Literaturgefluester

2009-12-03

Die Fünfzigerjahre

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:14

Vom Ohrenschmaus in die Fünzigerjahre. Gibt es da ja im Museum auf Abruf in der Felderstraße derzeit eine Ausstellung „Die Fünzigerjahre: Kunst und Kunstverständnis in Wien“ mit einem literarischen Begleitprogramm, das heißt vier Veranstaltungen zur Literatur.
Zwei davon, nämlich Michael Rohrwassers „Die österreichische Literatur und der kalte Krieg“, sowie Andreas Okupenko liest „Texte aus den Fünfzigerjahren“ habe ich versäumt, aber „Die andere Erzähltradition. Auseinandersetzung mit Krieg und Faschismus in der Literatur der Fünfzigerjahre“ und das Podiumsgespräch mit Alexandra Millner, Daniela Strigl, Friedrich Achleitner und Franz Schuh mit der Moderation von Klaus Kastberger, in zwei Wochen habe ich mir vorgemerkt.
Am Mittwoch also die „Andere Erzähltradition“ eine Reihe von bisher unbekannten Texten der Fünfzigerjahre zum Thema „Auseinandersetzung mit Krieg und Faschismus“ und „Trümmerliteratur“, wie es Evelyne Polt-Heinzl nannte, die die Texte zusammengestellt hat.
Alexander Strobele, ein Schauspieler, der wie ich 1953 geboren ist, hat statt Cornelius Obonya, der im Programm stand, gelesen und es war sehr interessant.
War ich in diesem „Museum auf Abruf“ ja noch nie, sondern vor Jahren in einem, das näher dem Karlsplatz angesiedelt war und da habe ich eimal eine Ilse Aichinger Lesung versäumt, weil ich, schlampig wie ich manchmal bin, es falsch aufgeschrieben hatte und ein anderes Mal kam ich nicht hinein und bin mit Elfriede Gerstl in die Kettenbrückengasse gegangen, bzw. habe ich ihr geholfen, Schuhe dorthin zu tragen, weil sie damals in einem Haus in der Nähe der Apotheke eine Wohnung mit einem Kleiderlager hatte, das sie mir zeigte.
Zwei unvergeßliche Gelegenheiten, die nicht wiederkommen und dieses Museum auf Abruf, vis a vis dem Rathaus, ist viel größer, es beherbergt auch die Artothek und die erste Person, auf die ich gestoßen bin, war Alexandra Millner.
Ich bin ein bißchen in den Ausstellungsräumen herumspaziert und habe mir die Bilder der Fünfzigerjahre angeschaut. Es gab einen dicken Katalog und ein paar Stammbesucher. Die weißhaarige Dame, die, glaube ich, mit den Vornamen Elisabeth heißt und den pensionierten Lehrer, der mir einmal ein Buch abgekauft hat. Sehr wenige Besucher eigentlich für eine so tolle Veranstaltung. Da sieht man wieder das Gefälle der literarischen Veranstaltungen Wiens.
Evelyne Polt-Heinzl hat ihre Veranstaltung zweigeteilt und für beide Teile bisher eher unbekannte Werke ausgesucht und erwähnt, daß es viel mehr als die Wiener Gruppe, nämlich ein paar realistische Autoren gab, die kurz nach dem Krieg Bücher schrieben, die Anfang der Sechzigerjahre verlegt wurden und inzwischen vergriffen sind.
Ein bißchen was weiß ich davon, die Namen Jeannie Ebner und Martina Wied sind mir bekannt und Jeannie Ebner hatte beispielsweise eine sehr schöne Veranstaltung in der Berggasse mit Monika Bargmann im Juni und da waren noch viel weniger Leute.
Hans Flesch-Brunningen, Felix Hubalek, Herta Staub und Rudolf Kalmar waren mir aber nicht bekannt, das heißt Herta Staub ist das nicht das Pseudonym der Adrienne Thomas?
Und da habe ich auch eine ganz persönliche Erinnerungsgeschichte mit dem Buch „Reisen Sie ab Mademoiselle“, das ich mir einmal bei einem Flohmarkt in der Schönbrunner Straße aus einer Kiste zog, die Zuzaks um biografische Daten bat, Google gab es damals offenbar für mich noch nicht und später darauf gekommen bin, ich hab es schon sehr lang in Harland stehen.
Im zweiten Teil, den der Trümmerliteratur nannte Evelyn Polt-Heinzl Oskar Jan Tauschinski mit seinem Roman „Talmi“, der 1963 erschien, in dem er sich auf Alma Johanna König bezieht. Von Alma Johanna König habe ich ein Buch vom Flohmarkt des Richard Jurst gekauft und auch den Artikel in der Anthologie von Evelyne Polt-Heinzl „Zeitlos“ gelesen und Oskar Jan Tauschinsky kenne ich von dem Marie Curie Roman „Wer ist diese Frau?“, den mir die Kinderfeunde zu Weihnachten schenkten. Es gab dann noch Hannelore Valencak, deren „Fenster zum Sommer“ in den Siebzigerjahren im Radio war und jetzt wieder aufgelegt wurde, Robert Neumanns „Die Kinder von Wien“, das ich in den frühen Achzigerjahren gelesen habe, Hertha Pauli, Jeannie Ebner und Hertha Kräftner, alles mir bekannte Autorinnen und wieder Herta Staub, deren von Evelye Polt-Heinzl erwähnten Lebenslauf und die zitierten Gedichte sich allerdings nicht mit der Biografie von Adrienne Thomas deckten.
Die Lesung war aber sehr interessant, nachher gabs Wein, der auf einem Servierwagen im Vorraum ausgeschenkt wurde. Zehn, zwölf Stammbesucher standen herum und es gab eine interessante Diskussion.
Ich fragte Evelyne Polt-Heinzl und Alexandra Millner nach dem Pseudonym von Adrienne Thomas und erwischte beide auf dem falschen Bein. Zum Glück gibts aber inzwischen Google und so weiß ich jetzt, es ist Hertha Strauch und Adrienne Thomas ist wahrscheinlich auch eine interessante Autorin der Fünfzigerjahre.
Für mich jedenfalls, wenn auch Evelyne Polt-Heinzl meinte, daß sie nichts Neues aufzuweisen hätte.
Wieder viel gelernt über die Fünfzigerjahre und den Literaturbetrieb. Ein paar interessante Gespräche geführt, zugehört, Wein getrunken, einige Zeitschriften mitgenommen.
Jetzt freue ich mich schon auf die Diskussionsveranstaltung in zwei Wochen und finde es sehr schade, daß nur so wenig Leute den Weg in das Museum auf Abruf fanden, es gibt aber sehr viele Veranstaltungen, das weiß ich schon und man kann nicht überall sein.

2009-12-02

Ohrenschmaus 09

Filed under: Uncategorized — jancak @ 01:17

Jetzt mein Bericht über den dritten Ohrenschmaus Literaturpreis für Menschen mit Lern und Intellektuellen Behinderungen, der am 1. Dezember im Museumsquartier vergeben wurde.
Es gab drei Preisträger-Preisträgerinnen in den Kategorien Prosa, Lyrik und Lebensbericht, eine Ehrenliste mit positiv aufgefallenen Texten und einen Sonderpreis für eine visuelle Textcollage, es gab Trommelwirbel, eine Jongleurgruppe, einen Sänger, Josefine Bitschnau, die einundachtzigjährige Lebensberichtpreisträgerin spielte ein Ständchen auf der Harfe, Frau Minister Schmied verlas das Preisträgergedicht, Barbara Rett las die Laudatio für den Lyrikpreisträger, Heinz Janisch, die für Josefine Bitschnaus Text, ich die der Prosapreisträgerin Sarah Lutschaunig, Kurt Palm das vierte Jurymitglied, stellte den visuellen Sonderpreis vor, Johannes Kaup moderierte gekonnt das Programm und Frank Hoffmann und Chris Pichler stellten zu Beginn Texte der sogenannten Ehrenliste vor.
Es war sehr schön und stimmig, auch wenn man bei denen, die die Preise übergaben, manchmal ein bißchen das Bemühen spürte, haben sich wahrscheinlich alle trotzdem sehr gefreut.
Das Siegergedicht des 1940 in Landsberg an der Warthe geborenenen Dieter Gebauer gibt es wieder als Zotter Schokolade, sehr fein und zu empfehlen in Buchform und als Doppelpack in der Geschmacksrichtung Kirschschokolade mit Mandelkrokant und Cashewnougat mit Wiesenblüten und ich stelle das Gedicht hiermit vor:
Dieter Gebauer
Meine Laune
Meine Laune ist groß wie ein Fass.
Meine Laune schmeckt wie Dreck.
Meine Laune riecht wie Schuhwichse.
Trotzdem bin ich immer gut gelaunt.
Meine Laune hört sich an wie ein Kuckucksschrei.
Meine Laune fühlt sich an wie so eine alte Hose.
Meine Laune sieht aus wie ne alte Hose.
Meine Laune und ich sind unzertrennlich.
Wenn ich mit meiner schlechten Laune in den Urlaub fahre, hat sie auch Urlaub.
Dann hab ich keine schlechte Laune.
Und jetzt noch die Laudatio zu dem Siegertext von Sarah Lutschaunig: „Nachrichten im Fernsehen“
Wenn man sich vor das Fernsehkastel setzt, kann man was erleben, wie alle wissen, die das manchmal tun.
Frau Christl Gänspichler hat sich an einem Kirschkern totgeschluckt, Frau Sauschädel statt Wasser das Geschirrspülmittel erwischt und die Kommunikationsschwierigkeiten zwischen einer Mutter und einer Tochter haben leider auch zum Tod geführt, so daß man anschließend gleich den Begräbniszeitpunkt erfahren kann. 1. 1. 2012, 21.30 Zentralfriedhof.
Herrlich satirisch der Siegertext von Sarah Lutschaunig, der uns so richtig vor Augen und Ohren führt, mit welchen Terrormeldungen wir überschüttet werden, wenn wir uns abends beispielsweise zum „Zeit in Bild“ vor den Fernsehschirm setzen.
Die 1984 geborene Sarah Lutschaunig, die seit 2002 in der künstlerischen Werkstatt Flip Flap von Jugend am Werk tätig ist, führt uns aber auch die kleinen Katastrophen des sogenannten Alltagslebens vor, das Geschirrspülmittel, die schlechten Noten oder den Briefträger, der die Briefe, weil er unter Schmerzen leidet, wegschmeißt, statt sie auszutragen, wer hat sich solches, wenn man von den derzeitigen Postliberalisierungen hört und den Briefkasten schon wieder einmal leer vorfindet, nicht auch schon gedacht?
Äußerst knapp, pointiert, mit treffenden Wortspitzen, sprachlich hervorragend sind diese Kurzgeschichten unserer kleinen Alltagsnöte ausgedrückt.
Medien- Gesellschaftskritik und experimentelle Literatur in einem, deshalb gratuliere ich als Nichtfernseherin und realistische Autorin besonders gern.
Wer neugierig auf den Text ist, es gibt ihn als CD zu kaufen.
„Best of Literaturpreis Ohrenschmaus 07-09“, gefördert vom bmuk als ORF Radio Ö1 CD.
Da sind auch die anderen Texte z. B. „Der böse Gerhard“ von Renate Gradwohl, die 2007 den Lyrikpreis gewonnen hat, Josefine Bitschnaus „Auszüge aus ihrer Kindheit und Jugendzeit“ enthalten, sowie ein Text von Anton Blitzstein, der ja nach den neuen Teilnahmebedingungen leider nicht beurteilt werden konnte und ein Buch vom Sprungbett Lädle „Sonnenschein und jeden Tag ein Glas Spezi“ Bilder, Gedanken und Geschichten von Menschen mit und ohne Behinderung, laut Otto Lambauer, der die Rede für die Caritas halten mußte und mit dem ich nachher noch zwei Gläser Wein getrunken habe, die Kaderschmiede für den Ohrenschmaus, gibt es auch.
Da sind unter anderem die Texte von Herbert Offenhuber, der auch schon gewonnen hat und heuer wieder auf der sogenannten Ehrenliste steht, enthalten. Sehr zu empfehlen und interessant zu wissen, was Menschen mit Lern- und intellektuellen Behinderungen so alles schreiben.
Fotos von der Preisverleihung gibt es unter www.ohrenschmaus.net zu sehen.

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