Literaturgefluester

2018-02-21

Herr Kato spielt Familie

Nun kommt das neue Buch der 1980 in St. Pölten geborenen Milena Michiko Flasar, deren zweites bei „Residenz“ erschienenes Buch „Okaasan. Meine unbekannte Mutter“ ich gelesen habe, ihren, laut Klappentext, hunderttausendmal verkauften Bestseller „Ich nannte ihn Krawatte“ nicht mehr. Ich habe zwar in Leipzig und in der Hauptbücherei daraus gehört, hatte aber, als sie den „Alpha“ gewonnen hat, dort keine Einladung und habe das Buch auch noch nicht im Bücherschrank gefunden.

Ein Buch in dem eine in Österreich aufgewachsene Tochter einer japanischen Mutter, über das in Japan offenbar häufige Phänomen, daß Jugendliche aus Angst vor dem Leistungsdruck das Haus nicht mehr verlassen, erzählt und nun hat sie in dem wieder bei „Wagenbach“ erschienenen wieder in Japan spielenden Roman offenbar ein ähnliches Thema gewählt. Das heißt eigentlich ist das  RHS, retired husband syndrome, daß es vielleicht in Japan gibt, etwas ganz anderes und ich weiß auch nicht genau ob in Japan wirklich alle älteren Frauen Hausfrauen sind, die psychosomatische Symptome entwickeln, wenn sich ihre Gatten plötzlich in Pension befinden und ihnen in die Kochtöpfe schauen.

Milena Michiko Flasar hat aber wirklich eine sehr poetische Art von diesem Herrn Kato zu erzählen, der sich „retired“ hat. Er wohnt mit seiner Frau in einem Vorort einer nicht näher genannten Stadt, wohnt hoch oben in einer Siedlung, wo man über Moos bewachsenen Stufen hinaufgehen, beziehungsweise die Gattin die Einkäufe hinaufschleppen muß. Deshalb will sie nach unten ziehen, Herr Kato, ganz der Macho, der von seiner Frau erwartet, daß sie seine Hemden bügelt und nicht einmal weiß wie man Tee kocht, sagt nur „Ohne mich!“

So beginnt das Buch, das heißt Herr Kato kommt von der Gesundenuntersuchung, wohin ihn seine Frau geschickt hat, dort wird er als gesund befunden. Er lügt seiner Frau aber etwas von Herzschmerzen vor und man merkt, die Ehe ist schlecht, die Kinder sind längst aus dem Haus und die Ehegatten wissen sich nichts mehr zu sagen.

Herr Kato wünscht sich zwar einen weißen Spitz, den will die Frau aber nicht haben, so träumt er von einer Reise nach Paris, beziehungsweise hat er den ehemaligen Bürokollegen, die ihm zur Pensionierung einen Reiseführer schenkten erzählt, schon dort gewesen zu sein.

Man sieht, das Buch, das am Buchrücken, als zarter Roman über einen späten Neuanfang und über das Glück“, beschrieben wird, hat seine kleinen Aunaufrichtigkeiten. Geht es doch laut Klappentext über „ein nachdenkliches Buch über Erinnerungen und unerfüllte Träume, über Glücksmomente und Wendepunkte.“

Nun ja, Herr Kato geht jedenfalls nach dem Krankehbaus auf den Friedhof, weil ihn seine Frau, die wie seine Kinder, keinen Namen hat, zum Spazieren schickt. Dort wirft er seine Befunde auf den Boden, trampelt auf ihnen herum, beginnt dann den Schwan aus dem „Schwanensee“ zu tanzen und wird dabei von einer jungen Frau beobachtet, die ihn für ihre Agentur namens „Happy family“ engagiert. Seine Frau, die offenbar doch nicht so unsensibel ist, sondern sogar seine Gedanken errät, hat sich indessen in ein Fitnesszentrum zu einem Tanzkurs angemeldet, denn sie hat offenbar auch unerfüllte Träume.

So beginnt die Wende des sprachlosen Ehepaars, beziehungsweise nimmt Herr Kato drei Aufträge an.

Als Erstens spielt er einen jungen seinen Großvater vor, der ihm aber durchschaut, weil er längst zu diesen Kontakt aufgenommen hat. Dann geht er als sprachloser Ehmann mit einer Frau in einen Zoo, wo die eine unmenge Törtchen ißt und ihn eine Scheidungsurkunde unterschreiben läßt, worauf ihre psychosomatischen Sympotme verschwinden.

Man sieht Michiko Milena Flasar hat Einfälle, womit sie sehr poetisch, lakonisch und auch geheimnisvoll, die Absurditäten des Lebens beschreibt. Der dritte Auftrag ist eine Hochzeitgesellschaft mit einer kranken Braut, wo alle außer Braut und Bräutigam bezahlte Statisten sind.

Mie, die junge Frau ist auch dabei, danach verabschiedet sie sich von Herrn Kato und er ist wieder auf seine Familie zurückgeworfen. Die Tochter ist endlich schwanger geworden, besucht das Ehepaar nach einem Streit mit ihren Mann, da gibt es die Szene mit dem Tee. Die Tochter rät Herrn Kato auch der Mutter Blumen zu kaufen. Er tut das, läßt den Rosenstrauß von dem Geschäft schicken und die Frau lügt ihm dann vor, die Blumen sind von einer Freundin.

Seltsam seltsam, diese Episoden des sprachlosen Auseinandergelebthabens mit den unerfüllten Träumen des älteren Ehepaars.

Am Schluß sind die Beiden doch nach unten in die kleinere Wohnung gezogen, wo man keine Hunde haben darf, der Enkel ist geboren und Tickets nach Paris sind, offenbar als Zeichen für den Neubeginn auch aufgetaucht.

Eine sehr geheimnisvolle Geschichte aus dem fernen Japan, von einer in St.Pölten geborenen Achtunddreißigjährigen erzählt, die sich offenbar sehr poetisch in das Älterwerden hineingedacht hat.

Die reale Pensionierung die ich wohl auch bald erleben werde, ist weniger poetischer und natürlich ist es die Zeit für einen Neubeginn, wenn man noch die Kraft und die Gesundheit dazu hat und natürlich sollte man sich schon vorher Freunde gesucht und Hobbies aufgebaut haben, damit es zu keinen Pensionschock kommt.

„Der Ruhestand steht dir schlecht. Deine Frau hat besimmt die Schauze voll von dir“, steht noch am Buchrücken, wohl eine Drohung oder Warnung vor de „retired husband sydroms“ und  auch „Endlich Zeit. Er könnte nun das alte Radio reparieren oder die Plattensammlung ordnen. Doch, als er der jungen Mie begegnet, die ihm eine seltsames Angebot macht, beginnt er die Dinge anders zu sehen.“

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