Literaturgefluester

2011-05-06

Der Mann mit dem Hut

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:34

Joseph Zoderer ist auf Fotos meist mit einem schwarzen Hut abgebildet und gilt als einer der bekanntesten Südtirolerautoren. Als ich 1996 in Klagenfurt beim Bachmannpreislesen zuhörte, habe ich mir in einer Libro Abverkaufskiste „Das Schildkrötenfest“, ich glaube um fünfzig Schilling gekauft und gelesen. Erinnern kann ich mich nicht mehr sehr daran, für mich galt Zoderer aber immer als Autor mit Kultcharakter ähnlich, wie Norbert C Kaser, gesehen habe ich ihn aber noch nicht. Jetzt ist bei Haymon das achtzehnte Buch, der Roman „Die Farben der Grausamkeit“ erschienen, das am Mittwoch im Literaturhaus Graz, am Donnerstag in der Alten Schmiede vorgestellt wurde und vorigen Freitag bei den „Beispielen“ im Radio war. Die Südtiroler Autoren haben offenbar eine große Lobby, so sah ich, als ich in die Alte Schmiede kam, Robert Huez in Zeitschriften blättern und Hannelore Kofler ist ein paar Plätze neben mir gesessen. Sabine Gruber habe ich gesehen und noch einen Autor, dessen Namen mir jetzt nicht einfällt. Der Lehrer, der aus Retz zu den Literaturveranstaltungen gefahren kommt und sich die Bücher signieren läßt, sagte mir, daß man ihm in seiner Buchhandlung von dem Roman abgeraten hätte, weil wieder eine Beziehungsgeschichte eines älteren Mannes, also das, was ich immer Gustav Ernst unterstelle.
Kurt Neumann bezog sich in seiner Begrüßung gleich darauf und beschrieb „Die Farben der Grausamkeit“, als großes Epos eines Mannes mit schrankenlosen Liebesverlangen und starker Sinnlichkeit als Daseinsberechtigung, Joseph Zoderer widersprach dem zwar am Ende der Veranstaltung, als eine junge Frau wissen wollte, ob es in dem Buch jetzt um Liebe oder den Eros geht?
„Das ganzen Themen der Literatur bestehen aus der Leben und dem Tod!“, antwortete er enthusiastisch, beklagte die Mißverständnisse seiner Rezensenten, begrüßte seine erste Frau, die im Publikum saß und scheint ein sehr extrovertierter Charakter zu sein. Jedenfalls hat er viel erzählt, einen schwarzen Hut hat er auch aufgehabt und eine weiße Jacke getragen. Oliver vom Hove, der eingeleitet hatte, sprach auch von Superlativen, der am jüngsten aussehende Fünfundsiebzigjährige, der berühmteste Südtiroler Autor und erzählte von einem Geburtstagsfest in Bruneck, das von Peter Handke, Gerhard Rühm, Pazul Nizon, Peter Estherhazy, Robert Schindel, Robert Menasse etc ausgerichtet wurde. Er erzählte auch ein bißchen vom Lebenslauf, in Graz aufgewachsen, in Wien studiert, Gründungsmitglied der Kronenzeitung, was dem Journalisten in der ersten Reihe ein bißchen irritierte, bzw. zu weiteren Fragen veranlaßte, mit dem Roman „Die Walsche“ berühmt geworden, etc.
In „Die Farben der Grausamkeit“ , wie es zu dem Titel kommt, habe ich aus der Lesung nicht herausgekommen, geht es um einen Mann zwischen zwei Frauen, Richard, ein Journalist, der mit Selma und zwei Buben in einem Haus lebt, bzw. dieses baut, ihnen vom Einkaufen Süßigkeiten oder Spielsachen mitbringt, es gibt sehr schöne Naturbeschreibungen, aber auch eine Redaktionspraktikantin namens Ursula, die er zum Spaghettikochen in seiner Wohnung auffordert und „da hat sie ja gesagt“, sie essen sie mit viel Parmesan und grünen Salat. Richard wird dann noch zum Auslandskorrespondenten befördert, so kommt er 1989, als die Mauer fiel nach Berlin, erlebt dort den Umbruch und trifft Ursula, die plötzlich Miguela heißt und Spanisch spricht, wieder. Das habe ich auch nicht so verstanden, aber Zoderer sagte ja, daß er quergelesen hat, so daß man vieles nicht mitbekommen wird. Oliver vom Hove sprach dann von einem Sog, der bei der Lesung nicht so deutlich wurde, verglich Richard mit Odysseus und sprach von der Irrfahrt, die dieser macht, bis er zu Frau und Hund nach Hause kommt und Joseph Zoderer erzählte, daß er im November 1989 in Berlin gewesen ist, den Roman aber verdichtet hätte, um die Handlung zusammenzubringen.
In der Diskussion erkundigte sich der Herr in der ersten Reihe, wie schon erwähnt nach der Kronenzeitungsgründung, die Joseph Zoderer, der in Wien als Gerichtberichterstatter gearbeitet hat, sehr launig darzustellen wußte, es gab dann noch einen Band mit politischen Gedichten. Die Südtirolfrage spielt laut Wikipedia in seinen Werken auch eine große Rolle und ich habe eine Südtiroler Legende persönlich kennengelernt, um mich ebenfalls in Superlativen zu üben nach in Bruneck, wo Joseph Zoderer laut Wikipedia eine Schreibwohnung hat, bin ich gelegentlich während der Schiwochen in Obergail gekommen und bin dort, da ich keine Schifahrerin bin, sehr lange und sehr intensiv in der großen Buchhandlung gesessen, wenn ich vom Spazierengehen schon erfroren war.

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