Literaturgefluester

2016-04-19

Eine Gedenktafel für Soma Morgenstern

Den Namen Soma Morgenstern habe ich, glaube ich, 2007 oder 2008 zum ersten Mal gehört, als es im Literaturhaus eine große Joseph Roth Ausstellung gab. Da wurde er, beziehungsweise die Biografie, die er über ihn verfaßt erwähnt.

Das habe ich dann auch ein bißchen in der „Radiosonate“, die ich 2008 geschrieben habe, verarbeitet und irgendwie ist der Morgenstern Roman „Der Tod ist ein Flop“zu mir gekommen, beziehungsweise steht er in meinem Bibliothekskatalog.

Ich kann mich aber gar nicht mehr daran, daß ich ihn gelesen habe. Der Name hat sich mir aber eingeprägt und so war ich auch sehr interessiert, als ich im Programm der „Gesellschaft für Literatur“ lesen konnte, daß zum vierzigsten Todestag, des aus Ostgalizien stammenden jüdischen Schriftstellers, eine Gedenktafel an dem Haus in der Belvederegasse Nummer 10, in dem er von 1934 – bis März 1938, wo er emigrieren mußte, wohnte und das auch zufällig das ist, in dem die „Auge-Weihnachtsfeiern“ stattfinden, enthüllt wird.

So ein Zufall und wieder ein Stückchen mehr über das Wien vor achtzig Jahren und die Bigografien, der nicht so bekannten Schriftsteller, erfahren, das mich ja sehr interessiert. Bei der Gedenktafelenthüllung von Veza Canetti in der Ferdinandstraße, bin ich vor drei Jahren gewesen und Erika Mitterer hat eine in der Rainergasse und das ist ja die Verlängerung der Belvederegasse.

Über Joseph Roth, mit dem er befreundet war, gibt es ja jedes Jahr Veranstaltungen im Literaturhaus.

Soma Morgenstern, der 1890 geboren wurde und in New York starb, muß erst eintdeckt werden, betonte Manfred Müller bei der Enthüllung dann auch und erzählte, daß Georg B. Deutsch, die Idee zu der Gedenktafel hatte.

Er ist vor einem Jahr damit zu ihm gekommen, hat dann das Geld dafür aufgetrieben. Schriftsteller, wie Karl Markus Gauss, Andre Heller, Eva und Robert Menasse, Doron Rabinovici, Robert Schindel, aber auch Barbara Rett, der Hausherr und andere, haben sich beteiligt und nun ist die in Amerika lebende Familie, der 1929 geborene Sohn Dan zum Beispiel, nach Wien gekommen, um der Enthüllung beizuwohnen.

Soma Morgenstern ist 1912 zum Studium nach Wien gekommen, hat dann in sechundzwanzig Jahren fünfundzwanzig Wohnungen gehabt. Er war auch, glaube ich, eine Zeit in Berlin und war Korrespondent einer Frankfurter Zeitung und hat die Jahre in der Belvederegasse, als sehr glückliche bezeichnet.

Am Abend gab es dann noch  eine Gedenkverantaltung im Jüdischen Museum, die Morgensterns Wiener Jahre und seiner Flucht ins Exil gewidmet war.

So erzählte Georg B. Deutsch, der auch eine „Morgenstern-Homepage“ hat, über die Wiener Jahre und der Schauspieler Peter Matic las ein paar Stellen aus den entsprechenden Büchern vor.

Es gibt glaube ich eine elfbändige Werkausgabe, die zum größten Teil erst nach dem Tod von Morgenstern erschienen ist.

Morgenstern war, wie schon beschrieben mit Joseph Roth, aber auch mit Alban Berg befreundet, über beide hat er Biografien geschrieben und Joseph Roth, der von sich behauptete, unmusikalisch zu sein, hat er auch ein Lieblingslied beigebracht. Das wurde dann auf Deutsch gelesen und auf Jiddisch gesungen und nach der Emigration ist es für Morgenstern nach Frankreich gegangen, seine Frau ist mit dem Sohn dagegen zuerst nach Dänemark geflüchtet, bevor sich die Familie in New York wiederfand.

Es hat  einen Vortrag über Morgenstern in Frankreich von dem französischen Germanisten Jaques  Lajarrrigue gegeben.

Dann kam der Sohn, der ein bekannter Jazzforscher war und berichtete, daß er nach achtundsiebzig Jahren, die Wohnung, in der er seine Kinderjahre verbrachte, wiedergesehen hat.

Die hatte sechs Zimmer, im Badezimmer gab es ein Fenster, von wo aus man den Kahlenberg sehen konnte und Alban Berg hat dem kleinen Dan, die ersten Jazzplatten geschenkt.

Sehr interessant, denn jetzt wurde mein Morgenstern Interesse wieder geweckt und ich werde mich wohl auf die Suche „Der Tod ist ein Flop“ machen, obwohl ich ja bezüglich meines „Work in progress“, einen Stefan Zweig Schwerpunkt, der auch mit Soma Morgenstern berfreundet war, einlege und jetzt gerade „Die Ungeduld des Herzens“ lese, die mich sehr beeindruckt hat.

6 Kommentare »

  1. Schöner Bericht!
    Auf der Morgenstern-Seite http://soma-morgenstern.at/veranstaltungen.php gibt es übrigens inzwischen auch einen Rückverweis auf dieses Literaturgeflüster.

    Bin neugierig, wie Ihnen „Der Tod ist ein Flop“ gefällt. mE nicht das beste Werk von Morgenstern, aber mit interessanten Anklängen an Kafka, den Morgenstern schon geschätzt hatte als dieser noch fas völlig unbekannt war.

    Kommentar von Georg Deutsch — 2016-05-03 @ 12:13 | Antworten

  2. Habe ich schon gesehen. Ja, den “ DerTod ist ein Flop“ habe ich, glaube ich auch, sehr surreal-experimentell eingeschätzt.
    Ich habe das Buch, glaube ich, 2009 gelesen bzw. überflogen und sollte es jetzt nochmals lesen und natürlich wäre die Roth-Bigorafie sehr interessant.
    War eine sehr schöne Veranstaltung und beeindruckend für mich, die Spuren der Vergangenheit aufzuspüren, gehe ich ja fast jedes Jahr in dieses Haus zum „Auge-Weihnachtsfest“ und hatte bisher keine Ahnung, wer da früher einmal wohnte.
    Jetzt habe ich gerade, weil ich mich ja literarisch mit diesen Thema beschäftige, Stefans Zweig „Die Welt von gestern“ nochmals gelesen, das mich auch sehr beeindruckt hat.
    Ist ein wirklich tolles Buch und einen Film über Stefan Zweig wird es mit Josef Hader in der Hauptrolle im Juni auch geben.

    Kommentar von jancak — 2016-05-03 @ 12:24 | Antworten

    • Danke für den Hinweis! – Ich hatte von dem Stefan-Zweig-Film bisher noch nichts gewusst.
      Es freut mich sehr, dass Sie den Abend so schön erlebt haben. Ich war auch besonders froh, dass Dan Morgenstern kommen wollte und konnte.

      Weil Sie schreiben „,,,„Auge-Weihnachtsfest“ und hatte bisher keine Ahnung, wer da früher einmal wohnte“: es ist ein seltsamer Zufall, dass das Büro des „Auge“ in den 60er und 70er Jahren der Redaktionssitz des „Wiener Tagebuchs“ war. Zwei der Tafelfinanzierer sind dort als Mitarbeiter damals ein- und ausgegangen. Das hatten sie mir erst erzählt, nachdem sie ihre Teilname bekundet hatten. .

      Kommentar von Georg B. Deutsch — 2016-05-03 @ 22:10 | Antworten

      • Ja, die Claudia ist glaube ich mit einer Leiter gekommen um die Reste des Plastiks von der Tafel zu entfernen.
        In welchen Stock hat Soma Morgenstein übrigens gewohnt. Wenn man vom Badezimmer den Kahlenberg oder so sehen konnte, müßte das ja weiter oben, als die Erdgeschoßwohnung der „AUGE“ gewesen sein?

        Kommentar von jancak — 2016-05-04 @ 21:59

      • Er hat auf Tuernummer 11 gewohnt, und, wenn ich mich jetzt richtig erinnere, ist das im dritten Stock. D.h. im „Wiener“ dritten Stock, also mit Mezzanin in Wirklichkeit der vierte. Jetzt sieht kann man die Wiener Berge nicht mehr sehen. Was genau den Blick nun verstellt weiss ich nicht, aber ich vermute, es könnte die Arbeiterkammer sein. Das ist meines Wissens der einzige hohe Neubeu in der Richtung und ich nehme an, das Palais Rothschild, das früher in der Prinz Eugen Str 20 war, dürfte nicht so hoch gewesen sein.
        Ja, die Mitarbeiter vom „Auge waren“ – auch vorher schon – besonders freundlich und hilfreich.

        Kommentar von Georg Deutsch — 2016-05-05 @ 13:47

  3. Aha, interessant!

    Kommentar von jancak — 2016-05-05 @ 15:21 | Antworten


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