Literaturgefluester

2015-04-17

Judiths Liebe

Filed under: Bücher — jancak @ 00:41
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Nach dem ich mich durch einige Rezensionsexemplare durchgearbeitet habe, geht es jetzt weiter mit der Leselistenreihenfolge und da komme ich, ein bißchen zu spät, für den „Leipziger-Israel-Schwerpunkt“ zu Meir Shalevs „Judiths Liebe“, ein Buch aus dem offenen Bücherschrank und den 1948 in Nahalal geborenen Autor, habe ich auf der letzten „Buch Wien“ kennengelernt, als er dort sein letztes Buch „Zwei Bärinnen“, 2014, bei „Diogenes“ erschienen, vorstellte, in Leipzig war der damit auch.

„Judiths Liebe“, 1999, ebenfalls bei „Diogenes“ erschienen, ist mein erstes „Shalev-Buch“ und es hat mich durch seine Poetik sehr beeindruckt.

Nicht chronologisch, entnehme ich „Wikipedia“ wird da die Geschichte einer Liebe von drei Männern zu einer Frau erzählt, die in einem kleinen Dorf in der Jesreel-Ebene ab der Nachkriegszeit spielt.

Der Erzähler ist Sejde, der Sohn jener Frau, der als erwachsener Mann auf sein Leben zurückblickt und in vier Kapiteln, die sich „Vier Mahlzeiten“ betiteln, in eben jener nicht chronologischer Reihenfolge über „Judiths Liebe“ Auskunft gibt.

Beim ersten Essen mit Jakob Scheinfeld, einer der drei Männer, die Judith liebten, ist er zwölf und er ist etwas Besonderes, heißt er doch Sejde, was auf Deutsch „Großvater“ bedeutet und einen Jungen, der so heißt, kommt der Todesengel nicht holen, sagt die Mutter zu dem Kind, die etwa um seinen zwölften Geburtstag gestorben ist, sie singt ihm auch schöne Lieder und sagt sonst zu allen wichtigen Fragen, etwa auf die, wer Sejdes Vater ist „A nafka mina – was macht das aus?“

Sejde hat jedenfalls drei Väter, die sich um den verwaisten Buben kümmern, Mosche Rabinowitz, bei dem er auswächst und bei dem Judith als Arbeiterin tätig war, nachdem der Witwer jemanden für den Stall und seine zwei Kinder brauchte, dann den Viehhändler Globermann, der ihm vor allem mit Geld beschenkt und Jakob Scheinfeld den Kanarienzüchter, der ihm alle zehn Jahre zum Essen einlädt und viel aus Judiths Leben und seiner Liebe zu ihr erzählt.

„Dieses Buch ist voller Rätsel, voller Liebe und Trauer, voller Melancholie und Witz, federleicht und gedankenschwer“, schreibt Elmar Krekeler von der „Welt“ am Buchrücken, es ist auch voll Poesie und erzählt von der Natur fühge ich hinzu und es ist auch sehr spannend nach und nach in die Geheimnisse, des kleinen Dorfes zu erfahren, die Handlung beginnt nach dem Krieg und endet kurz nach Jakobs Tod 1981 und die vier Mahlzeiten bei Jakob, in denen es um weit mehr als um das Essen geht, sind jeweils wieder in dreiundzwanzig Unterkapitel aufgegliedert.

Da ist also Mosche Rabinowitz, der, glaube ich, aus der Ukraine kommt und als Kind, als Mädchen mit einem langen Zopf aufgezogen wurde, den ihn seine Mutter eines Tages abschnitt und versteckte, so irrte herum, um ihn zu suchen und fand in Tonia, eine Frau, die sein Ebenbild war und einen genausolchen Haarschopf trug, mit ihr hatte er zwei Kinder, Naomi und Oded und eines Tages kam es zu einem Unglück, Tonia ertrank im Fluß des Wadis, die Kinder blieben mit Verhaltensstörungen über, näßten ein, etc, so daß sich Mosche eine Frau für sie, Haus und Stall suchen mußte, diese Frau war Judith, die schon vorher verheiratet war und eine Tochter hatte, ihr Mann verließ sie, um nach Amerika zu gehen und als er sie und das Kind holen wollte, war sie mit einem anderen Mann schwanger, so nahm er das Töchterlein und verschwand, Judith hatte eine Fehlgeburt und ging dann zu Mosche, kochte den Kindern, melkte die Kühe und richtete sich im Stall eine Nische für sich ein, denn ins Haus wollte sie nicht ziehen.

In der Nacht stieß sie entsetzliche Schreie aus und Globermann, der Viehhändler begann sie jede Woche zu besuchen, um mit ihr Schnaps zu trinken und Jakob Scheinfeld, der Kanarienzüchter, der die schönste Frau des Dorfes hatte, verliebte sich in sie, so daß seine Rivka ihn deswegen verließ.

Judith wollte aber keinen der drei Männer und wenn man sie fragte, wen sie liebte, antwortete sie Naomi und Rachel, das war eine unfruchtbare Kuh, die deshalb geschlachtet werden sollte, Judith ging aber mit ihr spazieren und versuchte sie auch zu melken und als Mosche sie doch eines Tages dem Viehhändler verkaufte, holte sie sie zurück, sie holte auch Scheinfeld, damit er ihr helfen konnte, danach war sie schwanger und das Räsel begann, wer der Vater des kleinen Sejdes sei?

„Keiner, das Kind ist aus mir geboren!“, erzählt sie Naomi und Jakob erzählt etwas, daß man auch ein Kind aus Träumen gebären kann und er tut sehr viel für sie, lernt für sie kochen, näht für sie ein Hochzeitskleid, lädt auch zur Hochzeit ein und Judith erfährt man, in einer der vier Mahlzeiten, war auch kurz bereit ihn zu heiraten, dann zog sie das Kleid aber aus, schickte den Buben damit zu Jakob, der die Hochzeit schließlich nur mit dem Kleid vollziehen ließ, heiratete Mosche und starb kurz darauf, so daß der kleine Sejde fortan drei Väter hatte, die sich um ihn kümmerten.

Die erste Mahlzeit, wo Jakob ihn bekochte, selbst aber nur Eierspeise mit Salat zu sich nahm, besonderen Wert abger auf eine italienische Nachspeise aus Eigelb, Zucker und süßen Wein legte, war, als er zwölf war, die nächste erfolgte zehn Jahre später, nach dem Wehrdienst und die dritte nochmal  nach zehn Jahren, als er sein Zoologiestudium abgebrochen hat und zurück in Mosches Haus gegangen ist, die vierte kurz nach Jakobs Tod, den er ebenso, wie die zwei anderen Väter beerbte, er erbte das Haus und da kam dann ein Junge aus einen Laden mit den Zutaten, die Jakob für ihn bestellt hatte, so daß er sich die Mahlzeit nach seinen Anweisungen selber zubereiten mußte.

Wie schon beschrieben, ein rätselhaftes, sehr poetisches Buch, mit dem man nach und nach in die Geschichte Isreals und seine Staatsgründung hineingleitet und viel vom Leben und der Liebe und wieviele Väter, Mütter etc, es braucht, um sich gut zu entwickeln und das Leben zu meistern, erfährt, das ich gern gelesen habe und jetzt gespannt drauf warte, was ich noch alles von Meir Shalev und vom Israel Schwerpunkt finden werde, ein paar Bücher warten ja schon auf meiner Leseliste.  David Grossmann habe ich in diesem Jahr ebenfalls schon gelesen.

Und ein Buch von mir, wo es um eine Frau mit drei möglichen Vätern geht, gibt es auch.

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