Literaturgefluester

2011-04-06

Herzgeschichten

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:49

Herzgeschichten scheinen groß in Mode zu sein, hat ja nicht nur Julya Rabinowich eine „Herznovelle“ geschrieben, sondern auch Peter Stephan Jungk den Roman „Das elektrische Herz“, das ich bei der literarischen Soiree im März gewinnen hätte könne, wenn ich schnell genug hinausgeschrieen hätte, daß er der Sohn des Zukunftsforschers Robert Jungk ist. Damals habe ich mit dem Buch nicht viel anfangen können, dann sah ich daß es am 5.4. in der Alten Schmiede vorgestellt wird und in Leipzig wurde es auch im Österreich-Cafe präsentiert und weil ich ja immer auf der Suche nach Neuem bin, bin ich in die Alte Schmiede, konnte dort aber fast nicht hinein, weil die Leute um den Autor herum vor dem Eingang standen. Evelyn Holloway rief mich an, Julya Rabinowich saß unten in der ersten Reihe. Die Sessel waren wieder umgestellt, jetzt standen sie so, wie sie bei der Lesung von Melinda Nadj-Abonji gestanden sind und es waren sehr viele Leute. Erstaunlich viel für einen unbekannten Autor, aber das schien er nur mir zu sein, las ich inzwischen ja bei Wikipedia, daß der 1952 in Kalifornien geborene ein amerikanisch deutschsprachiger Schriftsteller und Filmemacher ist und schon viele Veröffentlichungen hat. Er scheint auch einen Herzfehler zu haben, jedenfalls sprach er von zwei Operationen am offenen Herzen, die an ihm durchgeführt wurden, aber das war erst später. Zuerst gab es einen starken Applaus als er und sein Freund Christian Filitz vom ORF, der manchmal die französisch sprachigen Nachrichten im Morgenjournal liest, auftraten. Dietmar Grieser und Gabriele Madeja habe ich noch erkannt. Kurt Neumann hat eingeleitet und von drei unterschiedlich literarischen Registern gesprochen, die in diesem Roman aufgezogen wurden. Ist er doch sowohl Schelmenroman, Liebes-Heldengeschichte und Leidensbericht und es ist ein Dialog eines Mannes, dem Dramatiker Max David Vielanders mit seinem Herzen. Das Herz diktiert ihn den Roman und die beiden geraten während des Schreibens auch aneinander und so erzählen Max und das Herz ihre Lebensgeschichte, die vermutlich viel mit der von Peter Stephan Jungk gemeinsam hat. In Amerika geboren, in Wien zur Schule gegangen, dann viele Auslandsaufenthalte, denn Max ist der Sohn eines berühmten Regisseurs und einer etwas weniger berühmten Maman, die Schauspielerin war. In einem Schweizer Schwimmbad tritt die erste Krankheit auf, die dem Jungen fortan Sport zu betreiben verbieten, er wird dadurch zum Außenseiter, bekommt mit elf Jahren eine Schwester und wird erst als die Familie nach Berlin zieht, ein wenig anerkannt. Sie ziehen dann noch nach Salzburg um, weil sie dem Sohn eine Kifferexistenz ersparen wollen, der klaut aber einen Tausender aus dem Safe, fährt damit nach München, um sich mit Rauschgift zu versorgen, steckt das im Zug in eine Coladose und wirft es bei der Grenze aus dem Fenster, um sie nie wieder zu finden. Dann kommen die Operationen am offenen Herzen, die werden dann nur von dem Herzen erzählt, weil der Protagonist ist ja inzwischen in Narkose und in einem anderen Teil geht es um die Frauen, denn der Max ist ein großer Frauenheld und lebt inzwischen in Paris, Peter Stephan Jungk tut das seit dreiundzwanzig Jahren und Max wird dort von der Briefträgerin Farah hinausgeläutet, die an seiner Türe steht, sich von ihm Orangensaft auspressen läßt und mit ihm spazieren geht, weil sie sich für Literatur interessiert, küssen und anfassen, läßt sie sich, die aus Algerien stammt, von ihm aber nicht. So marschieren sie zum Jardin de Plantes, dort läßt sie sich von ihm ein Gedicht aufsagen, er kann nur eines auf Deutsch, daß das dann der „Panther“ von Rilke ist, ist wohl ein Zufall, Farah hat aber den Namen Rilke ohnehin noch nie gehört. Max will mehr von Farah, so läßt er sich von ihr beauftragen, das Buch zu schreiben und der Dialog mit dem elektrisierten Herzen beginnt.
Dem Publikum hat es gefallen, das Buch wurde auch viel gekauft, so hörte ich beim Büchertisch eine Dame ihren Begleiter fragen, ob sie es ihm schenken soll, weil sie schon eines hätte, Peter Stephan Jungk hat auch während der Leseung seine ebenfalls am Herzen schreibende Autorenkollegin begrüßt und erzählte noch, daß er wenn er in Paris frühstückt, Ö1 aufdreht und sich die Nachrichten von Christian Filiz vorlesen läßt.

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