Literaturgefluester

2017-09-18

Peter Holtz

Jetzt kommt Buch elf der LL 2017, eines das nicht auf der Shortlist steht, obwohl ich mir auf Grund des Namens des Autors, des1962 in Dresden geborenen Ingo Schulze, der glaube ich 2009 mit „Adam und Evelyn“ darauf stand, das dachte und mir beim ersten Drittel des fünfhundertsiebzig Seiten dicken Schelmenromans dachte, daß ich es mit Zaimoglu und Regener auf meine tun würde.

Inzwischen bin ich mir nicht mehr so sicher. Einen Rekord hat das Buch auf jeden Fall. Es ist das zweit oder dritt dickste der LL.

Da gibt es ein You Tube-Video, das die Bücher der Dicke nach präsentiert. Das Dickste ist der Lehr, dann kommt Franzobel und danach Ingo Schulze. In fünf Badewannensessons und an einem Wochenende habe ich das Lesen geschafft. Es liest sich leicht, ist aber insgesamt, glaube ich, etwas zu lang und, wie ich bei „Amazon“ und den Blogs entnehme, gefällt das Buch nicht allen, einige fühlen sich verarscht dabei und sagen so wars in der DDR nie.

Ach richtig, es ist auch ein DDR-Roman, das mögen die Blogger ja auch nicht so sehr, der wievielte wahrscheinlich, soviel Jahre nach der Wende. Aber ich lese DDR-Romane sehr gerne und eigentlich, wenn auch nicht alles neu ist, was in dem Buch steht, ist Ingo Schulze damit schon ein Schelmenstreich gelungen.

Das Buch ist in zehn Büchern aufgesplittet, die alle so zehn oder mehr Kapitel haben und als Überschrift wird in jedem auch genau erzählt, wie es dem Peter in dem Kapitel geht. Das stammt, glaube ich, von E. T. A  Hoffmann und Ingo Schulze von dem ich ja schon einiges gelesen habe und ihn auch, langs lang ists her einmal in der alten „Alten Schmiede“ hörte, tut das so bei seinen Büchern und der Anfang ist, glaube ich, wenn schon nicht genial gewählt so doch sehr eindrucksvoll.

Da ist der zwölfjährige Peter aus dem Waisenhaus, in dem er lebt, ausgerissen, um den Heimleiter Paul Löschau, der jetzt ein Heim in der Ostsee leiten soll, zu suchen und ihm heimzubringen, denn mit dem neuen Heimleiter geht es bergab, da wird der Sozialismus nicht genügend hochgehalten.

Wir sind mitten in den Siebzigerjahre und Peter verzehrt ein Eisbein mit Sauerkraut und Brause in einer Gaststätte, hat kein Geld und erklärt dann dem Personal, das der Staat für alle und sowieso für seine Kinder zu sorgen hat. Die Logik ist einleuchtend, ob das Kinderheim oder die Gaststätte ist eigentlich egal und der Peter kommt damit auch durch, findet an der Ostsee den Heimleiter aber nicht. Er macht Rast in einem Bungalow, wo das Paar, das dort lebt, so begeistert von ihm ist, das es ihm gleich adoptiert.

Jetzt geht es rassant aufwärts mit Peters sozialistischer Karriere, er vernadert gutmeinend andere, will Berufssoldat werden, gerät aber in die junge Gemeinde, wird irrtümlich oder weil sich der Sozialismus mit dem Christentum ja gut verträgt, Christ, also ists aus mit der Karriere. Die Stasi verhört ihn, macht ihn zum Informanten und fühlt sich von ihm verarscht.

Mit der Armee ist es auch aus, so wird er Bausoldat und später Maurer und bekommt von der Besitzerin des Hauses, der Frau Schöntag dieses, als er achtzehn oder so ist mit einem Trabi geschenkt, damit er sich besser, um die Verwaltung kümmern kann. Ja, es ist auch eine Hans im Glück-Geschichte „Peter Holtz-sein glückliches Leben von ihm selbst erzählt“, steht am Cover.

Peter tritt dann, weil ihm die SED nicht mehr will, in die CDU ein und als das Jahr 1989 und die Wende kommt, engagiert er sich in Reden für die CDU und für den Sozialismus, er hat inzwischen einige Häuser übertragen bekommen und nach der Wende ist er plötzlich reich.

Wird zum Kapitalisten ohne es zu wollen, alles fliegt ihm zu, er will seine Häuser, es gehört ihm inzwischen auch ein Bordell, verschenken, aber irgendwie gelingt ihm das nicht umd am Ende steht unser Peter da, verkauft alles, stiegt zuerst in die Kunst ein und steht schließlich auf der Straße um seine Tausend-Mark-Scheine zu verbrennen, weil nur das der Sinn des Lebens ist und landet schließlich in der Psychiatrie und ist dort auch noch glücklich.

Ein wahrer Schelmenstreich könnte man so sagen und denkt mituntert mehrfach, das ist ja alles wahr.Einige Sachen sind in dem Buch trotzdem unlogisch, beziehungsweise habe ich sie nicht verstanden. So beginnt es ziemlich am Anfang mit Peters Lese-Rechtschreibschwäche, die aber später nicht mehr vorkommt und zum vierzehnten Geburtstag oder so läßt er sich von seinen Adoptiveltern einen Föhn schenken und föhnt sich später mehrmals die trockenen <haare, warum und wieso ist mir nicht ganz klar geworden. Ist das ein Phallus-Symbol? Die einzelnen Kapitel erscheinen oft auch in sich abgerundet, haben dann aber manchmal keine Übergan zum nächsten. So als ob sie für sich geschrieben worden wäre.

Dem Autor, würde ich meinen, hat das Schreiben großen Spaß gemacht.Beim Lesen denkt man manchmal, das weiß ich doch schon alles oder habe es schon gelesen. Diese Abrechnung mit der DDR und dem Kapitalismus ist aber recht vergnüglich, obwohl unterm Strich gesagt, so einfach ist es wohl nicht und deshalb haben manche Leser das Buch vielleicht auch so schlecht bewertet oder fühlen sich verarscht.

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