Literaturgefluester

2009-06-30

Wunderschöner Tintentraum

Filed under: Uncategorized — jancak @ 02:29

Die Träume sind im Kopf, die Tinte auf dem Schreibtisch, daneben liegt ein Kugelschreiber, der Laptop ist schon startbereit.
Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar, schrieb Ingeborg Bachmann vor Jahren, heute ist sie es dem Kritiker, dem Publikum und Burkhard Spinnen und der See ist tief und weit. Beim schönsten Betriebsausflug der Literatur ist er herrlich zu durchschwimmen, wenn man das kann und eingeladen wurde, zur Beckmesserei der Meistersingerriege.
Aber das werden ja nur vierzehn Auserwählte Jahr für Jahr aus hunderten oder tausenden Texten von Autoren, die sich die Finger wundgeschrieben haben, mit der Tinte aus den Träumen, mit der Tinte aus dem Kopf.
Die Tinte blau, azurro, wie der Wörthersee, aber den sieht man nicht in der Nacht, beim Wettschwimmen nach dem Empfang in Maria Loretto.
Die Träume aus dem Kopf zu Worten und Sprache geformt. Zu einer wunderschönen Sprache und dem Bilderreigen, den narzistischen Allmachtsphantasien einer wahren Schriftstellerseele.
Realismus gegen Postmoderne, angetreten in Klagenfurt und der Blätterregen am nächsten Morgen ist voll mit den Zynismen der übersättigten Großkritiker, die alles schon gehört und hundertmal gelesen haben und es natürlich besser wissen!
Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar, die Träume sind es nicht. Die wunderschönen Träume des auf der Wiese liegen und beim Kirschenessen mit den Worten spielen. Dabei die Bilder im Kopf entstehen lassen, wie Seifenblasen, die in den Himmel fliegen oder Luftballone in den Wörtersee.
Währenddessen die Tschetschenen, Georgier und Kosovaren die Lastwägen besteigen, nachdem die Banknoten, in der Welt der wunderschönen Dinge, im schmalen Quader zur blauen Stunde den Besitzer wechselten.
„Good night and good luck!“, bekommen sie zu hören und ab, die Laster ins Wunderland des kollektiven Wirs, das zwar realistisch, aber nicht mehr zulässig ist.
Denn es ist nicht tragbar eine Geschichte so zu erzählen, dem Kritiker nicht zumutbar!
Das wollen wir nicht hören, mahnen streng die Kritikerlippen.
So einen Austriazismus der Umgangssprache muß man schon stilisieren, um im schönen Wörtersee Geltung zu finden oder ist es umgekehrt?
Natürlich, selbstverständlich, das weiß man schon, daß die Leiberln und die Sackerln von der Quadratur des Kreises stammen, von einem esoterisch angehauchten Wunderkind, das es wagte, ohne Veröffentlichung im schönen Klagenfurt zu erscheinen und es dann nicht nur auf die Shortliste, sondern auch zu der zweitgrößten Publikumsgunst zu schaffen.
Ja, dürfen das die Schreiberlinge?, hätte der alte Kaiser sicherlich gefragt. Fragen wir es Franz Josef von Trotta in den drei Wegen zum See?
Aber um die geht es nicht mit der Tinte aus den Träumen in dem Kopf. Der Traumtinte einer Schreibwerkstatt, während die Blätterliebe zu Papier geworden und aufgegessen ist.
Verspeist im wahrsten Wörtersinn von einem literaturbesessenen Wortakrobaten.
Na wenn schon, schreibt der Kritiker. Das ist längsterkalteter Aktionismus aus den Achtzigerjahren und nicht mehr originell. Aufgewärmt, übergelassen und angebrannt. Das interessiert uns nicht, der Jahrgang hat versagt, der Wein ist nicht gelungen, hat nicht gebracht, was von ihm erwartet wurde.
Immer nur der Realismus der deutsch-deutschen Ostdebatte. Dann kommt noch der Realismus des nicht Sterbenkönnens, am Kitsch haarscharf vorbeigeschrammt, der uns in beklemmend schaurigen Bildern den Spiegel vor den Kopf hält.
Die Todessehnsucht der aufgeschlitzten Fischköpfe ist zwar das, was uns erwarten wird, in den nächsten Jahren, aber heute wollen wir es nicht hören. Nicht hinsehen, weil es uns erschreckt!
Aufstehen von der Wiese mit der Wirklichkeit der eigenen, realen Hand, die Haare aus dem Gesicht gestrichen und weggeeilt. Das Wollen und Nichtkönnen, weil man sich zu sehr in die Debatte eingelassen hat, daß das Morphium nicht mehr wirkt!
Der Schuß ist nach hinten abgegangen, während die Pistole auf den Boden fällt, weil ein Zug vorüberfährt in den kleinsten Bahnhof der Welt der Wirklichkeit, mit der Tinte aus dem Kopf, denn auch das kann die Schreibstadt bieten.
Die Experimente der schönen Worte sind vorbei, heute wollen wir uns dem Realismus widmen und auch nicht. Wir wollen es nicht hören! Denn natürlich hat der schöne junge Arzt den Preis gewonnen, der mit seinem schnellen Auto in sein geistiges Refugium braust, um die Freiheit der Literatur der starren Intensivmedizin vorzuziehen.
Keine Angst, raunt das Wortgeraschel im Blätterwirbel, wir entkommen nicht der Realität des eigenen Sterbens und wenn wir uns die Wahrheit in den schönen Worten zumuten wollen, haben wir schon viel gelernt.
Mit den packendenTodessymbolen einer fahlen Landschaft sind sie gekommen, im schönen Klagenfurt am Wörtersee, wo man sich seit zweiunddreißig Jahren zum jährlichen Betriebsausflug trifft, um den auserwählten Worten von vierzehn Autoren zuzuhören.
Auserwählt aus ein paar hundert oder tausend Texten, im überhitzten Klangtheater oder in der Laube beim Marillenmampfen und Bratwürstel essen, wenn vielleicht ein paar Austriazismen am Jahrestag der deutsch-deutschen Einheit zugelassen werden, während die abgelehnten Jungautoren vor den Fernsehgeräten kauern, um den Worten zuzuhören oder sie auch selber auszudenken.
Aus den Träumen in den Kopf, auf das Papier zu bringen mit der Tinte, dunkelblau, wie nicht einmal der Wörthersee und die Sprache kommen lassen, wortgewaltig, wunderbar, um die Kritiker zu erschlagen.
Mit dem Papierflieger die bornierte Kritikerstirn treffen, mit der Blätterliebe in den Wortsalat. Die Sätze in die Kritikerohren geschleudert, wo sie tagelang noch feststecken sollen, in den Ohren und im Hirn.
Das Manuskript ist aufgegessen und im Röntgenbild das Blatt gefunden. Papier im hungrigen Autorenmagen, die Worte im Kritikerhirn sind zu Papier geworden und am Anfang gestanden.
Am Beginn die Stille, schreibt der Autor, aus den Träumen eines Fototeilchens mit der Tinte, während sich die Übergebliebenen mit den Fingern die Handmulden blutig drücken vor Wut und Zorn. Kritikerworte hören, die nichts verstanden haben, während es doch schön war so zu schreiben.
Wunderschön mit der linken und der rechten Hand, den Federkiel in das Tintenfaß getaucht und die Träume aufgeschrieben. Herrlich antiquierte Traumtinte fließen lassen für die Schreibwerkstatt. Aus den Träumen Wortgebilde formen, die wie Luftballons gegen den Himmel fliegen. In Klagenfurt den See umrunden, zu dem drei Wege führen, aber die Bachmann ist ja weggezogen aus der Stadt und hat sie auch nicht sehr geliebt.
Aus der Stadt gegangen und die schönen Worte zurückgelassen. Die Tinte ist übergeblieben, die Traumtinte der Schreibwerkstatt, die ein bis zweitausend schöne Worte fordert, die nicht mehr mit der Hand geschrieben werden, weder mit der rechten noch der linken. So befindet sich die Tinte nur mehr in den Tonerschachteln und der Link fließt papierlos in die Schreibwerkstatt, während die Luftballons schon im Himmel sind.

8 Kommentare »

  1. Das ist ja fürchterliches Kauderwelsch. Ich verstehe nichts! Worum geht es und woher ist der Text und von wem?

    Kommentar von Maria Heidegger — 2009-06-30 @ 12:23 | Antworten

  2. Danke schön, das war ein Versuch und ein Text von mir für den Wettbewerb der Schreibwerkstatt.de zum Thema „Traumtinte“ und auch eine Verarbeitung der 33. Tage der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt.
    Wenn Sie es ein wenig ernsthafter wissen wollen, empfehle ich Ihnen meine diesbezüglichen Artikeln der letzten Woche oder geben Sie es sich real unter http://www.bachmannpreis.at

    Kommentar von jancak — 2009-06-30 @ 12:50 | Antworten

  3. Oh Entschuldigung, ich wollte Sie nicht kränken!!

    Kommentar von Maria Heidegger — 2009-06-30 @ 20:45 | Antworten

  4. Haben Sie auch nicht, aber Sie haben natürlich recht, das Spiel der schönen Worte ist nicht meine Sprache und so ist eine Art Satire dabei herausgekommen

    Kommentar von jancak — 2009-06-30 @ 22:27 | Antworten

  5. So unbegründetes Feedback gebe ich nie, schon gar nicht in meinen Kursen … Viel besser ist es, sich selbst zu fragen: Was macht der Text mit mir, und wo verstehe ich was nicht? Als Leserin den Text zusammenfassen – ist es das, was die Autorin gemeint hat?
    So hat mensch was davon …. „gefällt mir nicht“ hilft wenig.

    Kommentar von texteundtee — 2009-07-01 @ 13:16 | Antworten

  6. danke eva, du schreibst mir aus der seele und ich will den text so verstanden haben, wie ich ihn verstanden hab.

    Kommentar von ofips — 2009-07-03 @ 07:47 | Antworten

  7. Nun müßen wir noch schauen, ob ich was gewinne?

    Kommentar von Eva Jancak — 2009-07-03 @ 07:53 | Antworten

  8. […] Wunderschöner Tintentraum: […]

    Pingback von Eva Jancak: Best of Literaturgeflüster…. | summerau.96 — 2013-06-14 @ 19:29 | Antworten


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