Literaturgefluester

2016-10-22

Vorschau auf „Nicht berühren oder Notizen zur Romanentstehung“

Filed under: Buchpromotion — nagl @ 00:32
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20160726-083835

Wie bin ich nur auf dieses blöde Wort gekommen und was
hat es mit Zoran Simcic zu tun, der sie in diesem Augenblick
aus seinem roten Rucksack nimmt und auf den Cafehaustisch
stellt, den er vorher auf die Bühne des Turnsaals trug, in dem
sie Zarah Bashramis Stück zum zwölften Februar 1934 pro-
ben? Sehr verwirrend, die Idee über eine Schreibblockierte,
die einen Roman verfassen will und keine Ahnung hat, worü-
ber er handeln soll? Denn sie hat ja alles schon geschrieben
und die Dose mit der Aufschrift „Gösser“ auf dem Marmor-
tisch passt auch nicht dorthin. Hat man doch wahrscheinlich,
als am 12. 2. 1934, die Sozialdemokraten aus den Gemeinde-
bauten schossen , eine solche nicht gekannt und in dem be-
rühmten Cafe Central, hat der Dichter Doderer, eine solche
auch nicht bestellt, sondern sicher eine Schale Gold. Das Wort
„Bierdose“ ist auch eine Verwechslung. Denn eigentlich woll-
te die Schreibblockierte eine „Wurfgeschichte“ über das Wort
„Dosenbier“ verfassen. Weil sie keine Romanidee hatte, wollte
sie sich an Kurzgeschichten ausprobieren und da ist ihr ein
Schreibratgeber in die Hände gefallen. In eine Bibliothek ge-
hen, sich mit dem Rücken vor das Regal stellen und nach ei-
nem Buch fassen. Ein Wort heraussuchen und notieren. Das
Ganze wiederholen. Dann man fünf bis sechs Wörter, über die
man eine Geschichte schreiben kann. Das erste Buch, das mir
in die Hände fiel, ist Cornelia Travniceks „Chucks“ gewesen
und da stand „Dosenbier“ im Klappentext.

 

Wieder  gibt es einen Vorgeschmack auf mein nächstes Buch mit Cover, Textbeschreibung und einem Gewinnspiel, das diesmal aus drei ersten Romananfängen, nach dem Vorbild  eines „Mimikry-Spiel des Lesens“ besteht.

Ich danke Gloria G. und Anke Dorsam für die zur Verfügungstellen von zwei Textbeispielen, die sie jeweils zu meinen ersten Satz geschreiben haben:

1.

Es war ein trüber  Märzmorgen, an dem Anna Augusta  Augenstern in ihren orangeroten Filzpantoffeln zum Fenster tappte, die Vorhänge beiseite schob und auf die Terrasse blickte. Es regnete nicht, aber die Feuchtigkeit, die in den Sträuchern hing, schlug sich im Kies der Einfahrt nieder. Seit gestern Abend hatte niemand die Einfahrt genommen. Anna Augusta hatte gehofft, die Postbotin oder besser, Besuch würde kommen, bevor sie das Haus verlassen musste, und würde ihr die Entscheidung abnehmen. Am Tag zuvor hatte sie einen Kasten Briefe gefunden, der daraufhin deutete, dass das Haus tief verschuldet war, als sie es gekauft hatte. Sie wußte wenig über den Voreigentümer, vielleicht, daß er gerne Hüte trug, sie erinnerte sich nicht genau. Aber sie hatte eine Absende-Adresse der Briefe. Kein angenehmer Vormittag, um aus dem Haus zu gehen. Lieber würde sie den frischen Tee, der in der Küche auf einem Stövchen stand, mit jemanden teilen, um über etwas anderes zu reden. Was im Dorf vor sich ging. Ob die Bushaltestelle verlegt  würde. Wie der Fischfang war?

 

2.

Es war ein trüber Märzmorgen, an dem Anna Augusta Augenstern in ihren orangeroten Filzpantollfeln zum Fenster tappte, die Vorhänge beiseite schob und auf die Terrasse blickte. Viel Erfreuliches gab es nicht zu sehen. Der Himmel war grau, der Wetterbericht hatte Regen und drei Grad über Null vorhergesagt. Kein Grund zur Freude, aber auch keiner zum Trübsalblasen. Eher Anlaß zum Weiterarbeiten und das hatte sie auch vor. Hatte sie doch wieder einen Roman geplant und würde sich nach dem Frühstück vor den Laptop setzen und an der Geschichte, der gerade sechzig Jahre alt gewordenen Hildegar Hadringer oder H. H., weil man das so schön verkürzen kann, die nach ihrer Pensionierung beschlossen hat, ihre Ersparnisse zu beheben, um sich damit ein schönes Leben zu machen, zu schreiben. So weit, so what und noch nicht wirklich ausgereift, war sie doch erst vor kurzem, mit dem letzten Band ihrer „Flüchtlingstrilogie“ fertiggeworden. Vielleicht also nur ein Wunschtraum Anna Augustas, die sich ebenfalls in A. A. verkürzen ließ.

 

3.

Es war ein trüber Märzmorgen, an dem Anna Augusta Augenstern in ihren orangeroten Filzpantoffeln zum Fenster tappte, die Vorhänge beiseite schob und auf die Terrasse blickte. Was sie dort sah, war wie immer, und doch etwas war anders. Oder war vielleicht  Anna Augusta Augenstern nicht mehr diesselbe? Woher dieses Gefühl, daß nichts mehr so war, wie es einmal war. Woher diese Fremdheit, die alles Vertraute wie eine Imitation des Originals erscheinen ließ, hundertprozentig gleich und doch nicht mehr identisch. Sogar die orangeroten Filzpantoffeln, in den Siebzigerjahren an einem Marktstand am Brenner erworben und mittlerweile, was man ihnen ansah, um die halbe Welt gegangen – die Welt der Anna Augusta Augenstern war nicht sehr groß, aber die Wege addierten sich-, diese Filzpantoffeln, die es in besseren Zustand in jeder Nostalgieboutique zu hohem Ansehen gebracht hätten, jemand mußte sie in ihre feinsten Bestandteile auseinandergenommen und dann wieder zusammengefügt haben, bis sie aussahen wie vorher, oder jedenfallls beinahe, denn irgendwo steckte jetzt ein Fehler drin.

 

Meine Leser können nun erraten, was das Original und was die „Fälschung“ ist?

Für den, der  errät, welcher Text von mir ist, gibt es nach Erscheinen  das Buch.

Wenn ich es mir so ansehe, dürfte die Beantwortung eigentlich ganz leicht sein, als  Hilfestellung verlinke ich aber trotzdem zu den Schreibberichten und wünsche viel Spaß beim Raten!

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