Literaturgefluester

2014-07-22

Die Frauen der Schaurinia

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:16

Jetzt bin ich endlich in Slowenien angekommen und zwar in Istrien, wo in der Zwischenkriegszeit, die Frauen mit Körben auf dem Kopf und wenn sie es sich leisten konnten, einem Esel, durch die Dörfer gingen, Eier gegen ein Stück Leinen, Gewürze, Schnaps etc eintauschten und sie dann am Markt vom Triest verkauften.
Es lebe das Matriachat, die Männer waren bei den Kindern zu Hause, bestellten die Felder, manchmal versoffen sie sich auch.
Katina ist so eine Schaurinka und während sie mit ihrem Esel durch die Gegend zieht, denkt sie an die Zeit zurück, als sie sechzehn war und vom Vater das erste Mal mit ihrer Schwester losgeschickt wurde. Die Mutter hat ihnen den Korb mit der Leinwand, dem Petrolium, dem Pfeffer etc gegeben, die Teta Ursa,die erfahrenste Eiersammlerin, alles genau erklärt.
„Hart verhandeln, ehrlich zahlen!“ und der Vater sagte „Ihr werdet euch schon nicht verirren. Alle Straßen führen nach Rom und alle Wege zurück nach Grasice.“
Von der Mutter kommt, glaube ich, noch das „Bei Schlechtwetter gehst du, bei Schönwetter kommst du!“ oder umgekehrt.
Es ist ein hartes armes Leben, das die Frauen da auf ihren Wegen führen, es gibt aber eine herzliche Solidarität, sie werden von den Bauern mehr oder weniger freundlich aufgenommen, bekommen was zu trinken und ein Stückchen Brot, können übernachten und haben manche Freundinnen unter den Bäuerinnen, die Teta Nina beispielsweise oder die Teta Fila, deren Männer krank oder geizig sind, sie erzählen sich Geschichten, zum Beispiel von dem Mann der sehr viel trank, dann versprach damit aufzuhören, er verblödete daran, die Frau pflegte ihn, der Arzt kam ihn wöchentlich besuchen, einmal fand er ihn nicht im Bett, sondern im Weinkeller, denn er hatte sich nur krank gestellt.
Ein Zigeuner schenkt Katina ihr erstes Eselchen, sie borgt den armen Frauen manchmal Geld, das sie nicht immer zurück bekommt und manchmal wird ein Kind auf den Weg geboren.
Katina, die in den Nachbarsohn einen guten Mann findet, passiert das nicht, sie bekommt aber jedes Jahr ein Kind, das seine Mutter dann nicht sehr oft sieht, denn sie muß morgens weg und kommt erst, wenn überhaupt, spät nachts nach Haus und fragt sie höchstens, was sie ihr mitbringen wird?
„Kipfel, Feigen, süße Sachen!“
Für viel mehr reicht es nicht und als Katina einmal allen ihren vier Kindern ein Hemd kauft, hat sie alle ihre Lira ausgegeben und ist ihre ersten Wege als junge Frau auch barfuß gegangen, weil kein Geld für Schuhe da war und sie noch beim Schuster waren.
Denn das Leben ist hart, es werden Steuern eingetrieben und die Karabineri erwischen sie manchmal beim Schnapsschmuggeln oder nehmen ihnen ihre Eier weg, weil sie keine Erlaubnis hatten.
Da hilft nur der Wein, die Geschichten oder auch die Zauberei, die in den istrischen Dörfern der Zwischenkriegszeit eine große Rolle spielt. Da wird von Hexen und von Zauberern erzählt und im Anhang wird der 1939 geborene Marjan Tomsic als Vetreter des magischen Realismus genannt und das Buch im Klappentext als „Kollektiver Roman und Dokument des Matriachats, der Grenzüberschreitung in sprachlicher und kultureller Hinsicht“ bezeichnet.
Wohl wahr, überschreiten die Frauen ja ständig die italienische und slowenische Grenze, sprechen Italienisch und auch andere Sprachen, obwohl sie wahrscheinlich nicht viel zur Schule gingen.
Die Handlung ist in verschiedene Kapitel gegliedert, die Namen wie „Das schickt euch der Onkel, dem Ihr den Esel gestohlen hat“ oder „Soll doch alles beim Teufel sein, die Butte, das Ferkel und der Wein“, tragen und so wird der Roman, der von Johann Strutz aus dem slowenischen Übersetzt wurde, recht form- und plotlos erzählt.
Von Marjan Tomsic, der im Klappentext als „der kongeniale Erzähler Istriens“ beschrieben wird, ist im Internet nicht besonders viel zu finden, so gibt es den „Wikipedia-Eintrag“ beispielsweise nur auf Slowenisch. Es gibt aber im Anhang ein ausführliches Nachwort von Silvija Borovnik und auch eine Erklärung, die erläutert, wie es „vom „Original zur Übersetzung kam.
Dazu passt gut Veronika Seyrs „Forellenschlachten“, als kleiner Denkanstoß, daß es diese Solidarität und vielleicht auch die ganzen Eierfrauen nicht mehr gibt, das ich zufällerweise knapp vor der „Hermagoras-Verlagsspende“ bekommen habe, ansonsten hat mich das Buch sehr an B.Traven und seinen „Karren“ erinnert, denn dort sind die „Carreteros“ ja auch mit Sack und Pack, über die Paßhöhen gezogen.

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