Literaturgefluester

2022-01-08

Die Gegenstimme

Jetzt kommt schon das fünfte Buch der Bloggerdebutshortliste, und es ist eines über dessen Wahl ich, wie bei „Adas Raum“ sehr froh bin, denn ich lese mich ja gerne durch die österreichische Gegenwartsliteratur, habe da auch eine Lesung gestreamt und hätte es mir wahrscheinlich bestellt, wenn ich nicht so eine elendslange Leseliste hätte. Jetzt habe ich es gelesen und, daß es ein politisches Buch ist, das auf die Liste gekommen ist, freut mich auch, denn ich lese ja gerne politische Bücher und das Thema „Anschluß“ interessiert mich ja auch sehr.

Der 1983 in OÖ geborene Thomas Arzt, ist, wie Ferdinand Schmalz Dramatiker und das merkt man seinem Text auch an. Verwendet er doch eine Art Kunstsprache, in der die Sätze nicht zu Ende geschrieben werden und bei den Worten oft das „e“ fehlt. Das habe ich bei meiner „Mimi“ auch gemacht. Hier wird dadurch der oberösterreichische Dialekt, glaube ich, erhöht, denn die Geschichte, die in einem oberösterreichischen Dorf, am zehnten April 1938 spielt, der Tag, wo man für den Anschluß stimmen konnte oder mußte, hat, glaube ich, autobiografischen Hintergrund.

War es doch der Großonkel des Autors, der damals als einziger im Ort mit „Nein“ gestimmt hat. Meine Mutter hat das in Wien, glaube ich, auch getan und Thomas Arzt macht nun aus dem Tag ein literarisches Szenario, denn es gibt eigentlich keine Handlung und auch keinen Spannungsbogen, deshalb tut man sich, speziell im deutschen Raum mit dem Lesen Anfangs wahrscheinlich ein wenig schwer, denn Thomas Arzt reit in seinem Buch die Stimmen der Dorfbewohner aneinander.

Da gibt es den zweiundzwanzigjährigen Karl Bleimfeldner, den Schustersohn, der in Innsbruck Geschichte studiert. Der kommt zur Abstimmung heim ins Dorf und hat die einzige Gegenstimme abgegeben. Die anderen wollen das zum Teil vielleicht auch, traun sich oder können das dann aber nicht. Denn es gab zwar eine Wahlkabine, aber da sollte man eigentlich nicht hinein und die nationalsozialistische Dorfjugend ist auch von Haus zu Haus gegangen und hat die Leute zur Abstimmuing getrieben, beziehungsweise markiert, wenn sie noch nicht dort waren.

Da gibt es die Cilli, die Bürgermeistertochter, die ist ein nationalsozialistisches Mädel oder doch nicht so ganz, denn sie schminkt sich und raucht und das sollte, glaube ich, die „Deutsche Frau“ nicht tun. Ihr Freund Oskar ist ein strammer Nazi und so zieht sie mit ihren Geschwistern in die Berge hinauf, um nach dem Karl zu suchen, denn der ist mit seinen Eltern und Geschwistern nach der Abstimmung zu einer Jausenstation gezogen und dann im Wald verschwunden. Vorher hat er sich noch mit seinem Vater überworfen, weil der ein „Ja-Sager“ war und gefragt ob er in Zukunft sein Geschäft aufmöbeln will, in dem er Soldatenstiefel schustert?“

Aber der hat den Patres im Koster die Schue kostenlos gemacht, damit der Sohn studieren durfte und die Mutter hat dort die Wäsche geflickt.

Man sieht, es ist nicht so einfach mit dem „ja“ oder „nein“ sagen und das kann man auch an der heutigen Situation merken.

Ein interessantes Buch und ich bin froh, es jetzt gelesen zu haben und schon sehr gespannt, was die Bloggerjurie dazu sagen wird?“

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