Literaturgefluester

2016-08-06

Als meine Schwestern das Blaue vom Himmel holten

Filed under: Bücher — jancak @ 00:31
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Auf die 1981 geborene, in Berlin lebende, Susanne Mewe, die am Leipziger Literaturinstitut studierte, bin ich durch ihren Gewinn beim „Wartholzer Literaturpreis“ aufmerksam geworden, denn da haben ja heuer eine Reihe mir bekannte Autoren, wie Jürgen Lagger,  Katharina Tiwald, Marlen Schachinger, Robert Prosser, Cornelia Travnicek, etcetera, gelesen und gewonnen hat eine mir bisher unbekannte Autorin und als ich ihren Lebenslauf nachgooglete, bin ich daraufgekommen es gibt einen im „AufbauTaschenbuchVerlag“ erscheinenen Debutroman, den ich, wenn ich gewollt hätte, schon früher lesen hätte können, denn der „Aufbau Verlag“ hat im Frühling oder so einen „Geschwistertag“ verantstaltet und dabei dieses Buch, wie alle, die um Geschwisterliebe handeln, vorgestellt.

Ich habe damals Jane Austen gelesen und war mit meinen „Berührungen“ und dem Stefan Zweig-Schwerpunkt beschäftigt, so daß ich die Bücher nicht besonders angeschaut habe, aber nach „Wartholz“ habe ich das getan und war eigentlich erstaunt über die Aufmachung, lauter rote und lila Kugeln am Cover, Blumen oder Luftballons und Blümchen gibt es auch auf jeder Seite und wenn man den Umschlag umklappt, steht auf der Rückseite:

„Warum wir dir helfen wollen? Weil weil wir dich lieben. Weil du uns den letzten Nerv raubst. Weil wir deine Schwestern sind.“

Also eigentlich  eine Chicklit-Aufmachung und das ist für eine Literaturinstitutabsolventin und „Wartholz-Gewinnerin“, wo unter anderen  Günther Kaindlsdorfer und Olga Flor in der Jury waren, eher ungewöhnlich, gibt es ja, wie vor kurzem erst Tobias Nazemi bloggte, eine klare Unterscheidung zwischen U und E Literatur.

Ich meine, sie soll es eigentlich nicht geben und der „Aufbau Verlag“ versucht offenbar auch dieses Klischee zu durchbrechen. Tobias Nazemi hat aber einige Kriterien, was für ihn zur anspruchsvollen Literatur gehört und da zählen wohl die Chicklit-Frauenhandlung, als auch das rote Blumencover nicht dazu und ich muß gestehen, ich bin nach dem Lesen ein wenig ratlos und weiß nicht so recht, was ich von dem Buch, das einige  Klischees sprengt, halten soll?

Vielleicht sollte ich auch den Preistext lesen, denn zuerst dachte ich, ein typischer Debutroman und da habe ich bei den O-Tönen jetzt ja einige gehört beziehungsweise gelesen und weiß von da, daß die jungen Frauen der Generation Dreißig, die Journalistik studieren und dann in der Generation Praktikum landen, es heutzutage sehr schwer haben. Friederike Gösweiner hat ein solches Buch geschrieben, das noch auf meiner Bettablage liegt und die Mia, die Ich-Erzählerin, der Susanna Mewe, ist ja auch so alt, hat die Jounalistenschule absolviert, dann angeblich oder auch tatsächlich eine feste Anstellung bekommen, aber gekündigt oder sie gar nicht erst angenommen und sich fortan bei Messen als Garderobiere verdingt.

Eine Satire oder eine Parodie auf die prekären Verhältnisse? Aber das ist nur eine Nebenschiene, denn eigentlich beginnt es mit einer Trennung.

Lars, Mias Freund, eröffnet ihr beim Frühstück aus heiteren Himmel, daß er sich von ihr trennen will. So zieht sie aus, vorübergehend zu ihrer Supervisorin Geraldine, die ihr für fünf Euro pro Tag eine Matratze in ihrem Wohnzimmer vermietet, geht aber bald zu ihrer  Schwester Paula, die alles hat, ein schönes Häuschen mit Garten in einer Reihensiedlung, ein möglicherweise autistisches Kind, einen Ehemann namens dMatthias und auch noch einen Job.

Paula überredet Mia zum Klassentreffen zu gehen und dann tauchen noch die beiden anderen Schwestern, Lucy, die erfolgreiche Bankerin und Sophie, das Nesthäckchen auf und in Rückblenden wird  von der Vergangenheit der Schwestern, die Ehe der Eltern wurde geschieden, die Mutter ist an Krebs gestorben, vorher hat sie aber noch das Haus ausgeräumt und nur die Spielsachen der Töchter zurückgelassen, die inzwischen auf Paulas Dachboden stehen, erzählt.

Das Buch spielt und das ist auch interessant zu Weihnachten. Denn im vorigen Sommer habe ich, auch wenn das Zufall ist, denn das Buch ist schon im Februar erschienen, auch ein paar Weihnachtsbücher um diese Zeit gelesen und gerade selber ein solches fertiggestellt und plötzlich tauchen die drei Schwestern bei Paula auf, die sie schon vorher mit ihrem Mann Mathtias verkuppelt haben und wollen ihr das „Blaue vom Himmel holen“.

Ganz ist mir der Titel nicht klar geworden, aber vermutlich wollen sie ihr ungefragt zu ihrem Glück verhelfen, also eine gefährliche Drohung, wie schon am Umschlag steht, denn beim Klassentreffen hat Mia von einer Klatschbase erfahren, daß Matthias ein Verhältnis haben soll.

So kommen die Schwestern und wollen Paula mit dem netten Nachbarn verkuppeln, in dessen Bett dann aber Mia fällt und am Schluß stellt sich heraus, es war gar nicht so schlimm. Matthias hat sich nur Aktfotos auf sein Handy geladen, weil er Paula überraschen und ihre Ehe aufmöbeln wollte?

Dann kommt meiner Meinung nach ein Bruch in der durchaus spannenden Geschichte, die nur sehr viele Rückblenden hat und auch mit viel Klamauk, der mir ja nicht unbedingt liegt, erzählt wird, wo ich den Faden verloren habe.

Es stehen jedenfalls alle am Weihnachtsabend im Wald, Lucy will Matthias ermorden, Paula fängt mit ihm zu streiten an und plötzlich ist es aus, es kommt wieder eine Rückblende, Mia will ihr Leben ändern, fängt, als fixe Reporterin bei einer Jagdzeitung an und da hätte ich schon gedacht, es wäre bei der Generation Dreißig unmöglich vom ewigen Praktikum wegzukommen und Lucy, stellt sich heraus, ist gar nicht so erfolgreich, hat auch noch Krebs oder einen gutartigen Tumor und die Schwestern zerren sie zur Untersuchung und einen Zahnarzt, der sich in Mias Liebesleben einmischt, gibt es auch, was ich wieder originell fand.

Ein etwas überladenen Buch, dem vielleicht eine gewisse Straffung fehlt, würde ich mal mäkeln,  bleibe mit Neugier auf Susanna Mewes Preistext zurück und habe, was die Unterscheidung von U und E-Literatur betrifft, wiedermal eine spannende Erfahrung gemacht, daß die Grenzen fließen und eine Einteilung nicht so einfach ist, was es wohl auch gar nicht soll.

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