Literaturgefluester

2018-04-13

Paris, Mai 68

Filed under: Bücher — jancak @ 00:19
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Wir leben ja in einem Jubiläumsjahr, vor hundert Jahren wurde die Republik gegründet, vor achtzig sind die Nazis in Österreich einmarschiert und 1968 gab es vor fünfzig Jahren auch und da erscheinen bei „Wagenbach“ eine Reihe von Jubiläumsbücher und das erste „Paris, Mai 68“ von der  1947 geborenen Schauspielerin Anne Wiazemsky, von der ich schon „Mein Berliner Kind“ gelesen habe und die vorigen Oktober in Paris gestorben ist.

1968 war sie gerade über zwanzig, hatte wohl ihre ersten Filme gedreht, war mit Jean Godard verheiratet und ist mit ihm in die Rue Saint Jacques 17 gezogen, von wo aus sie das politische Geschehen auf den Pariser Straßen verfolgt und beschreibt.

Die Kämpfe finden im Quartier Latin, zwischen der Sorbonne und dem Lokal, wo sich Anne Wiazemsky und Jean-Luc Godard mit ihren Freunden Rosier und Bambam treffen. Anne Wiazemsky hat gerade den Film „Die Chinesin“ gedreht und ein Treffen mit Mitgliedern der Beatles, wo John Lennon Anne Wiazemsky unter den Tisch lockte, was Godiers Eifersucht erregte, gab es auch.

Darüber drehen sich die Gespräche. Die Freunde müssen der Kämpfe wegen aber ausweichen und ein anderes Lokal besuchen, das Godard zu luxeriös erscheint, weshalb er die Gäste beschimpft. Am Heimweg verliert er seine Brille. Das Paar wird von der Polizei kontrolliert und gerät wegen seiner Schweizer Pässe in Schwierigkeiten.

Im Radio ruft Dany Cohn-Bendit dazu auf, sich an den Kämpfen zu beteiligen. Es kommt zu einem Generalstreik, die Filmfestspiele von Canne werden abgesagt. Da sind die Beiden aber schon dort und haben Schwierigkeiten mit der Rückfahrt, denn es gibt kein Benzin. Die Lebensmittel werden knapp und General de Gaulle erkundigt sich bei seinem Volk, ob es ihn noch als Präsident haben will, worauf dieses im Chor „Adieu, de Gaulle!“, schreit.

Die Pariser Wohnung der Beiden wurde inzwischen von einem Freund verwüstet, der ständig Kampfeslieder toniert, den Anne  Wiazemsky bei ihrer Rückkehr hinauswirft, trotzdem geht sie mit ihm später Rollschuhlaufen und sie leeren auch gemeinsam eine Flasche Whisky.

Die Kämpfe gehen weiter, es gibt Gegendemonstrationen, wo auch Anne Wiazemskys Großvater, der Nobelpreisträger Francois  Mauriac mitmarschiert, ein junger Mann namens Gilles tautin kommt um, bei der Trauerfeierlichkeit kommt es zu Ausschreitungen und dann ist der Mai vorbei, worüber ja auch Peter Henisch geschrieben hat.

Der Juni beginnt, die Beiden fliegen nach London, um mit den Rollingstones zu drehen. Anne Wiazemsky nach Rom um in Alberto Moravias „Der Konformist“ mitzuspielen, nach Amerika geht es auch und als Anne Wiazemsky ein Angebot bekommt, wo sie sich ausziehen soll, kommt es zu Auseinandersetzungen mit Godard, der ja sehr eifersüchtig ist.

Er unternimmt einen Selbstmordversuch, wird gerettet, aber die Beziehung der beiden bricht auseinander, was wahrscheinlich auch ein Motiv für Anne Wiazemsky Erinnerungsbuch ist und das Jahr 1968 ist  auch noch in anderer Sicht weitergegangen.

Im April wurde schon Martin Luther King ermordet, worüber vor kurzem in den „Gedanken für den Tag“ zu hören war. Im August marschierten die Russen in Prag ein.

Luis Stabauer hat in seinen „Weißen“, ein anderes Erinnerungsbuch darüber geschrieben und ich habe „Paris, Mai 68“, im April gelesen, weil ich Rezensionsexemplare  immer möglichst sofort lese und nicht den Monat abwarten wollte.

Da „Wagenbach“ aber, wie schon erwähnt zu diesem Anlaß eine ganze Reihe von Erinnerungbüchern herausgab, liegt inzwischen noch ein Gedichtband von Erich Fried in meinen Badezimmer und da werde ich wohl nicht vor Mai zum Lesen kommen.

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