpfer und „Schundheftschreiber“ Johann Ferch hat um Aufnahme in die Reichschriftkammer gebeten und war verärgert, daß ihm das nicht gleich gewährt wurde, während die Arzttochter Lyrikerin und Komponistin Hedda Wagner in die innere Emigration ging.

Dann beschäftigt sich Konstantin Kaiser mit dem Volksbildner Otto Koenig, dem Vater des Verhaltensforschers mit den Graugänsen, der der Beitrag heißt „Zwischen Goethe und und Sozialismus“ angesiedelt ist.

Traude Bollauf hat ihren Beitrag über Stella Klein-Löw, die als Hausangestellte nach England ging und nach dem Krieg in der Raalgasse Lehrerin war, schon bei der Präsentation vorgestellt und für mich besonders interessant war der Beitrag über Fritz Brügel, dem Schöpfer „Der Arbeiter von Wien“. Er hat auch noch die „Februarballade“, die vom Ausland glaube ich in das austrofasihistische Wien geschmuggelt wurde und das „Flüsterlied“ geschrieben.

Dann kommen Erinnerungen oder die Beiträge der Erben von damals, so erinnert sich eine Frau an ihre Kindergarten Erlebnisse in Sandtleiten in dem berühmten Gemeidebau, der ja auch eine Arbeiterbibliothek hat, in der ich mir als Hauptschülerin eine Zeitlang Bücher ausborgte, obwohl ich ja nicht so ein Bibliothekstyp bin und mit den Bibliothekarinennen auch keine so gute Erfahrungen machte.

Dort wurden die Kinder bevor sie in die Schule kamen in den Prater ausgeführt, durften mit den Ringelspielen fahren und bekamen im Restaurant Eisvogel wahrscheinlich ein Kracherl.

Und Peter Schwarz, der das ESRA leitet, erinnert sich an den Widerstand, den seine Mutter und Großmutter in Sandtleiten leisteten.

Vorher war noch einmal Konstantin  Kaiser mit einem Beitrag zum „Verschwinden der Arbeiterkultur“ am Wort, aber wie schon geschrieben, ich kann ihm da, da ich doch den Ausfschwung unter Kreisky, der freien Straßenbahnfahrt, dem freien Hochschulzugang, den Schulbüchern, etcetera erleben konnte, nicht ganz zustimmen.

Aber natürlich habe ich auch ein bißchen, die „Verbürgerlichung“ meines Vaters erlebt, der nach dem Krieg endlich ein paar große Reisen machen konnte, die Mutter hat im Alter wieder ihre katholischen Wurzeln entdeckt und hat mich, die nicht getaufte, auch in der Schule am Religionsunterricht teilnehmen lassen.

Das hat bei mir nicht gefruchtet und ich habe den sozialistischen Gemeidebau auch ein bißchen als Kontrolle erlebt. Ich habe nach meinem Fertig werden,  auch einige Zeit die Kindergärten der „Kinderfreunde“ als Psychologin betreut.

Als ich dort angestellt werden wollte, mußte ich in die SPÖ eintreten. Ich bin wieder ausgetreten und habe bald die Kommunisten gewählt, wähle sie immer noch und gehe am ersten Mai auch vors Paralment und nicht oder erst später oder zwischen durch auf den Rathausplatz, wo jetzt ja die Herren im schwarzen Anzug und mit  den Krwatten stehen und wenn wir Pech haben, haben wir bald wieder eine schwarz-blaue Regierung.

Der Niedergang der Arbeiterkultur hat für mich aber eher erst mit der Einstellung der Arbeiterzeitung, der Abschaffung des freien Hochschulzugangs, den Neoliberalismus, der Generation Praktikum etcetera begonnen und erlebe den Verlust des Sozialismus, wenn ich meinen Kritiker Uli über die „Linken“ schimpfen und die Identitären vom „Schreitern von Multikulti“ reden höre.

Im Herzen bin ich immer noch eine Sozialistin, meine da auch vielleicht die, die ich gar nicht so erlebt habe.

Lese am Volkssctimmefest und wenn man  wissen will, was Arbeiterkultur ab den Siebzigerjahren war, kann man das warhscheinlich ein bißchen in meinen Blogartikeln und Büchern finden.

2017-05-24

Erinnerungen an Hermann Hakel und Jochen Jungs Reime

Vom Centrope wo wir weiter Trojanows „Macht und Widerstand“ analysiert haben und ich meine Entdeckungen bei Marlene Streruwitz „Yseut“: „Das Präfix, das konnte alles herstellen. Das konnte alles aus einem Verb machen, Mit „ver“ Das war Zustandverständerung. Bewirken. Verhalten. Beurteilen. Verben des Tötens und des Verderbens wurden mit „ver“ gebildet. Das hatte sie doch vorgehabt.“, vorgetragen habe, ist es  gleich zu zweimal „Alte Schmiede-Veranstaltungen“ gegangen. Gab es doch da einmal eine „Stunde der Literarischen Erleuchtung“, wo Hans Raimund Hermann Hakels Lyrik und Prosa vorgetragen hat.

Und der heute wahrscheinlich ziemlich vergessene Hermann Hakel, der 1911 geboren wurde und vor dreißig Jahren gestorben ist, mit Erika Danneberg verheiratet war, die Zeitschrift „Lynkeus“, an die ich, lang lang ists her, auch was geschickt habe, war ja in den  fünfziger und sechziger Jahren neben Hans Weigel einer der Literaturpäpste oder Förderer junger Talente in Wien.

So hat Herta Kräftner, wie Dine Petrik meint, ihr Problem mit ihm gehabt und ich habe den von der Hakel- Gesellschaft nach seinem Tod herausgegebenen Band „Ein besonderer Mensch“, den es einmal in der „Gesellschaft für Literatur“ gab, gelesen und die von ihm herausgegebenen „Jiddische Gedichte„.

Der Sekretär, den ich vor kurzem auch schon in der „Alten Schmiede“ hörte, war wieder anwesend und hat auch die Hakel- Publikation der Gesellschaft zur freien Entnahme aufgelegt und Hans Raimund, auch ein Hakel Kenner, hat zu Beginn seiner „Gedächtnismomente“, die autobiografischen Notizen aus dem „besonderen Menschen“ gelesen, wo Hakel schreibt, daß er sich  für einen Durchschnittsdichter hält.

Er war wohl, wie auch Erika Danneberg erlebt haben mutß, auch ein schwieriger Mensch und hat sich mit allen oder jeden zerstritten und Hans Raimund hat ein paar Prosastücke, sowie ein paar seiner Gedichte vorgestellt.

Das gibt es eines auf die „Novaragasse“, wo der Dichter auch lebte und eines „Das jüdische Kind“, das laut Hans Raimund und Richard Kovavevic in vielen Anthologien und Schulbüchern abgedruckt war, obwohl sich Hakel sonst nie besonders zum Publizieren seiner eigenen Werke drängte.

Im Programm schrieb Hans Raimund etwas das Hermann Hakel ein konservativer Dichter gewesen sei, der es den heuten Lesern schwer machen würde und Kurt Neumann meinte, als er nach der Veranstaltung auf die Präsentation von Jochen Jungs Gedichtdebut hinwies, darauf, daß es Ahnlichkeiten zwischen beiden Werken geben würden und die waren dann, oh Staunen darin zu finden, daß Jochen Jung der Verleger, der seit einigen Jahren ebenfalls schreibt, „Wolkenherz“ habe ich gelesen und bei der Veranstaltung über die „Dichterbegegnungen“, die er ja reichlich hatte, war ich vor einem Jahr in der „Alten Schmiede“, plötzlich vermehrt zu dichten angefangen hat.

Kurt Neumann erwähnte in seiner Leitung, die verschieden Gattungsformen, die in den hundertvierzig Gedichten des bei „Haymon“ erschinenen Lyrikdebuts vorkommen, verwies auf Jandl und Shakespeare, als Vorbilder und auf die vielen Themengebiete mit denen sie sich beschäftigen würden und Jochen Jung erzählte , daß ihm in der Nacht, wenn er nicht schlafen könne die Textzeilen einfallen würden, er müsse sie dann sofort aufschreiben und hätte, die Gedichte mit seiner Lektorin alphabetisch geordnet.

Zu meinem Erstaunen waren die meisten der Gedichte gereimt und wirkten für mich daher eher konventoneller, als die von Hermann Hakel, aber mit fünfundsiebzig Jahren kann man sich, glaube ich, auch wenn man ein bekannter Verleger ist und sich mit Handke und Thomas Bernhard etcetera, befreudet war, mit dem Älterwerden und dem Tod auseinandersetzen und kann solche Gedanken auch in Reimform ausdrücken.

Ob ich oder ein anderer älterer Mensch, beziehungsweise ein Hobbydichter, dann einen Verlag dafür gefunden hätte, ist eine andere Frage.

Aber Jochen Jung hat ja schon mehrere Bücher bei „Haymon“ und nun den Gedichtband „Das alte Spiel“ herausgebracht und erklärte noch, daß es sehr schade wäre, daß sich sehr wenige Leser, Verlage, Kritiker etcetera mit Lyrik auseinandersetzen würden und nur die Leute Gedichte kaufen oder lesen, die selber welche schreiben.

Das tue ich nun nicht, lese aber öfter welche oder gehe zu diesbezüglichen Veranstaltungen und noch eine Neuigkeit habe ich zu vermelden, die vierzehn Auserwählten, die heuer beim Bachmannpreis lesen dürfen, wurden heute bekannt gegeben, von denen mir bei den Österreichern Karin Peschka, Ferdinand Schmalz und Barbi Markovic bekannt sind, deren „Superheldinnen“ ich noch lesen muß.

Von Verena Dürr habe ich in der „Auserlesen-Anthologie“ etwas gelesen und den Österreich-Armerikaner John Wray in Göttweig gehört.

Die anderen Autoren sind mir unbekannt, was ich aber demnächst sichr ändern wird.

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