Literaturgefluester

2023-08-28

Das andere Mädchen

Ende Juli hat der Alfred ein Grillfest gemacht und dazu all die Bekannten eingeladen, die von Corona übergeblieben sind und da ist auch die liebe Doris Kloimstein gekommen, die neben der Ruth in den ärgsten Lockdown- und 2G-Zeiten, eigentlich die einzige war, mit der ich damals Kontakt hatte und die hat mir ein kleines dünnes Büchlei, der letzten Nobelpreisträgerin, der 1940 geborenen Annie Ernaux „Das andere Mädchen“ mitgebracht und da bin ich daraufgekommen, daß ich das Buch nach Frankreich mitnehmen könnte und außerdem ist mir noch eingefallen, daß ich ja ein anderes Ernaux Buch im Bücherschrank von Lohr gefunden habe.

„Erinnerungen eines Mädchen“ heißt es und einen Augenblick lang habe ich geglaubt, daß es sich um das selbe Buch handelt, ist es aber nicht und auf die „Erinnerungen“ habe ich vergessen, als ich im Juli mir die französische Reiselektüre zusammengestellt habe, obwohl wir damals ja nicht dorthin fahren wollten und von Annie Ernaux war in den letzten Jahren viel zu hören und ihre Bücher, sie ist auch eine, die ihr eigenes Leben beschreibt, was jetzt ja als Autofiktion sehr modern ist, sehr gelobt.

Gelesen hatte ich noch nichts von ihr. Also vielen Dank für das Geschenk und das vierundsiebzig Seiten „Suhrkamp-Buch“ habe ich gelesen, als wir schon auf der Rückfahrt waren.

Es gibt einige Fotos auf dem Cover und in dem Buch. Am Cover ist Annie Ernaux Vater mit einer Verwandten und der verstorbenen Schwester Ginette zu sehen, die Annie Ernaux nie gekannt hat, weil sie schon vor ihrer Geburt an Diphterie verstarb. Daran knüpfen sich nun einige Fragen, darunter berühmte, mußte sie sterben damit Annie geboren werden durfte und muß sie sie ersetzen?

Fragen die ich eigentlich für unnötig finde, ob wohl sich damit ja Bücher schreiben lassen, denn die Antwort heißt natürlich nein! Aber an solche Ereignisse knüpfen sich natürlich die berühmten Familiengeheimnisse und Annie Ernaux hat von ihrer Schwester auch durch ein zufälliges Gespräch ihrer Mutter mit einer Nachbarin oder einer Kundin erfahren und da hat diese eine wenig sensible Außerung gemacht, die sich bei der kleinen Annie eingeprägt hat.

„Sie war viel lieber, als die da!“, hat sie gesagt und das hat Annie Ernaux wahrscheinlich veranlasst Jahre später einen Brief an die nie gekannte Schwester zu schreiben. Einen Brief, den diese, wie sie ebenfalls schreibt, nie lesen wird.

„Selbstverständlich ist dieser Brief nicht an dich gerichtet, und du wirst ihn nicht lesen. Andere Menschen, Leserinnen und Leser, die beim Schreiben für mich genauso unsichtbar sind wie du, werden ihn in den Händen halten.“

Es gibt zwei Fotos in dem Buch von dem Haus in dem Annie Ernaux als kleines Mädchen mit ihren Eltern lebte, die dort ein Geschäft oder eine Kneipe hatten und die Sprache, die von Sonja Finck übersetzt wurde, ist sehr schön und eindrucksvoll und macht Lust mehr von Annie Ernaux und ihrem Leben zu lesen. Bei den Erinnerungen“, die ein wenig dicker sind, hätte ich Gelegenheit dazu und da gibt es auch ein Foto von der jungen Frau am Cover zu sehen.

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