Literaturgefluester

2023-10-21

Eigentum

Filed under: Bücher,Buchpreisbloggen — jancak @ 00:33
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Im Buch neun der österreichschen Longlist und das fünfte das auf der Shortlist steht, geht es um die Aufarbeitung des Todes der Mutter.

Der 1960 in Maria Alm geborene Wolf Haas ist für seine „Brenner-Romanen berühmt geworden. Da habe ich mal gehört, daß er die zuerst konventionell verfaßte, bis er zu seinem eigenen Brenner-Ton kam, über den es schon Bücher gibt. Dann gibt es noch ein paar andere Romane. Das „Wetter von fünfzehn Jahren“, das, glaube ich, auf dem dBp stand, hat mir sehr gefallen und jetzt bin ich ein bisschen verwirrt, obwohl ich mich noch immer frage ob er oder Clemens J. Setz den Buchpreis gewinnen wird oder vielleicht doch eine der Frauen?

Aber bei einem Begräbnis am Land singt bei Frauen der Frauenchor bei Männern spielt die Blasmusik. So ist das eben und konnte auch vom Wolf Haas nicht verändert werden, der auf die Idee kam, ein Buch über den Tod seiner Mutter „Eigentum“ zu nennen.

Am Cover steht auch „Eigentum „von Wolf Haas“ und da kann man oder wurde spekuliert, ob ein Roman das Eigentum des Autors ist? Das Geistige natürlich selbstverständlich, aber ich kann das Buch zerreißen oder verbrennen, wenn ich es mir gekauft habe und ich kann es auch verstehen, wie ich es will, dann vielleicht aber mit dem Autor oder Kommentierer darüber diskutieren.

Es geht also um die 1923 geborene Mutter Marianne, die mit fünfundneuzig Jahren, glaube ich, in einem Altersheim gestorben ist. Vorher wurde sie von ihrem Sohn besucht, dem sie den Auftrag gab, ihren Vater anzurufen, um sich zu erkundigen, wie es da, wo sie hinkommen wird, so ist? Später geht es, um die Frage ob und wie sie ihm Brennesseltee mitbringen soll und der Sohn lügt sie an und erzählt ihr etwas von dem Großvaters und wird dann verlegen, als sie nicht locker läßt.

Irgendwo habe ich auch gelesen, daß das Buch auf sehr sanfte Art und Weise das vorige Jahrhundert beschreibt. Denn die Mutter, die aus einer armen Familie stammt, der Großvater hat bei der Inflation nach Wordwar eins, sein ganzes Geld verloren, so wurde sie mit zehn einer Bauernfamilie übergeben, wo sie den Söhnen die Socken stopfen mußte. Dann kam sie auf die Hauptschule und später in die Hotelfachschule oder einen Servierkurs. Der erste Tag dort fand vor Beginn des zweites Weltkrieges statt, dann wurde der Lehrer aber eingezogen und die Fortsetzung fand erst nach dem <krieg statt.

Die Mutter, die auch verschiedene Kriegseinsätze hatte, ist dann als Serviererin in die Schweiz gegangen und hat ihrer Familie ihren Lohn geschickt, damit sei ein Haus bauen konnte. Später war dann nur ein Zimmer für sie, bis sie in eine Mietwohnung zog, denn das Geld, das sie für die Eigentumswohnung ansparte, war dann, als sie es hatte, nur mehr die Hälfte wert. So zog sie mit ihren Söhnen in eine Mietwohnung, wo sie auf den Friedhof schauen konnte. Fünf Jahre vor ihrem Tod wurde sie von dort aber auch hinausgeschmissen und mußte ins Altersheim ziehen. Hatte aber ihr eigenes Grab, wo schon ihr Name stand. Endlich also ihr Eigentum, der Patz, der ihr gehörte und der Sohn wurde auch für eine Poetikvorlesung eingeladen, wo er, über „Kann man über das Leben schreiben will?“, referieren will.

So geht es dahin. Die Mutter war, wie die Nachbarin, dem Sohn sagte, eine schwierige Person, die oft in Streit geriet und zwar Französisch und auch mit dem Zehnfingersystem Maschinschreiben, aber nicht mit Menschen umgehen konnte. So ging sie in ihren spätenJahren nicht mehr aus dem Haus, die Bauernkinder denen sie Nachhilfe geben sollte, kamen aber zu ihr.

Und dann ist sie mit Fünfundneunzig, drei Tage nachdem sie den Sohn nach dem Jenseits fragte, gestorben und der Sohn schreibt über das Eigentum, das sie nie hatte, hat sie ihm doch schon als Kind das Wesen der Inflation erklärt und das „Sparen, sparen, sparen!“, beigebracht und so haben wir ein Memoir das sich auf eine sehr ungewöhnliche Art und Weise der Mutter annähert, an die ich mich erst gewöhnen musste, denn ich bin ja eine eher humorlose Person, die nicht viel Spaß versteht und alles wörtlich nimmt, aber Wolf Haas ist ein guter Schreiber, der höchstwahrscheinlich auch davon leben kann und jetzt müssen wir nur abwarten, ob er die zwanzigtausend Euro oder doch nur zweitausendfünfhundert bekommt?

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