Literaturgefluester

2010-11-06

Jugoslavija revisited I

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:56

Am Freitag begann im Odeon Theater die dreitägige Literaturveranstaltung „Jugoslavija revisited“, das von der Alten Schmiede, bzw. Walter Famler seit einigen Jahren veranstaltet wird. Früher gab es die Literatur im März, dann eine Zeitlang beide Veranstaltungen, inzwischen ist nur mehr die Literatur im Herbst übergeblieben, die meistens einem bestimmten Land gewidmet ist, Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Türkei, Ukraine etc. Voriges Jahr gabs was zu den Veränderungen von 1989.
Eine Zeitlang ist die Veranstaltung an mir vorbeigegangen, da der Eröffnungsabend meistens zeitgleich meinem Geburtstagsfest war, dann gabs früher auch noch eine Weinverkostung zu der wir eingeladen waren, so daß ich erst ab Rumänien oder Bulgarien hingegangen bin und auch da erst ab Samstag. Bei der Eröffnung war ich heuer das erste Mal, da mein Fest erst eine Woche später stattfindet.
Und die war feierlich durch den Stadtrat Mailath-Pkorny, der erwähnte, daß inzwischen zweihunderttausend ehemalige Jugoslawen, also Serben, Slowen, Bosnier, Kroaten ect in Wien leben, fünfundvierzigtausen haben davon die Staatsbürgerschaft und das ist interessant, mein Jugoslawienbezug besteht auch aus den Hausmeisterinnen, bzw. der Tante Dora, die wir zweimal in Belgrad besuchten, einmal 1987 als wir aus der Türkei zurückgekommen sind, da zweite Mal 1998 kurz vor dem Kosovo Krieg, als die Lage sehr angespannt war und es kaum Touristen kam. Man brauchte ein Visum und eine Einladung und der Grenzer hat auch mehrmals versucht, mich auf serbisch ect. anzusprechen, weil er offenbar glaubte, daß jemand der Jancak heißt, diese Sprache können muß, dabei ist meine Großmutter, wie die Tante Dora aus Tschechien gekommen.
Das Odeon Theater war sehr voll. Das Interessante an der Veranstaltung ist ja immer, daß die jeweilige Sprachengemeinde, sowie die literarisch Interessierten kommen. Und man bekommt Autoren zu sehen, die man sonst kaum kennenlernen würde.
Dzevad Karahasan hat den Erföffnungsvortrag gehalten und war schon am Donnerstag im „Vom Tag zu Tag.“
Der 1953 in Bosnien-Herzegowina geborene, hat in Sarajewo Theaterwissenschaft und vergleichende Literaturwissenschaft studiert, 1993 hat er Sarajewo verlassen und ist nach Graz gegangen. Der Eröffnungsvortrag „Leben zwischen den Spiegeln“ ist im Wespenheft Sonderheft und in der Alten Schmiede Zeitschrift „Hammer“ abgedruckt, beschäftigt sich mit Melancholie und damit, wie sich ein Mensch verändert, der schon lange in einer anderen Stadt, als in seiner Heimat lebt. Das ist ja eine Erfahrung, die einige Autoren teilen und das große Thema der Veranstaltung, die von der Übersetzerin Alida Bremer mitkuratiert wurde.
In der Eingangshalle gab es wieder eine Diashow und eine Fotoausstellung, die Bilder der Siebzigerjahre zeigte, als Jugoslawien noch ein Vielvölkerstaat war, dann kam der Krieg und die Zersplitterung. Aus den Jugoslawen wurden Serben, Kroaten, Bosnier und Slowenen und in den Texten ist das große Trauma zu spüren. Im Vortrag von Dzevad Karahasan, wie bei der Lesung der Kroatin Ivana Salko einer, wie Alida Bremer betonte, Angehörigen der jüngeren Generation.
Ivana Salko ist 1975 geboren, als Dramatikerin sehr berühmt und schon in viele Sprachen übersetzt. Jetzt hat sie aus dem Roman „Rio Bar“ gelesen, der sich von verschiedenen Seiten, in einem Ich-Monolog und großer Sprachgewalt mit dem Krieg in Kroatien auseinandersetzt. Alida Bremer hat den Roman übersetzt und betonte, daß ihr die Arbeit großen Spaß gemacht hat, weil eben die verschiedensten Facetten beleuchtet werden und neben den poetischen und dramatischen Elementen persönliche Anmerkungen zum Sprachprozeß, beziehungsweise dokumentarische Teile zu finden sind.
Zuletzt traten noch Edo Popovic und Svetlan Lacko Vidulic auf. Edo Populic wurde 1957 in Bosnien geboren, lebt seit 1968 in Zagreb hat vier Romane geschrieben. Seit Romanbebut „Mitternachtsboogie“ aus dem er las, wurde zum Kultbuch der Achtzigergeneration. Er war auch Kriegsreporter.
Svetlan Lacko Vidulic ist etwas jünger, nämlich 1968 in Zagreb geboren, hat eine deutsche Mutter und in Zagreb und Wien Germanistik studiert. Er hat einen Essay im Wespennest zu den Gedächtnislandschaften und darüber gab es eine Diskussion.
Es gab auch einen Büchertisch mit all den vorgestellten Büchern und das Wespennest zu kaufen, aber zu dem bin ich kaum herangekommen, macht ja nichts, gabs ja beim offenen Bücherschränken einige tolle Amerikaner. Nämlich Louis Begley „Lügen in Zeiten des Krieges“, Don de Lillo „White Noise“ und dann noch was Interessantes, ein signiertes Buch von Andrea Askowitz „My miserable, lonly, lesbian pregnancy“.
Jetzt muß ich das noch unterbringen, der grüne Erde 10% Geburtstagsgutschein für das Bücherregal ist schon da.

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