Literaturgefluester

2015-08-12

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Filed under: Büchergeschichten,Buchpreisbloggen — jancak @ 00:43
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Am  neunzehnten August um elf Uhr, also in einer Woche, wird die heurige Longlist des deutschen Buchpreises vergeben und da wir uns  derzeit in der Sommerflaute befinden, der Rohtext meines Sommerromanprojektes fertig ist und ich mich  vor einer Woche endgültig dazu entschieden habe, die heurige Longlist, wenn möglich auf- und durchzulesen, gibt es an dieser Stelle Spekulationen, wer heuer auf dieser Liste stehen könnte? Wenn man auf die Seite des deutschen Buchpreises geht, kann man erfahren, daß die siebenköpfige Jury aus hundertsiebenundsechzig Büchern, die von hundertzehn deutschen, österreichischen und schweizer Verlagen eingereicht wurden, die zwanzig Bücher aussuchen wird, die, glaube ich, im letzten Jahr erschienen sein müssen, ab der Preisvergabe bis zur Shortlistenveröffentlichung oder so.

Eine spannende Frage über die man spekulieren kann, obwohl es natürlich viel mehr als  hundertsiebenundsechzig Bücher gibt, von denen dann ab neunzehnten August hundertsiebenundvierzig Bücher überbleiben werden, wo man dann bedauern oder sich empören kann „Was dieses Buch ist nicht darauf, Skandal, was ist denn das für eine Jury?“ Ich meine ja immer, daß das ganz natürlich ist, denn es gibt mehr als zwanzig gute Bücher und eigentlich ist diese Reduktion auf die zwanzig, die sechs, das eine beste, sowieso ein Unsinn oder was wahrscheinlicher ist, eine Marketingstrategie, um die Leute auf das Lesen beziehungsweise auf das künftige Weihnachtsgeschenk aufmerksam zu machen. Die siebzigtausend jährlichen Neuerscheinungen, die es geben soll, kann man nicht alle lesen, sechs oder ein Buch aber schon und da ist es wahrscheinlich eine gute Idee jährlich ab August, wenn man gerade vom Urlaub zuurückkommt, die Leute auf das Lesen aufmerksam zu machen.

Seit 2005 gibt es diesen Preis  und seit damals heftige Spekulationen über seinen Sinn und tiefe Empörung, weil dann ja jedesmal ein Haufen guter Bücher für schlecht erklärt wird. Ich gehe ja vom mündigen Leser und der müdigen Leserin aus und denke, daß es  eine gute Idee ist, neben dem Buchpreisbüchertisch, den es in den meisten Buchhandlungen gar nicht gibt, einen mit den anderen Büchern hinzustellen und man kann und sollte ohnehin lesen, was man will.

Trotzdem fiebere ich seit ich darüber blogge auch jedes Jahr ein bißchen mit, wer wird dann darauf stehen? Stelle ein paar Spekulationen an und war in den letzten Jahren  auch manchmal erstaunt, wenn Bücher daraufgestanden sind, die ich eigentlich nicht erwartet hätte. Ludwig Lahers „Verfahren“ vielleicht oder das Buch von Joachim Mayerhoff, das von Michael Ziegelwagner im letzten Jahr und und jetzt denke ich, daß der Sinn der Longlist vielleicht ist, aus der Bücherneuerscheinungsvielfalt eine möglichst große Bandbreite auszusuchen, die jeden Geschmack treffen kann, daher auch der Reinhard Jirgl, wo dann alle schreien „Wau, das kann man nicht lesen, das ist viel zu schwer!“, etc. Aber Krimis, Chit Lits und Jugendbücher also das, was die meisten Leute lesen, sind sowieso nicht dabei, also fehlt wieder eine Menge der Bandbreite und keine Gedichte und keine Kurzgeschichten, da war ich zum Beispiel im Vorjahr eine Weile erstaunt, daß die Karen Köhler mit ihren neuen Buch „Wir haben Raketen geangelt“ nicht daraufgestanden ist, bis ich daraufgekommen bin,  das sind Kurzgeschichten.

Tobias Nazemi, einer der heurigen glorreichen Bücherblogger, hat sich Gedanken über die „Marketingtricks der Büchermacher“  gemacht und gemeint, daß es auf das Cover, den Titel, die Buchdicke etc ankommt, damit wir in der Buchhandlung nach den Büchern greifen. Bei mir ist es eindeutig der Autorenname, kenne ich den, dann interessiert mich das Buch, bei den angeführten Dimensionen denke ich, daß da die Auswahl wahrscheinlich beim Lektoriat und nicht erst bei der Jury pasiert. Der Lektor höre ich manchmal, sucht den Buchtitel aus und wenn ich so auf die Longlists der lestzten Jahre schaue, dann finde ich Titel wie „Nichts von euch auf Erden“,“Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“, also auch nicht sehr kurz. Was wird aber heuer auf dieser Liste stehen? Seitdem ich heuer darüber grüble, ob ich da mitlesen soll oder nicht, denke ich auch darüber nach, was da zu finden sein wird  und bin da erst einmal daraufgekommen, daß ich gar nicht soviele deutsche Bücher nennen kann.

Ich schaue zwar immer beim „Bachmannpreis“ eifrig mit, lese aber kaum Vorschauen, also fiel mir außer dem neuen Roman der Annika Reich nicht viel ein, dann fiel der Name Ralph Rothmann, aber dazu kam gleich die Meldung, der hat sich mit „Im Frühling sterben“, nicht nominieren lassen, was vielleicht auch schon als Skandal gehandelt wird.

Bei den Österreichern fielen mir dagegen viel mehr Titeln ein, wahrscheinlich bin ich eine patriotische Leserin, also Vea Kaisers neuer Roman könnte daraufstehen, hoffentlich der der Valerie Fritsch Winters Garten“, Olga Flors „Ich in Gelb“ vielleicht, sicherlich der Arno Geiger, und und.

Von den Schweizern habe ich dann auch noch gehört, daß Ralph Dutli, dessen „Soutines letzte Fahrt“ ja auf meiner Leseliste steht, ein neues Buch hat und Michael Fehr  auch ein Bachmannpreisträger hat „Simeliberg“ herausgebracht, aber das, lese ich gerade, ist eine Erzählung.

Also hurtig darauflos spekuliert, die neue Bachmannsiegerin Dana Grigorcea hat ja auch ein neues Buch und dann gibt es noch Klaus Modiks „Konzert ohne Dichter“, wenn man nachdenkt oder bei den Blogs nachschaut, fallen einem schon mehr als zwanzig Bücher ein.

Kerstin Pistorius von „Atalantes Historien“, auch eine Buchpreisbloggerin, hat da schon ihre Auswahlliste erstellt. Mal sehen, wieviel Treffer sie haben wird und wie gut ich in meinen Spekulationen liege?

Ach ja, Michel Bergmanns „Weinhebers Koffer“ und Michael Degens „Der traurige Prinz“ könnten auch noch als Überraschungstreffer daraufstehen, weil das vielleicht Bücher sind, die viele interessieren und dann ein paar junge unbekannte Autoren und und…

Also lassen wir uns überraschen und vergessen nicht, daß es auch eine Hotlist gibt, wo dann die sogenannten Indie-Bücher darauf stehen und dann gibt es  noch die Selfpublischer, sowie meine drei im letzten Jahr erschienenen Bücher, die sicher nicht auf der Liste stehen, aber auch zum über den Tellerrand schauen verlocken können und dann gibt es noch die Bücher von den letzten Buchpreislisten und die, die es nicht daraufgeschafft haben, die auf meiner elendlangen Bücherliste stehen und die ich mir für 2015 zu lesen vorgenommen habe.

„Fünf Kopeken“ wär das beispielsweise eines, das es, wie die „Klappentexterin“ auch eine glorreiche Bücherbloggerin, meinte, 2013 nicht auf die Liste schaffte und dann „Blumenberg“ von Sybille Lewitscharoff, das es es 2011 schaffte, ich aber, wenn ich jetzt noch zwanzig neue Bücher lesen möchte, wahrscheinlich wieder einiges Ungelesene am Ende des Jahres von meiner Liste streichen muß.

Ach ja, es gibt zuviele Bücher, weil immer mehr Leute schreiben und immer weniger lesen, was wahrscheinlich weniger schön, als das erstere ist. Acht oder neuen Bücher lesen die Deutschen und die Österreicher jedes Jahr, habe ich einmal wo gehört, da geht sich die Longlist  schon nicht aus und vierzig Prozent tun es gar nicht, weil sie Schulen als funktionale Analphabeten verlassen. Für die gibt es dann die „Leichter lesen-Programme“ und vielleicht die Jugendbücher und für die, die sich für die Longlist interessieren, bald zwanzig Bücher über die man sicher herrlich streiten kann.

Buzzaldrin postet auf ihrer Facebookseite schon Bücherschachteln, dessen Inhalt sie noch nicht verrät und die glorreiche Jury hat in Frankfurt auch schon getagt und ein halbes Büffet dabei zurückgelassen.

Jetzt könnte ich, wenn ich in Harland nicht gerade Roger Willemsens „Die Enden der Welt“ angefangen hätte und ein Rezensionsexemplar erwarte, was wahrscheinlich nicht auf dieser Liste steht, zum „Thalia“ in die Kremsergasse fahren und schon einmal auf Risiko „Winters Garten“ zu lesen beginnen. Ich kann aber auch ganz geduldig, bis zum nächsten Mittwoch warten und in Wien Anne Fadiman „Ex Libris-Bekenntnisse einer Bibliomanin“, vom Badezimmerstapel nehmen, was sicher auch passend ist.

Eine Information kann ich auch noch nachtragen: Sabine Gruber wird die heurige „Veza Canetti-Preisträgerin“ sein.

2 Kommentare »

  1. Hallo Eva,
    da hast Du Dir ja etwas vorgenommen, die ganze lange Longlist lesen.

    Einige Übereinstimmungen haben wir ja. Über eine Nennung von Modick oder Geiger wäre ich aber doch -wie sagt ihr so schön in Österreich- vollkommen fadisiert.

    Am nächsten Mittwoch wissen wir mehr und dann wird sich auch zeigen, ob und wie viele der nominierten Titel meine Leselust entfachen können.
    Zudem bin ich gespannt, in welcher Form die Buchpreisblogger diesmal an die Liste heran gehen werden.

    Salve aus der ältesten Stadt Deutschlands, die ja im letzten Jahr ein Jurymitglied stellte,
    Kerstin

    P.S. Was sagst Du zu der Komposition der diesjährigen Jury und was erwartet uns in den nächsten Jahren? 😉

    Kommentar von atalantes — 2015-08-12 @ 08:27 | Antworten

    • Otto Lambauer, mein, wie ich immer schreibe zeitweiliger literarischer Verstärker und erprobter Longlistenleser, meinte zu mir auf unserem letzten Wanderausflug, die Jury wäre ihm oder überhaupt unbekannt.
      Ich kenne aus ihr nur Markus Hinterhäuser, aber das ist, glaube ich, ein Musiker und ansonsten bin ich , wie man wahrscheinlich merkt, ziemlich Österreichzentriert.
      Also wahrscheinlich schon aus diesem Blickwinkel spannend, was da in einer Woche auf der Liste stehen wird, vielleicht was völlig Unerwartetes und von Valerie Fritsch, Arno Geiger, Gertraud Klemm keine Spur, aber auf letztere würde ich sehr warten, denn „Aberland“ ist das einzige Buch, das ich dann sofort lesen könnte.
      Denn am nächsten Mittwoch gibt es in St. Pölten eines der größten Rockkonzerte, da campieren dann Hunderte an der Traisen und lassen mich vielleicht nicht in die Stadt fahren.
      Ja, das Lesen habe ich mir vorgenommen, wahrscheinlich bin ich schon vor zwei Jahren, als es diese Bloggeraktion zum ersten Mal gab, auf die Idee gekommen.
      Da habe ich aber tapfer gesagt „Kann ich nicht wegen meiner Leseliste!“, habe die Longlistenproben besprochen und mir „Berlin liegt im Osten“ bestellt.
      Voriges Jahr hätte ich alle Bücher gelesen, die ich bei dieser „Longlistenaktion“ gewonnen hätte, gewonnen habe ich nur „Kastelau“ und „Koala“ das ich schon zu Hause hatte, habe ich erst vor ein paar Wochen gelesen.
      Ja, ich bin gespannt auf die Diskussion der nächsten Wochen, die sieben scheinen sich da viel vorgenommen zu haben und sich prominent vertreten zu wollen.
      Stören würde mich ein wenig nur, wenn es den Eindruck macht, da sind sieben, die die Liste besprechen oder vielleicht sogar, das sind die „offiziellen Blogger“ und die anderen, die das ebenso machen, sind weniger wichtig und erhalten keine Aufmerksamkeit!
      Dagegen versuche ich anzulesen und anzuschreiben!
      In diesem Sinne also Danke für den Kommentar und wenn sich auf dem „Literaturgeflüster“ eine kleine Buchpreisdiskussion entwickeln würde, wäre das ja auch sehr schön!

      Kommentar von jancak — 2015-08-12 @ 10:13 | Antworten


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