Literaturgefluester

2011-02-27

Autorentreffen

Filed under: Uncategorized — jancak @ 22:15

Dieses Wochenende gab es wieder die Generalversammlung der IG Autoren und am Anschluß daran zum zweiten Mal die andere Buchmesse. Die Generalversammlung der IG Autoren ist für mich ja, das habe ich sicher schon geschrieben, ähnlich wie die GAV-GV mein Zugang zu den Schriftsteller News und die IG Autoren ist die nach dem ersten Schriftstellerkongreß von Gerhard Ruiss und Hannes Vyoral gegründete Interessensvertretung. Inzwischen wird sie von dem Geschäftsführer Gerhard Ruiss beinahe allein moderiert, obwohl Samstagvormittag auch die Präsidentin Renate Welsh anwesend war. Diesmal war die GV nicht so gut besucht, so waren zum Beispiel weder Hilde Schmölzer, Hilde Langthaler, noch Elfriede Haslehner da und auch Eleonore Zusak und ihren Bruder habe ich nicht gesehen. Ich hoffe sie sind nicht krank. Sonst gibt es einige Leute, vor allem aus den Bundesländern, die ich nur einmal im Jahr sehe, Margit Kröll zum Beispiel, aber auch einige von denen ich gar keinen Namen weiß.
Beginnen es tut es meistens mit Small Talk bei Kaffee und Kuchen, dann berichtet Gerhard Ruiss über Neuigkeiten, die Google News halten ihn immer noch im Atem und Fragen zum Urheberschutz, aber auch zur zentralen Deutschmatura wurde diskutiert. In den Pausen intensive Gespräche, so habe ich mich zum Beispiel mit Ludwig Laher über sein neues Buch unterhalten, die meinen herumgezeigt und die Zettel für die „Mittleren“ ausgelegt. Mit dem Arovell Verleger Paul Jaeg bin ich ins Gespräch gekommen, er hat mich wieder eingeladen etwas zu schicken, das Problem dabei ist nur, daß ich kein Jahr warten will und die Verleger Digibücher nicht so gerne haben. Rolf Schwendter habe ich erzählt, daß ich am Freitag bei der langen Nacht des Hörspiels seine Stimme hörte, da hat er bei einem Rosei-Hörspiel Marx zitiert, Andreas Renoldner, daß ich seine bei Resistenz erschienenen Hörspiele im Bücherschrank gefunden habe und mich bei O. P. Zier erkundigt, ob er schon an einem neuen Krimi schreibt?
Gestern war die Generalversammlung schon um fünf Uhr beendet, vorher überreichten Sylvia Treudl und Nils Jensen Gerhard Ruiss einen Blumenstrauß und Bücher als verfrühte Gabe zu seinem sechzigsten Geburtstag, den er im Mai feiern wird, so daß ich am Abend sowohl googlen konnte, es gab da bei lovely books einen vierundzwanzig Stunden Lesemarathon, bei dem ich mich ein bißchen umgeschaut habe, als auch bei meinem work on progress weiterschreiben. Da habe ich jetzt etwa vierzig Rohseiten und bin gerade dabei, die Katharina die Martha Binder Geschichte erzählen zu lassen. Heute gings noch zwei Stunden weiter, mit Fritz Popp habe ich mich unterhalten und ihm gesagt, daß im Internet sein neuer Roman hoch gelobt und besprochen wird. Ist es ja sehr interessant, was man alles im Internet findet und da habe ich ja schon vor ein paar Wochen herausbekommen, daß es die andere Buchmesse wieder gibt und zwar fand die Sonntag ab zwölf in einem Architekturbüro in der Seidengasse statt, so daß ich von Literaturtermin zu Literaturtermin wechseln konnte.
Margit Kröll, die Tiroler Kinderbuchautorin, die dabei Mitveranstalterin ist, habe ich schon gestern darauf angesprochen und sie erzählte mir, daß es einen Literatur Slam geben würde, zu dem ich mich angemeldet habe. Voriges Jahr, wo wir nach unserem üblichen Sonntagsspaziergang auf die Mostalm hingegangen sind, gab es ein Gewinnspiel, wo, da nur sehr wenige Leute dort waren, sowohl der Alfred als ich ein Buch gewonnen haben, so daß ich das Jugendbuch „Hexen hexen heimlich“, immer noch auf meiner Leseliste habe. Damals sind wir nur zur Fantasypräsentation von Torsten Low zuerecht gekommen, diesmal bin ich in das schön vertäfelte Altbaubüro eingetroffen, als Margit Kröll, die ja Betreuerin in einem Kinderhotel ist, gerade zauberte. Es gab im Erdgeschoß, die andere Kaffeeecke mit sehr viel Kuchen und den anderen Büchertisch, wo es Fantasy, Vampir, Kinder und andere Bücher zu finden gab und mir Torsten Low die Neuerscheinungen erklärte und einen Stock höher die Lesungen.
Am frühen Nachmittag gabs das Kinderprogramm, das ich im letzten Jahr versäumte. Diesmal hörte ich sowohl Nicole Engbers, als auch Margit Kröll aus ihren Kinder- und Jugendbüchern lesen. Nach der großen Pause, wo ich den ausgezeichneten Kirschcremekuchen verkostete, gabs den Literaturslam und zwar hatten sich da sechs Autoren, vier Frauen und zwei Männer angemeldet, die je zehn Minuten lasen. Ich war als erste dran und las ein Stückchen aus „Mimis Büchern“, was interessant war, weil ich keine Ahnung hatte, welche Art von Literatur nachher kam und das war auch eine interessante Mischung. Folgte nach mir doch Nina Horvath mit einem Fantasytext aus der Anthologie „Maschinengeschichten“, dann der Schauspieler Norbert Holoubek mit seinen Vorlesegeschichten „Lilo Lustig“, der den Slam auch gewann. Dann kam Martina Jung mit der ich mich in der Pause sehr lange unterhielt mit einer sehr interessanten Dreiecksgeschichte. Martina Jung erzählte mir später, daß sie bei Radio Orange eine Literatursendung macht und ein Buch bei Novum hat und der junge Fantasyautor, der nachher kam, hatte auch schon Bücher. Zuletzt kam Bettina Ferbus, mit einer Geschichte eines gefallenen Engels aus dem Buch „Jeder braucht mal einen Engel“.

Büchertisch © Magit Kröll

Büchertisch © Magit Kröll

Interessant was so alles an spontaner Literatur passieren kann. Nachher wurde abgestimmt und das Ergebnis bekanntgegeben. Der Preis waren zwei Bücher, darunter die Anthologie „Die andere Geschichte“, die Nicole Engbers, Ricardo Friedrich, Margit Kröll und Torsten Low herausgegeben haben und in der sowohl Literatur für Kinder als auch für Erwachsene enthalten ist. Die Vorstellung der Kinderschiene habe ich versäumt, bei den Geschichten für Ältere las Torsten Low eine sehr beeindruckende Geschichte eines dementen alten Mannes, die „Heimkehr“ oder so ähnlich hieß, wo ein Mann nach Hause geht, bemerkt, daß sich dort, wo einst eine Bäckerei war eine Dönerbude befindet, der Schlüßel sperrt nicht, es öffnet eine fremde Frau und es stellt sich heraus seine Frau Maria ist schon lange tot, er wohnt jetzt im Marienstift und die Polizei bringt ihn dort zurück. Sehr packend beschrieben, auch der Nachsatz Torsten Lows, daß mehr Geld für Viagratabletten und Schönheitsoperationen als für Demenzforschung ausgegeben wird, so daß später alle mit steifen Schwanz und schönen Busen herumgeistern werden, aber eigentlich ist das Altern ein natürlicher Prozeß und nur wir tun uns sehr schwer damit, denn man könnte ja auchfragen, warum wohnt der alte Mann nicht in seiner Wohnung und wird dort von einer Pflegerin, Tochter, etc betreut? Dann braucht man keine Polizei und keine Fantasyeffekte.

Martina Jung, Bettina Ferbus, Norbert Holubek, Nina Horvath, Eva Jancak © Margit Kröll

Martina Jung, Bettina Ferbus, Norbert Holubek, Nina Horvath, Eva Jancak © Margit Kröll

Aber es war ohnehin keine Fantasygeschichte und auch Paul Fülöp, ebenfalls ein excellent vortragender älterer Herr hatte mit seinem Text „Die Sonne und ihr Schicksal“ keine solche. Vorher zauberte Margit Kröll Ballonfiguren, die wahrscheinlich das Baby von Torsten Low sehr freute. Danach präsentierte Paul Fülöp sein neues Buch „Abschied und Ankunft im Licht der Bewegung“, die eine Aphorismensammlung zu sein scheint, mit Musik von Andre Müller. Da kamen Sätze vor wie „Ich will die Schöpfung machen, sagte Gott“ und der seinem Sohn gewidmete Text, war ebenfalls sehr berührend, da fragt der Sohn, wo die Mama ist?, beim lieben Gott, was macht sie dort?, fragen wir sie, der Sohn findet als Anwort, daß sie mit dem lieben Gott auf die Welt aufpasst, was ihn so befriedigt, daß er einen Kakao trinken gehen will. Stark geschrieben und gelesen. Danach folgten die aktuellen Bücher des Torsten Low Verlags und die waren ebenso stark, wenn auch wieder mehr phantastisch. Als erstes erzählte Torsten Low welche Preise, das Buch das er das letzte Jahr präsentierte, inzwischen gewonnen hat, einen Preis hat auch Nina Horvath bekommen, dann stellte er die neue Anthologie vor, die sich mit dem Thema „Steine“, bzw. den Wasserspeiern an den Häusern beschäftigt. Das Buch heißt „Geisterhafte Grotesken“ und die Geschichte die Torsten Low las, war wieder erstaunlich realistisch. Da klettert ein pubertierendes Mädchen auf Aufforderung ihrer Freunde auf so ein Haus, nur kommt es dann nicht mehr zurück, sondern wird selbst zu einem Stein. Das zweite Buch war Stephanie März Vampirroman „Blutiger Kuß“, der ebenfalls sehr interessant und packend zu sein scheint und es um die Beziehung zwischen einem Vampir und einem kleinen Mädchen geht, Kakao trinken kommt auch dabei vor. Stephanie März erzählte, daß sie ihn für ihre Tochter geschrieben hätte und las ein Stück vom Anfang vor. Dann wurde es wieder heftiger, denn es folgte ein sogenannter Kannibalenhorror, dazu zog sich Torsten Low eine blutbefleckte weiße Schürze an und servierte kleine Würstchen. Danach wäre noch Musik und die Verabschiedung gefolgt. Das habe ich aber geschwänzt, beim Hinausgehen wäre ich beinahe in Radek Knapp gerannt und es war heuer auch gut besucht. Eine interessante Begegnung mit interessanten Autoren in einer beeindruckenden Genremischung, spannend, was es so abseits des üblichen Mainstreams gibt, viel mehr als Thomas Bernhard, Peter Handke und Elfriede Jelinek, aber das habe ich schon gewußt.

2011-02-26

Verfahren

Filed under: Uncategorized — jancak @ 09:18

„Verfahren“, der neue Dokumentationsroman von Ludwig Laher wirft wieder ein aktuellen Thema auf. Ein höchst aktuelles sogar, wurden ja unsere Asylgesetzte ausgerechnet diese Woche verschärft und von den Abschiebepraktiken unserer Behörden war in den letzten Monaten und Wochen ebenfalls sehr oft die Rede.
Wieder nähert sich Ludwig Laher sehr gründlich und bedächtig seinem Thema an. So beginnt die teilweise erfundene Geschichte, der Kosovo-Serbin Jelena mit einer Demonstation gegen Frau Minister Fekter, dieser Name wird in dem Buch nicht erwähnt und auch Jelena wird in Wahrheit anders heißen, um uns dann einen Blick in die Akten der Asylbehörden werfen zu lassen, wo es von Fremdwörtern und unverständlichen Abkürzungen nur so wimmelt. So wird Jelena, obwohl sie ja eine junge Frau ist, nur AW – Asylwerber genannt, nur bei der ASt. – Antragstellerin ist man etwas gendergerechter.
Nach und nach erfährt man die Geschichte, über die Ludwig Laher im gestrigen von „Tag zu Tag“ Interview meinte, daß schließlich ohnehin viel zu wenig davon erfunden ist. Jelena ist als Angehörige der serbischen Minderheit im Kosovo aufgewachsen, es gibt einen gewalttätigen, trinkenden Vater, der irgendwann die Familie verlassen hat, so daß Jelena sich nicht mehr an ihn erinnern kann, einen Bruder, der stärker, als die Schwester, die Familie verließ, nachdem das Haus angezündet wurde und die beiden kleineren Geschwister darin verkohlten, die Mutter stirbt an Krebs. Jelena kommt in psychiatrische Behandlung und wird in der Neuropsychiatrischen Klinik an den Wert ihrer Matura erinnern, die soll sie machen, um später eine gute Zukunftsaussicht zu haben. So klammert sie sich daran, ein UNMIK-Soldat verschafft ihr eine Stelle als Putzfrau in der Kantine, sie wohnt im leerstehenden Nachbarhaus, besteht die Matura, wird von vier Albanern entführt und vergewaltigt, was sie das scharfe Putzmittel mit dem sie die Klos putzen soll, schlucken läßt, so daß sie wieder in die Klinik kommt, wo ihr die überforderte aber sehr bemühte Ärztin, die Flucht als Rettung und Heilung in Aussicht stellt, denn in Österreich wird Jelena, meint sie, auf Grunde ihres Schicksals sicherlich leicht Asyl bekommen wird. Was sich als Irrtum herausstellen sollte, denn die Dolmetscherin, eine Albanerin, ist so schwer zu verstehen, daß im Asylantrag später falsche Angaben stehen und die Frage, ob sie krank ist, wird Jelena auch verneinen, denn Krebs, Masern oder Mumps hat sie ja nicht, was schwere Folgen haben wird, denn dadurch wird ihr Antrag abgelehnt und hat man erst einmal falsche Angaben gemacht, läßt sich das später nicht mehr korriegieren.
Dazwischen führt uns Ludwig Laher in einen Gerichtshof und läßt uns einer Verhandlung beiwohnen, er schildert auch die Richter als durchaus freundliche Menschen, die den blondgelockten Dreijährigen, die ihm ihre Sportautos vor die Füße fahren, die freundlich zurückschicken. Wir lernen Dr. Zellweger einen Asylrichter kennen, der sich Gedanken zu seinen Fällen macht, zuhört und gelernt hat, die Lüge von der Wahrheit zu unterscheiden. Denn Ludwig Laher recherchiert genau und versucht objektiv zu berichten.
Von einer blauäugigen Gutmenschposition ist das Buch sehr weit entfernt. Dr. Zellweger erzählt uns bzw. Ludwig Laher durchaus Fälle, wo die Menschen aus den ärmeren Ländern halt versuchen ihr Glück im goldenen Westen zu probieren, wie ein anderer ins Spielcasino geht, klappt es nicht, macht es auch nichts, dann wird schon mal am Tag vor der Verhandlung eingebrochen, weil man, wenn man ohnehin zurück muß, wenigstens etwas haben will, das sich der Familie mitbringen oder am Schwarzmarkt verkaufen läßt.
Die Lehrerin kommt vor, die sich in ihrer Pension der Flüchtlingsbetreuung widmet und der inzwischen über achtzigjährige Arzt, der es der Initiative seiner Mutter verdankte, die vor langer langer Zeit alle Hebel in Bewegung setzte und die Patientenkartei ihres Mannes, einem Wiener Hausarzt nach Hilfsmöglichkeiten durchsuchte, um wenigstens die Kinder nach dem Anschluß aus Wien hinauszubringen. Der heiratet in England, emigriert im hohen Alter zu seiner Tochter nach Canada und kommt doch wieder nach Wien zurück, um sich dieses anzusehen, bzw. zwei Flüchtlingen, die jetzt dort Aufnahme suchen, mit je fünfzig Euro im Monat zu unterstützen.
Eine davon ist Jelena, deren Fall doch wieder aufgerollt wird und die inzwischen eine kleine Wohnung, eine junge Österreicherin, die mit ihr Deutsch lernt und eine schon integrierte serbisch-kosovarische Familie, die ihr einen Anwalt besorgte, gefunden hat.
Auch die Stimmen am Stammtisch kommen gelegentlich vor, allerdings nur leise und sehr wenig, denn da hält sich Ludwig Laher, der genau und objektiv berichten, will, wie er ebenfalls im gestrigen Interview erklärte, bewußt zurück. Emotionen schaden nur und auch das Geschimpfe auf das Gesindel und die Wirtschaftsflüchtlinge, die uns nur die Arbeit wegnehmen wollen und uns bedrohen.
So ist das Lesen des Dokumentationsromans, wie ich meine, sehr zu empfehlen, erfährt man doch sehr viel über das Schicksal der Menschen, die zu uns gekommen sind, um eine Weile oder auch länger bei uns zu leben, was man in der Kronenzeitung beispielsweise nicht erfährt.
Die Menschen und die Schicksale bekommen Gesichter und das Leben im Kosovo kann man sich dadurch auch besser vorstellen. So bin ich zum Beispiel sehr erstaunt, daß die psychiatrischen Kliniken dort so gut funktionieren und die Patienten, obwohl das ja sicher nicht leicht ist, so gut wie möglich zu betreuen versuchen.
Ansonsten ist mir das Thema ja vertraut, habe ich ja eine Zeitlang Diagnostik bei traumatisierten Asylwerbern gemacht und Ludwig Laher kenne ich auch schon lang. Vor Jahren habe ich ihn entweder bei der GAV oder bei den IG-Autoren, wo er sich ebenfalls sehr engagiert, kennengelernt. War bei einigen seiner Lesungen und habe ihn auch im Radio öfter gehört. So weiß ich, daß der bei Haymon erschienene Roman, der dritte Teil einer Reihe ist, mit der sich Ludwig Laher mit den Rändern unserer Gesellschaft und den Menschen, denen es nicht so gut geht, beschäftigt.
„Und nehmen, was kommt“, 2007 ebenfalls bei Haymon erschienen ist der erste Teil, der sich mit dem Schicksal einer slowakischen Romni beschäftigt.
„Einleben“, handelt vom Leben mit einem Kind mit Down-Syndrom, darüber habe ich schon berichtet und Ludwig Laher für die Jury des „Ohrenschmauses“ empfohlen, jetzt schließt er die Reihe mit einem weiteren wichtigen Thema ab.
Eine kleine Kritik habe ich natürlich auch, bei dem Buch, das ich gelesen habe, es ist ein vom Verlag zur Verfügung gestelltes Leseexemplar, gibt es keine Angaben über den Autor und das ist die Struktur, die ich beim Lesen brauche.
Gut, ich kenne Ludwig Laher persönlich und kann auch bei Wikipedia nachschauen, daß er 1955 geboren ist, Germanistik studierte, Lehrer war und jetzt als Schriftsteller in St. Pantaleon in Oberösterreich lebt. Bei den richtigen Bücher, die ab heute erscheinen, hoffe ich, daß das drinnen steht, denn Angaben über den Autor gehören sicher auch zur Objektivität.
Es gibt aber ein ausführliches Abkürzungsverzeichnis der juristischen Floskeln und ein Nachwort des Autors, über dem er einiges über die Entstehungsweise des Buchs erzählt, das am 7. 4. um 19 Uhr in der Alten Schmiede vorgestellt wird.

Nicht zu lange Hörspielnacht

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:27

Ich bin ja keine besondere Hörspielfreundin, so höre ich mir die beiden Hörspielleisten, die Ö1 zu bieten hat, auch nicht besonders häufig an und wenn dann die Karte kommt, mit der man das Hörspiel des Jahres wählen kann, schicke ich sie nicht ab, weil ich ja raten müßte. Zu der langen Nacht des Hörspiels, die es seit 1993 gibt, gehe ich aber gelegentlich hin. Wahrscheinlich deshalb, weil mich die erste, wo man durch die Studien gehen, die Hörspiele live hören, live abstimmen und in den Pausen auch noch Gulasch essen konnte, sehr beeindruckt hat. Da hat es auch noch lang gedauert. Inzwischen hat sich die Veranstaltung eingespielt und ist immer kürzer geworden. So gibt es seit so und so vielen Jahren, die Wahl des Schauspieler des Jahres, den Kritiker Preis und die Kurzhörspiele, die Hörspiele werden nicht mehr live abgestimmt und inzwischen auch nicht mehr ganz gespielt, sondern nur mehr in kleinen Probestückerln. Buffet gibt es auch keins mehr. Dafür ist immer noch Prominenz zu sehen und nachdem ich eine Zeitlang nicht mehr dort gewesen bin, bin ich im vorigen Jahr wieder hin und auch heuer dort gewesen. Daß Cornelius Obonya Schauspieler des Jahres wurde, war schon eine Weile bekannt, Freitagmorgen war er auch in der Sendung Leporello und am Abend mahnte die Laudatorin des Kritikerpreises zur größeren sprachlichen Genauigkeit, weil es ja eigentlich Hörspieler heißen müße und sie hoffe, daß es im nächsten Jahr einen solchen geben wird.
Ich greife vor, denn zuerst bin ich in den großen Sendesaal gekommen und habe meinen Platz zufällig hinter Konrad Zobel gefunden, der ja im Sommer meinen Artikel fand und mich in seinem Kommentar „Herr Jancak“ nannte. Weiblich bin ich immer noch, das hat sich nicht geändert, weil aber inzwischen Alfred Treiber in Pension gegangen ist, hat Peter Klein moderiert. Den Kasten mit dem afrikanischen Kunsthandwerk, wo sich jeder der Auftretenden etwas aussuchen konnte, gab es noch und es begann mit Hörspielmusik von Max Nagl und seiner Band. Dann kam Sigrid Löffler mit ihrer Eröffnungsrede, in der wie irgendjemand bemängelte, ich weiß ich mehr, ob das die Kritikpreislaudatorin war, daß dabei das Wort „Hörspiel“ kein einziges Mal erwähnt wurde. Es ging aber um die österreichische Literatur und die Frage, ob es eine solche gäbe? Ich weiß nicht mehr genau, ob Sigrid Löfflers Antwort darauf ja oder nein gewesen ist. Sie erwähnte jedenfalls drei österreichische Literaten, nämlich Thomas Bernhard, Peter Handke und Elfriede Jelinek, wobei der erstere, wie wir wissen vor zweiundzwanzig Jahren gestorben ist. Dafür gehört er inzwischen zu den Staatskünstlern, hat ihn doch die österreichische Rache inzwischen vom Staatsfeind zu einem solchen gemacht. Dazu kann ich nur sagen, daß ich mehr österreichische Literaten kenne und es sehr schade finde, daß immer nur die drei Namen erwähnt werden. Stimmt nicht, von Arno Geiger und, daß er Chancen hat Preisträger beim Leipziger Buchpreis zu werden, hat Sigrid Löffler auch gesprochen.
Dann ging es weiter mit den Hörspielnamen bei denen Cornelius Obonja mitwirkte, es gab Ausschnitte daraus, eine Laudatio von Philipp Blom, die Rede des Preisträgers und eine Pause, wo mich Patricia Brooks begrüßte und deren Hörspiel „Stella und der Koch“, daß ich zufälligerweise gehört habe, ist unter die besten elf gekommen. Es wurde auch noch die Regisseurin begrüßt, die kurz erklärte, wie die Produktion entstanden ist. Im zweiten Teil wurden die elf besten Hörspiele vorgestellt und die Entscheidung der fünf Kritiker bekanntgegeben. Da hätte zwar fast das Hörspiel der Bettina Balaka gewonnen, die Jury ist dann aber doch bei dem von Sabine Steinfeldt geblieben, wo es um eine Beziehung zwischen einem Meinungsforscher und seiner Probandingeht. Es gab eine Hörprobe von neun Minuten und eine zweite Pause. Dann wurden die Sieger des Kurzhörspielwettbewerbs, die inzwischen im Klangtheater ermittelt wurden, bekannt gegeben. Eine Menge sehr junger Mädchen erstürmten die Bühne und durften sich ihre afrikanischen Fruchtbarkeitsgöttinnen aussuchen. Der dritte Preis ist an Susanne Toth, die ich vom Lesetheater kenne und eine Musikerin gegangen, die einen sehr schönen Text namens „Begenschelle“ hatten.
Die Spannung wuchs, ich tippte auf Daniel Glattauer und seine „Sieben Wellen“ als Siegertext, es gewinnen immer die großen Namen und tippte falsch. Denn das ist nur der dritte Preis, der zweite ging an eine Arbeitslosenparodie von Patricia Josefine Marchard und der erste Preis an „Die kleinere Reise“ von Alois Hotschnig gegangen und das scheint ein sehr interessantes Stück zu sein. Es gab zwar nur eine Hörprobe von zehn Minuten, es geht dabei aber, um zwei alte Leute, über das Einkaufen und das Essen und die Sorgen, die sie sich machen, was sie am nächsten Morgen einkaufen sollen: „Milch, ein Viertel Butter, etwas Käse, Sardellen, Gurken nein“ und das ungefähr die gesamten zehn Minuten in veränderter Reihenfolge. Wenn die Männerstimme dann schon sehr verzweifelt ist, mischt sich eine gütige Frauenstimme ein und meint „Du wirst es nicht vergessen, versuche jetzt zu schlafen!“
Das Gute Nacht kam dann von Peter Klein, der die preisgekrönten Hörspiele zu den nächsten Hörspielzeiten ankündigte und noch auf Bier und Würstel ins Kultur Cafe lud. Ein bißchen Prominenz gabs noch zu sehen und beim nach Hause gehen habe ich Herrn Blaha getroffen, der mir erzählte, daß er eine ganze Sammlung historischer Hörspielen hat.

2011-02-25

Etwas Wichtiges fehlt

Filed under: Uncategorized — jancak @ 11:20

Textvorstellungen in der Alten Schmiede. Reinhard Wegerth stellte drei starke Frauen mit drei neuen Texte vor. Nicht Romane sondern Recherchen Assoziationen abgehackte Textstellen, Träume, Berichte usw. zu drei wichtigen gesellschaftkritischen Themen und interessantes Detail am Rand, die drei Bücher sind in Kleinverlagen erschienen, nämlich Arovell und Bibliothek der Provinz, die also kaum in den Buchhandlungen, in Besprechungen und bei Preisen zu finden sind. Wichtige Themen und auch solche, wie Reinhard Wegerth in der Diskussion bemerkte, bisher kaum literarisch verarbeitet wurden.
Gertrud Klemm, die 1971 geborene Schreibpädagogin aus Baden schrieb in „Mutter auf Papier“ über den unerfüllten Kinderwunsch, der schließlich in einer Adoption Erfüllung findet und sie schreibt in einer starken, fast schon aggressiven Sprache, die guten Wünsche der Freundinnen kommt darin vor, das wirst schon sehen, wird schon gehen, der Neid der Frau auf die Mütter und die Kinderwagen und der Gynäkologe bzw. Urologe „Gyn 1“ und „Uro 1“ steht auf der Autonummer ihrer superschicken Schlitten und dann gibts keinen Raum für die Urinabgabe, das Kind wird schließlich in Afrika oder so adoptiert, da muß man vorher aber den Hundertpunkteplan für die Adoptionsfreigabe erfüllen: Pflegemutterschulung, Gesundheitsuntersuchung, psychologisches Attests, Leumundszeugnis etc und dann steht Frau vor der Schwierigkeit das schwarze Kind dem siebenundneunzigjährigen Naziopa zu präsentieren „Schau her, das ist dein Urenkelsohn!“, worauf der nur lapidar „Das Kind ist ja braun nicht schwarz!“, antwortet.
Dann kam Gerda Sengstbratl aus Klosterneuburg mit „Einer ist hier schon verrückt geworden“, aus dem ich schon beim letzten „Tag der Freiheit des Wortes“ eine Lesung hörte, das ein ziemlich ähnliches Thema hat, bzw. in ähnlichen Stil geschrieben ist, nämlich der Spießrutenlauf einer Frau, die einen schwarzen Asylwerber heiraten will und sich durch den Dschungl der Verschärfungen von 2006 mit einer ähnlich starken Sprache bzw. einem ähnlich abgehackten Stil kämpft und sich dagegen sich wehrt.
Interessant, daß Gertrud Klemm und Gerda Sengstbratl Freundinnen sind, sich aus der gleichen Schreibgruppe kennen, ich glaube, das ist die, die unter der Leitung oder Supervision von Petra Ganglbauer stattfand, wo ich auch bei einigen Lesungen war und zur gleichen Zeit ihre Bücher schrieben und noch einmal interessant, das Reinhard Wegerth sie zusammen einlud.
Die dritte Autorin, nämlich Christine Werner ist mir ebenfalls bekannt und ist auch eine starke Stimme, kenne ich sie ja durch ihre Performances, die sie bei den Widerstandslesungen bot und habe mit ihr vor zwei Jahren in der Alten Schmiede gelesen. Sie trat mit ihrem Buch „Die Arbeitslosenpolizei“, aus dem ich auch schon Stellen kannte, ziemlich performanistisch auf. So begrüßte sie ihr Publikum gleich einmal als Arbeitslose, legte ein weißes Tischtuch auf den Lesetisch und stellte zwei handgestrickte rotweißrote Österreichfahnen in eine Vase. Dann las sie Protokolle aus den AMS-Kursen, wo die Trainer den Kursteilnehmern positives Denken und positives Auftreten, a la es liegt nur an dir selbst, ob du Arbeit kriegst, vermitteln wollen und von einem Arbeitslosen, der im Billigladen kauft.
Ein interessanter Abend und eine interessante Zusammenstellung, die zeigt, daß es in der österreichischen Gegenwartsliteratur nicht nur sprachlich schöne, experimentelle Worte, sondern auch durchaus starke Stimmen, realistische Texte und auch unverbrauchte Themen gibt, schade nur, wenn sie den Weg nicht in die große Öffentlichkeit finden.
Die Alte Schmiede war aber sehr voll. Irene Wondratsch habe ich gesehen und die war, glaube ich, auch in dieser Schreibgruppe, bzw. ist sie ebenfalls Schreibpädagogin.

2011-02-24

TextHobelSpäne

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:03

Bei meiner Recherche durch die Welt der Schreibwerkstätten bin ich auf den Texthobel gestoßen, nicht jetzt, sondern schon vor einem Jahr, da habe ich einmal, nach der Leondinger Akademie gegooglet und bin auf Thomas Wollinger gestoßen, den schon Anni Bürkl verlinkt hatte und seither verfolge ich seinen Blog „Schreiben“, den ich auch eifrig kommentiere und Thomas Wollinger, 1968 geboren, Softwareentwickler, der 2004 bei btb den Roman „Die Archäologin“ herausbrachte, seit 2001 sein Schreiben über einen Blog kommentiert, leitet seit 2005 eine Schreibwerkstatt namens „Texthobel“ und deren Teilnehmer präsentierten sich beim Literaturverein ALSO im Cafe Anno in der Lerchenfelder Straße, der irgendwie mit der Literaturzeitschrift Radieschen bzw. DUM zusammenhängen dürfte.
Das eine solche Lesung stattfindet, hatte ich schon durch den Blog der Emily Walton erfahren und so bin ich statt zu den Textvorstellungen in der Alten Schmiede mit Angelika Reitzer in den siebenten Bezirk gegangen.
Zehn Namen standen am Programm: Sigi Borutta, Gudrun Büchler, Thomas Happ, Christina Hermann, Margit Heumann, Petra Hopferwieser, Saskia Hula, Anna Lehner, Nicole Makarewicz und Emily Walton.
Neun haben gelesen, eine Frau von dem Kulturverein hat begrüßt und erklärt, daß im Cafe Anno üblicherweise der AnnoLiteraturSOnntag stattfindet, bei dem junge oder weniger bekannte Literatinnen Auftrittsmöglichkeiten haben sollen. Es gibt drei Wege zu einer Lesung zu kommen, erstens sich selbst zu melden, nicht so gut, denn dann weiß man nicht, wie die Qualität ist und die ist wichtig, zweitens über die Zeitschriften Radieschen oder Dum und drittens über die Poetry Slam Bewegung, denn wenn man da gut ist, wird man eingeladen.
Dann wurde Thomas Wollinger vorgestellt und Viktoria Frysack vom Texthobel-Schreibtisch, den gibt es auch und der trifft sich regelmäßig im Votiv Cafe, wie einstmals die logischen Denker, führte durch den Abend.
Da hatte ich schon Thomas Wollinger kennengelernt und Margit Heumann, neben der noch ein Platz im dem sehr Lesezimmer frei war, sagte mir, daß sie mich vom Amerlinghaus kenne, das passiert mir in letzter Zeit öfter, daß mich jemand anspricht, der mich kennt, so gabs auch keine Schwellenangst.
Die Lesenden hatten, wie sich herausstellte, schon durchaus ihre Publikationen, ihre Stipendien und stehen sogar auf der ORF-Bestenliste, die einen mehr, die anderen weniger. Thomas Happ der mit einem Text zu dem ihm die letzten Schiunfälle angeregt hatte, wo jemand offenbar auf der Intensivstation zu sich kommt und sich neu in das Leben kämpft, hat, glaube ich, noch nicht so viel veröffentlicht, dafür aber Gudrun Büchler, die einen sprachlich sehr interessanten Text las, der schon im DUM erschienen ist, von einer Frau, die um dem Zwiebeldurft in ihrer Wohnung zu entgehen und auch nach einer blauen Tasse sucht, mit ihrem Hund namens Baronin auf die Straße geht und den dann dort verliert, die Tasse aber findet.
Dann folgte die 1976 geborene Journalistin Nicole Makarewicz, das ist die mit der Empfehlung für die Besten Liste, sie hat zwei Bücher, den Roman „Tropfenweise“ und den Erzählband „Jede Nacht“, mehrere Preise und einen sehr beeindruckenden Text von einem Mann oder einer Frau, die von der Liebe zu ihrem krebskranken Partner erzählt, nachdem die Hospitz-Schwester die Wohnung verlassen hat.
Saskia Hula ist eine erfolgreiche Kinderbuchautorin, hat das Mira Lobe Stipendium bekommen, leitet die Texthobel Werkstatt für Kinder und Jugendliteratur und las die Geschichte „Die sieben Leben meiner Katze“, wo ein böser neuer Briefträger eine Katze überfährt, die sich dann solange in verschiedene Tiere verwandelt, bis sie als kleines graues Kätzchen, zu dem Ich-Erzähler, der von einem Papa aufgezogen wird, zurückkommt.
Dann kam die Vorarlbergerin Margit Heumann mit einer Mischung aus Kinderspielen und Kochrezepten und eine Pause, danach ging es weiter mit einer Collage der Cellistin Petra Hopferwieser und Romanauszügen von Sigi Borutta, Christina Hermann und Emily Walton, die ich nun ebenfalls persönlich kennenlernte, aber wußte, da ich ihren Blog verfolge, daß sie einen Text in der letzten Wortlaut-Anthologie hat, im Kurier und im Falter viele Rezensionen schreibt und auch immer viele Leselisten hat. 1984 wurde sie in Oxford geboren, jetzt las sie zum ersten Mal aus ihrem Romanprojekt, das in der Schreibwerkstatt geboren wurde, wo eine Frau, die einen Partner sucht, zu einer Lebensberatersekte kommt, die ihr Glück durch Mittelmäßigkeit verspricht. Eine interessante Idee, wie es überhaupt interessant war zu erfahren, was sich in den Schreibwerkstätten so alles tut, denn da gibt es viele Vorurteile, bzw. hat sich in den letzten Jahren viel verändert.

2011-02-23

Essays, Reportagen, Feuilletons von Joseph Roth

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:49

Im Literaturhaus gibt es die Joseph Roth Gesellschaft dessen Obmann der ehemalige Leiter Heinz Lunzer ist und weil sich der für Joseph Roth sehr interessiert, gibts und gabs auch immer wieder Joseph Roth Veranstaltungen. In den Neunzigerjahren hat er eine Reise nach Lemberg auf den Spuren Joseph Roths veranstaltet, ich habe mich dafür interessiert, bin aber nicht mitgefahren, weil ich mir das Visum selbst besorgen hätte müssen. Heute tut mir das ein wenig leid. 2008 gab es eine große Ausstellung über Roth und das Exil in Paris, wo der Trinker ja gestorben ist und darüber zu hören, hat mich damals sehr berührt. Otto Lambauer ist ein großer Roth Verehrer,liest und hört alle seine Werke, im letzten Jahr gab es das übergreifende Projekt „Mit Sprache unterwegs – auf den Spuren Joseph Roth“, bei dem ich auch ein wenig mitmachte, bei der letzten langen Nacht des Hörspiels hat die Peschina-Fassung von der 1002. Nacht gewonnen und wenn ich mich nicht irre, gabs noch eine Veranstaltung im Literaturhaus, über die ich schon berichtet habe und jetzt die Vorstellung des Wallstein Buchs „Ich zeichne das Gesicht der Zeit“.
Ich bin ja kein so besonderer Roth Fan, wie ich überhaupt kein Fan von irgendjemanden bin, trotzdem hat mich der 1884 in Brody geborene und 1939 in Paris gestorbene Dichter immer interessiert. Im Bücherschrank meines Vaters gab es den „Radezkymarsch“ und das Buch wurde in den Siebzigerjahren ja verfilmt, das habe ich im Gartenhäuschen meiner Eltern im gesehen, habe mich darüber gewundert, daß da nur eine einzige Frau vorkommt und das ist eine Hure und mit dem Abgesang der Monarchie habe ich damals nicht viel anfangen können und vom Lauf der Geschichte nach meiner Knödel-Akademie-Matura auch nicht viel verstanden.
Dann kam ein runder Geburts- oder Todestag und da ich mir damals noch Bücher kaufte, habe ich mir ein paar der Kiwi-Taschenbücher gekauft. „Hotel Savoy“, „Rechts und Links“,“Das Spinnennetz“. „Unter dem Bülowbogen“ und die Lunzer-Biografie habe ich mir von meinem Vater zu Weihnachten schenken lassen, als ich ihn noch betreute.
Jetzt bin ich ins Literaturhaus gegangen, um etwas über Roth als Essayisten, Reporter und Feuilletonschreiber zu erfahren und vor allem in die Joseph Roth Gesellschaft einzutauchen.
Das neue Buch und der Ausstellungskatalog von 2008 lagen am Büchertisch, daneben ein bißchen Infomaterial über die Gesellschaft „Werden Sie Mitglied – Wir brauchen Sie!“, ein kopierter Zeitungsartikel aus dem Standard über die Veranstaltung und ein Artikel über einen „Spaziergang in Paris“, der allerdings nur für die Mitglieder erhältlich war.
Robert Huez hat eingeleitet, dann kam Heinz Lunzer und erzählte mit begeisterten Gesicht über seine Begeisterung bezüglich der Gesellschaft, die sich vor vielen Jahren daraus entwickelt hatte, daß Roths Schwester, bevor sie in ein Altersheim übersiedelte, den Nachlaß ihres Bruders an das Literaturhaus schickte und dann konnte Heinz Lunzer noch das Material des ersten Übersetzers um viel Geld kaufen.
Jetzt gibts die Gesellschaft, sie hat viel zu tun und sie dürfte sich auch mit Thedel von Wallmoden vom Wallsteinverlag getroffen haben und mit ihm die Herausgabe des Rothes Briefwechsel und Essay- und Reportagenwerks besprochen haben. Der erste Band ist jedenfalls erschienen und so hielt der Verleger das Einleitungsreferat und erzählte, daß die siebzig Jahre Urheberschutz vorrüber sind, jetzt kann jeder Roth verlegen und viele tun das auch, Diogenes, Wallstein, Kiwi und Manesse und zitierte Kurt Wolff, der vor vielen Jahren sagte, daß es Bücher gibt, die die Leute lesen wollen und solche, die sie lesen sollten.
Bei Joseph Roth trifft inzwischen beides zu. Dann zitierte er seine Lieblingsstelle aus dem Radetzkymarsch. Dann kam der Herausgeber Helmuth Nürnberger ein sehr alter Mann und Fonante Spezialist, der aus Schleswig-Holstein kommt und sprach über seine Liebe zu Joseph Roth und die Buch-Herausgabe, sein Lieblingstext ist eine Reportage über einen Stierkampf. Im Anschluß kamen sieben Mitglieder der Gesellschaft, ebenfalls meist ältere Männer und Frau Lunzer mit ihren Lieblingstexten, die meisten bezogen sich zwar nicht auf Reisereportagen, Essay und Reportagen, sondern auf die Romane. Sie waren aber interessant, gab es da ja einen sehr sehr packenden Text aus „Juden auf Wanderschaft“, wo es um die Ostjuden ging, die sich im zweiten Bezirk ansiedelten und ihre Schwierigkeiten mit den Polizisten haben, bei denen sie sich anmelden mußten, denn diese hatten im Allgemeinen etwas gegen Juden und gegen Ostjuden überhaupt und diese hatten meist keine Papiere, weil es in den Standesämter in Litauen oder der Ukraine offenbar ständig brannte, die Geburtdaten nicht stimmten und die Namen überhaupt so komisch sind, daß sich die Ostjuden, nachdem sie drei- bis viermal weggeschickt worden waren, angewöhnt hatten, falsche Angaben zu machen, so daß sich die Beamten über die Ostjuden wunderten und diese über die Beamten.
Wenn man, wie ich heute im Radio die Debatte über die Verschärfung des Asylgesetzes gehört hat, überkommt einem das Gruseln, denn das ist noch heute so, wie es Roth in den Zwanziger oder Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunderts so scharf beschreibt. Es gab noch eine Stelle aus dem Radetzkymarsch und eine Frau aus Holland oder Belgien las das Ende des Romans „Beichte eines Mörders“, den Joseph Roth in Amsterdam geschrieben hat, wo er 1936 vier Monate im Hotel Eden in Bahnhofnähe, im Rotlichtviertel wohnte und, wo er diesem Hotel, wo ihn der Besitzer umsonst wohnen ließ, in der Schlußszene auch ein Denkmal setzte.
Nachher gab es sehr harte Kekse und was zu Knabbern, Robert Huez schenkte aus und meinte auf meine erstaunte Frage, daß er nicht damit gerechnet hätte, daß so viele Leute kämen. Aber als ich das letzte Mal bei einer Joseph Roth Veranstaltung im Literaturhaus war, las Elisabeth Reichert einen Text, der sich auf Joseph Roths Frau bezog, die offenbar in der NS-Zeit am Steinhof umgekommen ist und ich, weil ich ein wenig herumgetrödelt habe, nicht mehr im Hauptraum Platz fand, war es auch sehr voll.

2011-02-22

Die roten Großmütter

Filed under: Uncategorized — jancak @ 05:03

Vera Schwarz hat, glaube ich, im Jahr 2000 bei der Lesetheateraufführung meiner Texte im Little Stage mitgelesen und ist die Tochter von Susanna C.Schwarz-Aschner einer Lesetheater-Aktivistin und die Enkeltochter von Ilse M.Aschner, die in der GAV Sekretärin war, als ich dort aufgenommen wurde und hat eine Diplomarbeit über einige Frauen geschrieben, die infolge des Einmarschs der Russen in Prag 1968, ausgeschlossen oder ausgetreten sind, die dreifach unsichtbar waren, als Frauen, als Kommunistinnen und als Ex-Parteimitglieder, die 2010 im Peter Lang Verlag herausgekommen ist und am Montag mit ihr und ihrer Mutter im Rahmen einer Lesetheateraufführung vorgestellt wurde.
Ein bißchen habe ich daraus schon bei einer Lesetheaterfestveranstaltung im Oktober gehört, dachte aber, daß es in dem Buch um Vera Schwarz Mutter und Großmutter geht, die Diplomarbeit, die wie Vera Schwarz meinte, auch literarisch sein sollte, beschäftigt sich aber auch mit anderen Frauen und zwar wurden Interviews mit Ilse M. Aschner, Hannah Fischer, Lisa Markstein, Maria Verber und Maria Zottl geführt und die Lesetheateraufführung begann damit, daß Vera Schwarz ein bißchen erzählte, wie es zu den Parteiaustritten oder Ausschlüßen gekommen ist. Von den großen KPÖ-Krisen, habe ich zwar immer gehört, daß da einmal wild gestritten, gespalten und ausgeschlossen wurde, aber das genaue Wie und Warum, habe ich nicht genau gewußt und so war es interessant zu erfahren, was da an dem Parteitag passiert ist, Ernst Fischer wurde ausgeschlossen, die besagten Frauen ausgetreten, die trotzdem später politisch tätig und aktiv waren.
Ich war 1968 fünfzehn und noch nicht sehr politisch, in den Bund demokratischer Frauen, bin ich erst rund zehn Jahre später gekommen, da hat mich, die inzwischen verstorbene Monika Jensen, auch eine, deren Familie emigrieren mußte und daher in New York geboren wurde, nach Wien zurückkam und mich Ende 1978 über den Vortrag „Warum Frauen schreiben“ und den sich darauf gegründenden Arbeitskreis schreibender Frauen informierte, so bin ich dorthin gekommen und aufs Volksstimmefest, habe Irma Schwager und Erika Danneberg kennengelernt, die Frauen, die nicht aus der KPÖ ausgetreten sind, Ilse M. Aschner kenne ich, wie erwähnt über die GAV, Vera Schwarz und Susanna Schwarz-Aschner über das Lesetheater und Hannah Fischer die Psychologin und Kindergärtnerin durch die Sigmund Freud Gesellschaft bzw. weil es, als ich als Kind in dden Ferien mit den Kinderfreunden nach St. Veit und Klein St. Paul gefahren bin, die dortige Heimleiterin Hanna Fischer geheißen hat und später Inspektorin bei den Kinderfreunden war, aber das ist nur eine Namensgleichheit, die Namen Lisa Markstein, Maria Verber und Maria Zottl habe ich nicht oder nicht sehr gekannt, aber bevor es Ausschnitte aus den Interviews gab, hat Vera Schwarz noch ein bißchen über die Rolle der Frauen in der KPÖ referiert, die waren, wie wahrscheinlich in den anderen Parteien auch, nicht so besonders gefördert, sie durften zwar kassieren, während die Karrieren die Männer machten, sollten sich aber bei Vorträgen weiterbilden, damit sie den Genossen bewußte Gattinnen sein konnten und dann gab es den Bund demokratischer Frauen und die „Stimme der Frau“, wo sich die Frauen engagieren durften und in der „Stimme der Frau“ ist auch mein erster Text erschienen und der Alfred hat die Zeitschrift, solange es sie gab für die Anna abonniert, gelesen habe ich sie. Aber das war erst in den Achtzigerjahren.
Die interviewten Frauen, meistens Jüdinnen, die nach 1945 nach Österreich zurückkamen und engagiert für eine bessere Zukunft kämpfen wollten, sind nach ihrem Ausschluß oder Austritt, weil sie mit dem Einmarsch der Russen nicht einverstanden waren und die Parteilinie nicht mittragen wollten, weiter politisch aktiv gewesen. Ilse M. Aschner im Republikanischen Klub, der während der Waldheim Zeit gegründet wurde und in der GAV als Sekretärin, eine der Frauen hat ein Dolmetschstudium absolviert und sich für den Berufsverband der Übersetzer engagiert, Hannah Fischer im Sigmund Freud Kindergarten und ist der SPÖ beigetreten. Nachher gab es eine rege Diskussion, die Veranstaltung war nicht besonders gut besucht. Evelyn Holloway ist vor mir gesessen, neben mir Werner Grüner, von den erwähnten Frauen ist Hannah Fischer gekommen, Rolf Schwendter war natürlich da und ich wurdee auch daran erinnert, daß ich in Harland ein Buch von Ernst Fischer liegen habe, das ich auch schon lange lesen will.
Während ich das schreibe gabs im Ö1 in der Literaturleiste, den „Tonspuren“ und den „Texten“ auch was Interessantes zu hören. Und zwar in den „Tonspuren“, wo ich leider den Anfang Teil versäumte „Cakir und Simsek-zwei türkische Schriftsteller in Wien“ und da habe ich das Buch „Zitronenkuchen für die sechsundfünfzigste Frau“ von Seher Cakir, die ja auch einmal den Exil-Literaturpreis gewonnen hat und in den „Texten“ gab es den Siegertext von Wartholz 2011 zu hören. Regina Dürig eine Absolventin des Schweizer Literaturinstituts hat ihn gewonnen. Im Bücherschrank gabs auch etwas Interessantes, nämlich Elfriede Gerstls Hörspiele „Berechtigte Fragen“, das kleine orange Hefterl mit den Kreisen und einem Jugendbild der Autorin am Umschlag aus der legendären Edition Literaturproduzenten, das die Lesetheater Frauengruppe im April so erfolgreich aufführte, ich habe mir in den Siebzigerjahren einen ganzen Schwung solcher Hefte gekauft, die jetzt in Harland stehen, ob ich dafür auch neundunddreißig Schilling bezahlt habe, weiß ich nicht mehr, in dem Büchlein gibt es jedenfalls eine Rechnung von der berühmten Buchhandlung Hermann von 10. 4. 1974 und um in die Gegenwart zurückzukommen, heute wird das Literaturgeflüster bei den Bücher- Blogs Made in Austria vorgestellt.

2011-02-21

unter uns

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:07

Angelika Reitzers Familienroman ohne Familie „unter uns“, im Herbst bei erschienen, von dem ich schon mehrmals berichtet habe, ist vom Stil und Inhalt schwer einzuordnen, wird da ja in achtundvierzig Szenen, zeitlich nicht linear, mit wechselnden Perspektiven, Traumsequenzen, etc sehr viel erzählt.
Beginnen tut es mit einem Familienfest, die Eltern der Hauptperson und Ich-Erzählerin Clarissa, Besitzer eines Gasthauses verkaufen dieses und ziehen sich von der Familie zurück, drei Monate später stirbt auch der Vater, so daß die Familie wahrscheinlich noch einmal zu seinem Begräbnis zusammenkommt.
Der zweite Strang des patchworkartigen Gesellschaftspanorama spielen meist Kulturberufe ausübende Paare zwischen dreißig und vierzig, Vera und Kevin, Marie und Jörg, Florian und Susanna, etc, die ihre Feste feiern, ihre Berufe ausüben, Häuser kaufen, erben, Kinder bekommen die sie auf ihre Parties mitnehmen, alles brüchig, vage, Lebensabschnitt begrenzt, auch wieder schick und schillernd.
Dann gibt es die schon erwähnte Clarissa, eine ehemalige Chefassistentin, die von ihrem schicken Loft in den feuchten Keller des Hauses von Tobias und Klara, die dort mit ihren Kindern wohnen, zieht, den Job hat sie irgenwann auch hingeschmissen, in dem Haus herumgeistert, sich alten Familienfilme ansieht und in Erinnerungen schwelgt, eine Schwester die Schriftstellerin ist, aber sonst nicht auftaucht, hat sie auch, sich arm, unangepasst, ausgegrenzt etc empfindet und am Ende Selbstmord begeht.
Die vierte Ebene ist der scharfe Blick auf die gesellschaftlichen Verhältnisse. Ist es ja ein Buch, daß das Prekatriat beleuchtet. In einigen Szenen kommt der Uni-Protest vor eineinhalb Jahren vor, die Gewalt in der U-Bahn, das Verschwinden des öffentlichen Raumes und der Kaufzwang in den Einkaufszentren, den Klara dort vermutet und der Chef, der sich über Clarissas Einsatzbereitschaft mokiert und sie mangelnde Delegationsfähigkeit nennt, wird thematisiert.
Eine Hausgeburt wird geschildert, obwohl diese, wie ich bemerkte, im Augenblick eher von den gewünschten Kaiserschnitten ersetzt werden, während derer, Clarissa ihren Keller verlassen soll und bei Freunden bzw. einem Seminar untergebracht wird, was sie aber nicht tut und es ist auch das erste Buch, das ich gelesen habe, das sich auf die Rauchphobie bezieht, die derzeit bei uns herrscht, so gibt es eine Stelle, wo sich Clarissa, die Raucherin ist und sich auch deshalb als Außenseiterin fühlt, Zigaretten kaufen will, aber keine Kreditkarte hat, also muß sie warten, bis sie jemanden findet, der sie für sie kauft, ein Bild das sehr scharf die Unmündigkeit unserer Gesellschaft zeigt.
Das Ganze ist irgendwie vage, geheimnisvoll und unzusammenhängend, das scharfe Gesellschaftsbild, das manchmal aufblitzt, wird gleich durch die vielen Perspektivenwechseln, es kommen eine Menge Leute vor, die nur Vornamen tragen, die irgenwo eine meist sehr kleine Rolle spielen und nicht wirklich wichtig sind, zurückgenommen, vielleicht auch um unsere Bussi Bussi Gesellschaft zu zeigen, die letztlich unverbindlich ist, obwohl sich die Freunde, um die Aussteigerin Clarissa erstaunlich kümmern. Der Keller in dem Haus ist zwar feucht und es tauchen dort auch Mäuse und Ameisen auf. Clarissa zahlt für die Benützung, hat ihn dann aber nicht für sich allein, weil ihn Tobias offenbar mitbenützt, sie kann sich im Haus oben aber Kaffee kochen und das Internet beützen, bzw. tut sie das. Alle sind besorgt, niemand schmeißt sie hinaus, hilft aber auch nicht wirklich, nur sie hat Schuldgefühle und die Gründe, warum Clarissa aussteigt und Selbstmord begeht, bleiben auch vage angedeutet undangerissen. Sind es die prekären Gesellschaftsverhältnisse oder hat sie eine Depression? Genauso, wie die Schwester, die berühmte Schriftstellerin, vielleicht ein alter ego Angelika Reitzers, nur angedeutet bleibt.
Das fünfte ist die perfekte Sprache, der Germanistin, die über Jandl dissertierte und die schönen Bilder, die Rehe zum Beispiel, die bei dem Familienfest auftauchen, was ja auch irgendwie unwirklich ist, das die bei einer Grillparty im Rudel zu sehen sind.
„Ein großes Panorama einer Gegenwart der neuen Lebens- und Arbeitsverhältnisse, in der alles nur mehr auf Zeit ist“, steht im Klappentext. Ja aber nicht nur, eigentlich ist es ein Patchworkparnorama, in dem von allem etwas enthalten ist. Die psychische und gesellschaftliche Situation der Clarissa in ihrem Keller, die Geschichte der Familie und dann natürlich die Geschichten Vera-Kevins, Tobias-Klara, Florian-Susanna ect, die hingeworfen, angedeutet, angerissen werden. Über die schriftstellernde Schwester mehr zu erfahren, wäre auch sehr interessant. Wie die Traumszenen in diese Patchworkwelt hineinpassen, habe ich nicht ganz verstanden.
Angelika Reitzer, die ich von ihren Veranstaltungen in der Alten Schmiede sehr gut kenne, beim Lesezirkel in der Hauptbücherei, wo sie eine Zeitlang mitmachte, kennenlernte und die ich als eine an der Sprache Interessierte einschätze, hat mich durch ihren sozialen Blick überrascht, auch wenn die Sozialkritik dann wieder in den literarischen Ansprüchen verschwindet.

2011-02-20

Zwillingswelten

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:06

Das ist der vorläufige Arbeitstitel, von den fünf, sechs Wünschen bin ich abgekommen, der neue Text ist begonnen und das Schreiben geht sehr gut.
An sich wollte ich am Donnerstag einen Recherchetag einlegen, aber dann war ich wieder in der Situation, daß die ersten Szenen festgelegt waren und mir das nichts gebracht hätte. So bin ich nur zum Lidl und auf die Bank gegangen, habe mich dann vor den Laptop gesetzt und war mit den entstandenen drei ersten Seiten zunächst nicht zufrieden.
Auch weil ich mich kurzfristig entschloßen hatte, aus der Katharina eine Evelina zu machen, weil ich dachte, daß das ein schöner Name ist, passt aber nicht zur Hauptperson, so habe ich es am Freitag wieder auf Katharina geändert. Evelina wird die Mutter heißen, die in Linz begraben wird und habe die drei Seiten korrigiert und gesehen, es ist doch nicht so schlecht. Am Samstag bin ich so richtig in Schwung gekommen und habe derzeit über elf Seiten. Das Schreiben hat großen Spaß gemacht und ich scheine ein bißchen vom gewohnten Stil abzukommen. Wenn es so bleibt, gibt es keine Szenen, sondern das Ganze wird ein Block, erzählt von der Hauptperson. Die Lisbeth kommt als eigener Handlungsstrang bis jetzt nicht vor und die Martha Binder Geschichte ist mir, glaube ich, ganz gut gelungen in die Erzählung einzuknüpfen.
Die Katharina ist vor kurzem in Pension gegangen, will ein Jahr auf Reisen gehen und mit dem Begräbnis beginnen. Sie fährt auf der Landstraße bis nach St. Pölten, kommt an der ehemaligen Stadt des Kindes und in Purkersdorf am Haus ihrer Freundin Heidrun Petersen vorbei und beginnt Martha Binders Geschichte zu erzählen, mit der sie befreundet ist und die ihr durch ihren Neffen in Linz ein verbilligtes Zimmer im Hotel Wolfinger vermittelt hat. Bei der Verknüpfung ist mir glaube ich etwas Interessantes bezüglich des nichtlinearen Erzählens gelungen. Es beginnt nämlich mitten drin. Während die Katharina noch ihre Taschen in den VW-Bus schafft, von ihrer Mutter erzählt und von Lisbeth ein Mail bekommt, kommt schon die Martha Binder in die Handlung, in dem sie eine gute Reise wünscht. Die Katharina will auch ans Meer fahren und da wartet in Trapani Lenka Schwarz-Riegler auf sie.
Sie fährt also los, denkt in Purkersdorf an Heidrun Petersen, die zuerst Erzieherin, später Leiterin der Stadt des Kindes war, die ist jetzt zwar auch schon in Pension und schickte eine Ansichtskarte aus Griechenland, aber Katharina fällt die Jugendamtstagung vor zwanzig Jahren in Linz ein, wo sie Martha Binder kennenlernte.
Dort geht sie mit Heidrun in eine Pizzeria, wo sie Martha und Norbert treffen und Heidrun erzählt, wie Martha mit zehn Jahren von dem Wunsch getrieben, in die AHS zu dürfen in die Stadt des Kindes gekommen ist, nennt sie eine Lügnerin und erklärt das an dem Beispiel, wo sie neun Jahre später nicht in den Berufsorientierungskurs geht und auf Heidruns Frage zur Antwort gibt, daß sie vom Knochenkolloquium kommt, denn sie will ja Medizin studieren. Katharina macht in St. Pölten Halt, trinkt einen Kaffee in der Kremsergasse, fährt dann auf der Autobahn nach Linz und quartiert sich im Hotel Wolfinger ein. Jetzt werde ich sie den Kongreßsaal und die ehemalige Pizzeria suchen und von der Tagung und Norberts Referat berichten lassen. Martha Binder gibt sich Heidrun als Ärztin zu erkennen und am Nachmittag bringt sie Marthas Neffe zu ihrer Mutter, die mit Tochter und Enkeltochter in einer Gemeindewohnung lebt und die erzählt dann, wie Martha und Norbert sie vor zwanzig Jahren besuchten und die kleine Jasmina einen Unfall hatte. So läßt sich die Martha Binder Geschichte glaube ich sehr gut integrieren, dann kommt das Begräbnis der Mutter und die Begegnung mit der Nachbarin Philomena Richter. Wann dann Katharina wohin fahren wird, weiß ich nicht, denn das ist derzeit ein sehr spontanes Schreiben, das sich Zug um Zug entwickelt.
Wie weit die Lisbeth eine eigene Erzählstimme bekommt weiß ich ebenfalls noch nicht. Vielleicht laße ich die Bücherszenen überhaupt weg, dann hätte ich einen neuen Handlungsstrang. Auch der Erzählstil weicht vom Gewohnten ab und das heutige Schreiben war sehr spannend und hatte wieder fast so etwas, wie Suchtcharakter, was ja die erfreulichsten Schreibmomente sind.

2011-02-19

Schwestern der Angst

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:02

„Schwestern der Angst“, ist ein Buch der Maximalkapazität und die 1963 in Klagenfurt geborene Lydia Mischkulnig, eine brillante Erzählerin, gnadenlos jagt sie ihre Geschichten und Bilder in den schönsten und auch manchmal etwas kitschig klingenden Sätzen und Worten voran und übertreibt maßlos dabei.
Das machte das Lesen des im Herbst erschienenen Romans für mich etwas schwierig, denn eigentlich ist die Geschichte der wahrscheinlichen Borderlinerin Renate, die so Sätze schwingt, wie „Mißbrauch gehört zum Leben, wie das Amen zum Gebiet“, ja sehr beeindruckend. Psychologisch packend und faszinierend in das Leben und in die Gedanken einer Stalkerin hineinzuschauen und mit literarischen Mitteln erzählt zu bekommen. In Polen ist sie bei den Großeltern aufgewachsen, weil die Mutter nach Österreich arbeiten ging, der Großvater war ein Alkoholiker und wird von der Mutter und der Großmutter des sexuellen Mißbrauchs an Renate verdächtigt. Jedenfalls kommt die Mutter nach Jahren aus dem goldenen Westen zurück. Das erste was sie tut, ist, daß sie ihr Töchterlein aufs Bett legt und untersucht, ob es noch Jungfrau ist. Ansonsten ist Renate vaterlos aufgewachsen, also fehlt auch diese Bezugsperson. Die Mutter nimmt Renate nach Österreich mit, heiratet ihren Chef, einen Eissalonbesitzer, bekommt von ihm ein Kind, stirbt und so wird Renate Ersatzmutter von Marie, liebt und züchtigt sie, tut alles für sie und möchte auch mit dem Stiefvater schlafen. Sie schneidet sich auch, frißt, kotzt und hungert, hat Neurodermitis und kratzt sich die Arme wund, alles, wie es im Lehrbuch der Borderlinestörung steht.
Irgenwann versucht sich Marie offenbar am Luster zu erhängen, Renate schneidet sie herunter, dann tritt Paul auf den Plan, ein Nervenarzt in dem Renate sich verliebt, das Superkind Marie schnappt ihn ihr aber weg, beziehungsweise verfolgt Renate Paul in der Disco auf die Herrrentoilette und versucht ihn zu vergewaltigen und als der Stiefvater Renate nach Frankreich auf Urlaub schicken will, schlägt sie vor, daß Marie fahren soll, damit ihr Paul bleibt, was zur Folge hat, daß Marie mit Paul fährt und Renate zurückbleibt. Sie bricht die Schule ab, während Marie Paul nach Paris folgt und Medizin studiert. Zu einer Abtreibung kommt es auch, die Renate für Marie arrangiert und zu der Einbildung, daß Paul Renate vergewaltigt hat.
Irgendwann stirbt der Stiefvater, der inzwischen nach Griechenland gezogen ist, Renate fährt zum Begräbnis, fühlt sich dort als Außenseiterin und wird von Marie und Paul zu psychologischen Tests gezwungen, so daß sie ihnen Medikamente in die Getränke mischt und während die beiden schlafen, ihre Münder mit Superkleber zusammenpickt. Dann reist sie ab und das führt zu dem Beginn des Romans, bei dem Renate Assistentin einer Werbefilmfirma ist und in einem Magazin, die Fotos von Marie und Paul entdeckt, über deren Hochzeit berichtet wird. Renate, die für eine Darstellerin ein Kostüm kaufen soll, steckt im Kaufhaus einen Kinderpyjama in ihre Tasche. Man erfährt, einen solchen hat als Kind Marie getragen und flüchtet vor der Security in Maries leere Wohnung. Man erfährt, es gibt inzwischen ein Wegweisverbot, Renate darf der Wohnung nicht zu nahe kommen. Sie dringt trotzdem in die leere Wohnung ein und erzählt in einem rasanten Plauderton, der fortwährend, die Wirklichkeit mit der Fiktion vermengt und Binsenweisheiten, wie auch Wahrheiten und Gefühle von sich gibt, bzw. im Selbstmitleid schwelgt, die bisherige Geschichte.
Das ist faszinierend, denn ich denke, wenn die Renate auch Züge und Erlebnisse von zehn Mißbrauchskindern und Borderlinepersönlichkeiten aufweist, erfährt man viel aus der Welt der psychischen Abgründe. Aber die Renate ist eine negative Superheldin, irgendwo habe ich gelesen, daß es kein Buch gibt, wo eine Frau derart bös geschildert wird und dann schwatzt sie auch noch fortwährend vor sich hin, während sie keucht, kotzt, spukt und sich aus Liebe die größten Grausamkeiten ausdenkt, die dann meistens noch mißlingen.
Es geht in der nicht ganz linear erzählten Geschichte gleich weiter mit einem Mord an Freund oder Ehemann, den Renate so nebenbei begeht und der am Ende gar nicht entdeckt wird, sie ermordet auch den Hund ihrer Chefin, während sie dazwischen Hilfsdienste in ihrer Filmfirma macht, eine kindliche Darstellerin vom Flughafen abholt, ihr dabei auf die Schenkel grapscht und in einer Fleischerei zehn Kilo Lungenbraten für die Katzen, die im Werbespot auftreten sollen, bestellt, dann kehrt sie noch einmal in Maries leere ‚Wohnung zurück, findet dort ein Kuvert mit ihren Namen in dem die Einladung zu Maries Hochzeit und fünfhundert Euro stecken und es wird vollkommen verrückt.
Renates Reise nach Paris zu der Hochzeit, wo sie ein Skalpell in der Tasche trägt, um Marie zu züchtigen, kann man wahrscheinlich, als Reise in eine Psychose deuten und es passiert sehr viel dabei, was eigentlich nicht wichtig ist, aber Lydia Mischkulnig, habe ich einmal gelesen, hat einen scharfen Blick für Details.
So hat Renate die verschiedensten Erlebnisse, kommt schließlich an den Ort der Hochzeit, sieht Paul, erfährt, daß Marie während seines Polterabends allein in der Wohnung ist und dringt mit dem Skalpell in diese ein, fesselt und knebelt Marie und kocht sich, weil sie zwschendurch hungrig wird, auch noch Nudeln, was in einer Rezension, als großartige Szene beschrieben wird. Renate fliegt anschließend nach Wien zurück, erwartet am Flughafen verhaftet zu werden, kommt auch in eine forensische Klinik, wo sie sich an den Schreibtisch setzt, um ein Buch über die „Schwestern der Angst“ schreiben, das sicherlich ein Bestseller wird….
Lydia Mischkulnig ersten, 1994 bei Droschl erschienenen Roman „Halbes Leben“ habe ich gelesen, der handelt von einem einbeinigen Mann, der zu einem Begräbnis fährt oder es ausrichtet, da habe von dieser rasenden Sprachgewalt noch nicht so viel bemerkt, die war für mich erst 1996 zu erkennen, als sich Lydia Mischkulnig in Klagenfurt mit ähnlicher Brillanz und rasender Hektik einen der Preise erlesen hat. Dann kam „Hollywood in Winter“ und noch einige Bücher, die ich nicht gelesen habe. Dann war ich bei den Erzählmustern in der Alten Schmiede, wo offenbar die „Neun Heimsuchungen“ vorgestellt wurden, wo Lydia Mischkulnig eine ebenfalls sehr kunstvolle Geschichte las, wo sich eine Frau in einem Ganzkörperoverall erstickt.
Aus den „Schwestern der Angst“, habe ich sie im letzten Herbst bei „Rund um die Burg“ lesen gehört und weil Anfang des Jahres das Buch auf so vielen Bücherblogs besprochen wurde, bin ich neugierig geworden, denn die Geschichte, wie aus Kindern Täter und aus Tätern Opfer werden, interessiert mich ja sehr.
Hier fürchte ich, hat Lydia Mischkulnig mit ihrer Sprachgewalt und ihrem Detailblick übertrieben und aus der Eifersucht des mißbrauchten Kindes sowohl eine Fallstudie, als auch einen Krimi, ein Horroszenario u. u. u. gemacht.
Weniger ist wahrscheinlich mehr, denn dann hätte man mehr Bücher zu lesen und auch mehr Zeit, die vielen Details und Beschreibungen zu verdauen. Und ein mißbrauchtes Kind sollte eigentlich nicht nur ein zur Schau gestelltes Monster sein, an dem die Leser sich ergötzen, auch wenn es natürlich sowohl Morde, Psychosen, Wünsche, Sehnsüchte, Eifersucht, Burner, Cutter und auch unterdrückte Frauen gibt.

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