Literaturgefluester

2022-08-27

Das Wasser des Sees ist niemals süß

Die Italienische Literatur hat den Ruf sehr sozialkritisch zu sein, gibt es ja Alberto Moravia, der, manchmal etwas konservativ und frauenfeindlich, im vorigen Jahrhundert von den sozialen Mißständen in Rom erzählte.

„Wagenbach“ hat eine Reihe Romane italienischer Kommunisten herausgebracht, die ich mir einmal vor Jahren aus einer Abverkaufkiste, um einen Euro oder waren es noch zehn Schilling, kaufte. einen habe ich davon gelesen.

„Wein und Brot“ egibt es auch und dann eine junge italinische Stimme, die 1988 in Rom geborene und am Lago di Bracciano aufgewachsene Guilia Caminito, die Bei „Wagenbach“ schon „Ein Tag wird kommen“ herausgebracht, mit dem ich, glaube ich, nicht so viel anfangen konnte und jetzt wurde von „Wagenbach“ „Das Wasser des Sees ist niemals süß“, als „Quartbuch“ herausgebracht und ich muß sagen, eine Überraschung, Thematik und Sprache hat mich überrascht und es ist, obwohl es am Schluß negiert wird, wahrscheinlich auch viel Autobiografisches dabei.

Es geht um die Klasse, ein Bildungsroman, der wieder zeigt, wie schwer es die Unterschicht hat, aufzusteigen, so sehr sie sich auch anstrengt und bemüht.

Elena Ferrante hat es mit ihrer „Neapoletanischen Saga, von dem ich einen Teil gelesen habe, auch versucht und dann gibt es noch Michela Murgia, die ich ein wenig altmodisch empfand.

Deniz Ohde hat das mit „Streulicht“ versucht, mit dem ich auch nicht so viel anfangen konnte und Fernanda Melchor,auch eine „Wagenbach-Autorin“, wie Giogrgio Bassani , beschreibt die mexikanische Situation, tut das aber viel brutaler, womit ich meine Schwierigkeiten hatte.

Giulia Caminitos Ich-Erzählerin tut es leiser oder sprachlich prägnanter, obwohl ganz so passiv zahm und ungeordnet, ein Opfer, wie die Heldinnen bei Moravia, ist diese junge Frau nicht.

Um drei Frauen, geht es in dem Buch, die Mutter Antonia, dann die Erzählerin iund ihre Freundin Iris. Das heißt, sie hat einige solche und einige Freunde und rächt sich erstaunlich brutal, wenn die sie betrügen.

Es gibt ein Nachwort, wo Giulia Caminito, die Vorbilder ihrer Heldinnen erwähnt und auch betont, daß es natürlich nicht Autofiktion ist, obwohl es Ähnlichkeiten zwischen ihr und ihrer Heldin gibt.

Es beginnt mit der Mutter Antonia, die hat einen Sohn aus einer früheren Beziehung, Mariano, dann die Erzählerin und noch zwei Zwillingsbrüder. Ihr Mann hatte einen Unfall ist als Schwarzarbeiter vom Gerüst gefallen, sitzt jetzt im Rollstuhl und Antonia muß die Familie erhalten. Sie tut es in dem sie bei reichen Familien putzt. Sie ist resch und streng zu ihren Kindern und will natürlich, daß es ihrer Tochter besser geht. Sie ist erstaunlich ehrlich, fremdes Eigentum wird nicht angegriffen, bringt aber die gebrauchten Fahrräder und die gebrauchten Fernseher nach Haus, die ihr ihre Familie dann schenken und es beginnt äußerst originell, daß sich Antonia ein Kostüm anzieht, eine Aktentasche nimmt und dann in das Büro einer Anwältin eindringt, denn sie braucht eine Wohnung für ihre Familie.

Sie bekommt dann eine Sozialwohnung am Lago di Branzziano und dort wächst die Heldin auf. Der große Bruder geht Anfang des Jahrtausends auf eine Demo nach Genua. Da schmeißt die Mutter ihn hinaus und die Heldin fährt mit dem Bus zuerst in die Mittelschule, dann ins Gymnasium und fühlt sich wie Deniz Ohdes Heldin unter den reicheren Kindern benachteiligt. Es gibt zwei Freudninnen Agata und Carlotta und einige Freundin aus reicheren Häusern. Als Carlotta sie mit einem ihrer Freunde betrügt, brach die Heldin die Beziehung ab und geht vorher oder nachher mit einem Freund zu einem Schießstand, läßt sich das Ticket bezahlen und schießt dann solange, bis sie den größten Bären als Trophäe bekommt.

Antonia regt sich deshalb auf: Meine Tochter schießt nicht!“

Sie setzt sich aber durch und der Bär in ihrem Zimmer, bis die Familie aus der Wohnung geschmissen wird. Bis dahin lernt und lernt sie sich durch das Leben. Studiert Philosophie zum Leidwesen ihrer Mutter und nicht Medizin oder Jus, wo man etwas anfangen kann und auch nicht auf Lehramt. Nein es muß schon das Orchideenstudium sein, auch wenn sie dann nur in einer Drogerie arbeiten kann, die auf esoterisch macht.

Die Freundin Iris stirbt irgendwann an Krebs. Das ist wohl eine autobiografische Ähnlichkeit und als Luciano sie betrügt, schließt sie sich einem Einbruch bei ihm an oder gibt die Informationen dazu und als ihr früher schon ein Junge den Tennisschläger, den sie endlich einmal gekauft bekommen hat, zerstört, schlägt sie ihn zusammen und nimmt ihm seinen weg. Das tut sie dann noch bei einer anderen Freundin und am Schluß wird sie wahrscheinlich trotzdem über bleiben und nicht so sozial aufsteigen können, ,soviel sie sich auch angestrengt hat und das ist wohl die Quintessenz des sehr frisch und modern geschriebenen Buch, das mehrmals die Perspektiven wechselt undj auch schon viele Preise gewonnen hat.

Und wer jetzt nach dem Titel fragt, irgendwann wird der See in dem angeblich eine Krippe verborgen ist, als süß beschrieben. Da fühlt sich die Heldin stark und glücklich, das bleibt aber nicht so, denn das <leben ist in Italien oder auch sonstwo auf der Welt, hart und unerbittlich, wenn man nicht aus der richtigen Familie kommt und der Mittelstand, das kann ich noch anfügen, wird bei uns gerade auch zerstört.

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