1821 lernte der über siebzigjährige Goethe in Marienbad, die siebzehnjährige Ulrike von Levetzow kennen, der er 1823 einen Heiratsantrag machte, der aber abgewiesen wurde, so daß er daraufhin die „Marienbader-Elegien“ schrieb, 1832 in Weimar starb, Ulrike von Levetzow ist unverheiratet geblieben und hat, wie ich „Wikipedia“ entnahm, ihr Leben lang dementiert ein Liebesverhältnis, sondern nur eine väterliche Beziehung zu dem alten Geheimrat gehabt zu haben, trotzdem ist sie als Goethes letzte Liebe in die Geschichte eingegangen und der 1927 in Wasserburg geborene Martin Walser, hat 2009 den Roman „Ein liebender Mann“ darüber geschrieben, der als verbilligtes Taschenbuch über den „Thalia-Abverkaufstoß“ zu mir gekommen ist, angelesen habe ich ihn ihn aber schon 2009, denn damals hat die FAZ einen Teil des Romanes im Internet veröffentlicht und allgemein kann es als sehr interessant empfinden, was einem ebenfalls nicht mehr jungen Mann über die letzte Liebe des alten Geheimrates eingefallen ist.
Das Buch ist in drei Teile gegliedert, der erste spielt, 1823 in Marienbad, da ist Goethe mit seinem Diener Stadelmann, der sich ein Geschäft darausmacht, Goethes Haare zu verkaufen und dem Schreiber John auf Kur, sein Freund und Dienstgeber, Großerzog Carl August bzw. Chef steht irgendwo, Martin Walser bedient sich durchaus einer modernen Ausdrucksweise, ist ebenfalls anwesen und Frau von Levetzow mit ihren drei Töchtern, Ulrike, Amilie und Berta, neunzehn, sechzehn und fünzehn Jahre alt.
Goethe geht mit der „Contresse Ulrike“, wie die, in einem Straßburger Internat Erzogene, genannt wird, weil sie so kritische Fragen stellt, spazieren und auf Abendgesellschaften, da tanzt er mit ihr. Es ist aber üblich, daß die Tänze abgelöst werden können, so tritt ein Herr de Ror auf, ein halbgriechischer oder halbtürkischer Gewürzwarenhändler von dem man keinen Vornamen weiß und Goethe erglüht in Eifersucht.
Sein Alter macht ihn auch zu schaffen, er ist drei-, bald vierzundsiebzig, also fünfundfünfzig Jahre älter, während sich sein Hausarzt ein Mann von fünfzig Jaren mit einer dreißig Jahre jüngeren Frau verlobt.
Das mag noch angehen, aber fünfundfünfzig? Trotzdem geht das Leben weiter. Nach dem Eifersuchtsanfall, wo Goethe sich beleidigt in sein Gasthauszimmer zurückzieht, kommt es zu einem Kostümball und da verkleidet er sich als Werther, Ulrike als Lotte und sie gewinnen auch noch den ersten Preis, nur als sie zwischendurch spazieren gehen, stürzt der alte Mann, muß vom Hausarzt versorgt werden, entschließt sich aber trotzdem, den Herzog als Heiratsvermittler zu Frau von Levettow zu schicken.
Das wird, wie in „Wikipedia“ steht abgewiesen, in dem Buch wird das etwas unverbindlicher ausgedrückt. Die Familie reist nach Karlsbad ab. Goethe reist nach und geht sogar vier Stunden mit Ulrike spazieren, wobei es zu einer „Du -Zone“ kommt.
Es werden auch Küße getauscht und weil die Levetzowschen Töchter, Frauen des neunzehnten Jahrhunderts sind, bedienen sie sich und das finde ich genauso köstlich, wie die „Contresse Ulrike“, einer Art Kürzelsprache und sagen“Swswnn“, wenn sie „So weit sind wir noch nicht“ meinen und „ab“ „Aber bald“.
Das sind schon Floskeln, die Goethe und Ulrike während des Spaziergangs austauschen, sie schickt ihm ein Band, das sie als Lotte trug, er raubt ihr einen Handschuh und im dritten Teil ist sie wieder im Internat, dort hat sie angeblich nur Schiller und nicht Goethe gelesen, wie die vorlaute Schwester, dem Geheimrat in Marienbad verriet. Goethe in Weimar, im Hause seines Sohnes August und seiner Schwiegertochter Ottilie, die auch etwas gegen die Liebe des „Lustgreises“ und wahrscheinlich gegen eine Heirat haben.
So schreibt Goethe die „Marienbadner-Elegien“, die er im Roman Ulrike zukommen läßt, in Wirklichkeit scheint das nicht geschehen zu sein. Walser läßt Goethe auch Briefe an Ulrike schreiben, beziehungsweise übt er sich in der Kunst des Briefromanes und da schildert er die Überwachungen, beziehunsweise die Beschimpfungen seiner Schwiegertochter, die Ulrike eine „Ehrgeizhure“ nennt. Das läßt Walser Goethe tatsächlich an seine Geliebte schreiben, was mir als nicht sehr realistisch scheint. Er schreibt auch von seinen Befürchtungen, daß sie die Briefe nicht erhalten wird, weil Ottilie, den Postmeister besticht und sie abfangen lassen wird.
Es werden auch Goethes weitere Eifersuchtsanfälle, abwechselnd mit seinem Herzrasen geschildert, das er bekommt, als er einen Brief von Ulrike empfängt, die ihm einen Besuch von Herrn de Ror, der, wie inzwischen herauskommt, Juan heißt, erzählt und von Schmuckstücken, die ihr, die bisher immer ungeschmückt war, von dem Händler zur Verfügung gestellt bekommt.
Dazwischen wird sein Leid, auch in dem Romanversuch „Ein liebender Mann“ geschildert und auf der letzten Seite läßt Walser Ulrikes Kammerfrau erzählen, daß sie am zwölften November 1899, einen Tag vor ihrem Tod, seine Briefe verbrennen ließ.
Eine interessante literarische Deutung eines anderen großen Dichters und alten Mannes über die vermutlich letzte Liebe Goethes.
Und für Johann Wolfgang Goethe hat sich der Vielschreiber, der einen beachtlichen Werkkatalog aufzuweisen hat, von dem ich einiges gelesen habe, glaube ich, auch in anderen Werken interessiert, so habe ich das Surhkjamp-Taschenbüchlein „In Goethes Hand“, noch auf meiner Leseliste.
Interessant, interessant, ob es jetzt so war oder nicht, in Walsers Phantasie hat es sich so abgespielt und mir hat vor allem der moderne Ton, in den er die Geschichte packt, sehr gefallen, so sprechen Ulrike und Goethe ganz am Anfang auch über Literatur, Byron und Scott sind gerade in und sie unterhalten sich über „Satzhoheiten“ und „unvorgreifliche Voschläge“, das ist die „höflichste Art sich etwas dringend zu wünschen“, sagt Ulrike, während Goethe, den Ulrike Exzellenz nennt, von einer „Art Befehl“, spricht.
Seine Farbenlehre kommt vor und so sieht er auch Ulrikes Augenfarbe von blau in grün wechseln und über seine Minerialiensammlung wird auch berichtet.
Sehr interessant also, Goethe über Martin Walser näher kennenzulernen, ich kann mich aber an die Worte meiner Lehrerinnen erinnern, da weiß ich nicht mehr so genau, ob es die Frau Linser in der Haptschule oder die Frau Professor Friedl in der Straßergasse war, die, als sie über die Liebe des alten Goethe zu einem jungen Mädchen und seinen Heiratsantrag, berichtete, meinte, daß ihre Eltern bzw. Mutter so vernünftig waren, ihn abzulehen.
Nach der Lektüre des Buches denke ich fast ein wenig aufmüpferisch, die junge Frau wäre gut versorgt gewesen, hätte mit dem alten Herrn über Literatur diskutieren können und wäre bald Witwe geworden, vielleicht hätte sie ihn ein bißchen pflegen müßen, Personal wäre aber im Haus gewesen, was ist also dabei?
Die Welt natürlich, die Klatschmäuler und wahrscheinlich die Familie Goehte Junior und darüber hat auch Gerhard Hauptmann ein Drama geschrieben und ich habe in meiner Sturm und Drang Phase, die „Leiden des jungen Werthers“ und noch andere Goethe-Lektüre gelesen. Ein Gedichtausgabe, habe ich einmal zu Weihnachten von meinen Eltern bekommen, mit der Frau Professor Friedl haben wir ein Jahr den „Faust“ studiert, was ich zuerst für einen Witz gehalten habe und heute etwas übertriebenfinde.
Ein Buch der Ottilie von Goethe, wahrscheinlich sind es Gedichte oder ein Tagebuch, habe ich mir einmal antiquarisch gekauft und sogar einmal eine Erzählung über den „Torquato Tasso“ geschrieben, der mich in meiner „Sturm und Drang-Phase sehr beeindruckt hat.
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