Literaturgefluester

2016-01-25

Josef Winklers Abschiede

Der 1953 in Kamering geborene Josef Winkler, der 2008 den „Büchner-Preis bekommen“ hat, hat ein neues Buch geschrieben, beziehungsweise herausgegeben „Abschied von Vater und Mutter“, das offenbar die Texte „Roppongi- Requiem für einen Vater“ 2007  und „Mutter und der Bleistift“ 2013 erschienen, vereinigt, das heute von Angelika Reitzer kommentiert und moderiert in der „Alten Schmiede“ vorgestellt wurde.

Vorher hat es noch eine „Stunde der literarischen Erleuchtung“ gegegeben, wo Andrea Grill und Alexandra Millners Albert Drachs „Vogeltexte“ vorstellten, da hatte ich leider eine Stunde, denn das wäre sicher auch sehr interessant gewesen, habe ich ja schon einmal eine „Literarische Erleuchtung“ über Albert Drach versäumt und Alexandra Millner hat ja glaube ich auch bei dem „Josef Winkler Symposium“ vor zwei Jahren mitgewirkt, wo glaube ich, auch der Text „Mutter und der Bleistift vorgestellt wurde.

Der diesbezüglich erschienene Symposiumbericht lag am Büchertisch, auch, die neuen und die alten Bücher und auch ein Buch Josef Winkler und Karl May, den der hat, glaube ich, den großen Kärtner Bauernsohn das Lesen beigebracht.

Ich habe übrigens vor kurzem auch ein Winkler-Buch in einem der Schränke gefunden, nämlich „Leichnam seine Familie belauernd“, das ich leider nur gerade nicht finden kann, habe ich doch heute meine Bücherstöße umgeräumt um Margot Kollers „Im Paradies der Bücher“ zu finden, damit ich es mitnehmen kann, wenn wir am Wochenende nach Salzburg fahren, was aber ohnehin nichts macht, weil ich zum Lesen des Winkler Buches derzeit ohnehin nicht komme und die Lesung war sehr sehr interessant, ist Josef Winkler ja einer, der über sein eigenes Leben schreibt und wie er selber sagte, vierzig Jahre nichts anderes als das in immer anderen Varianten und Wiederholungen getan hat.

Das erste waren die drei Kärntner Heimatromane „Menschenkind“ „Ackermann von Kärnen“ und „Muttersprache“ wie sie glaube ich auch „Das  wilde Kärnten“ genannt werden, dann kamen die Reiseberichte über Indien und Rom aber immer wieder die Auseinandersethzung mit dem Vater und der Mutter.

Zum Vater hat er ein schwieriges Verhältnis gehabt, der hat ihn offenbar erst später an und aufgenommen und ihm auch verboten zu seinem Begräbnis zu gehen und die Mutter ist schon als junge Frau verstummt, nachdem im zweiten Weltkrieg, ihr dritter Bruder Adam, gefallen ist.

Die Mutter soll sich auch wie Angelika Reitzer in ihrer Einleitung erwähnte, darüber beschwert haben, daß der Sohn soviel über sie und die Familie geschrieben hat.

Was ich verstehen kann, daß das für eine Kärntner Bauernfamilie nicht einfach war, einen Sohn zu haben, der berühmt damit wurde, daß er über seine Kärntner Kindheit schreibt und das ist in dem sogenannten „Mutterrequiem wo Ilse Aichingers Texte immer wieder mit dem Leichnam des toten Adams, dem Großvaters, dem Apfelbaum, dem Nußbaum und den Heiligenbildner im Schlafzimmer vernetzt werden, hervorragend gelungen.

Angelika Reitzer hat sich nach der Lesung auch nach der Bewandnis der Aichinger Texte erkundigt und Josef Winkler hat  geantwortet, daß er zum neunzigsten Geburtstag der Dichterin einen Text über sie schreiben sollte, es war aber wenig Zeit dazu, denn er war ja im Sommer in Indien, da hat er „Kleist, Moos, Fasane“ mitgenommen,  dort den Text gelesen, beziehungsweise in seine Muttergeschichte verwebt.

Josef Winkler war in dem Gesrpäch überhaupt erstaunlich offen und erzählte von seiner Bezeihung zu seinem Vater und seiner Mutter, über den Vater konnte er sehr viel schreiben und hat das auch getan. Die Mutter hat ihn mit ihrer Sprachlosigkeit offenbar angesteckt und er konnte, als er zu schreiben anfing auch Thomas Bernhard in der Furcht, daß er dann so schreiben würde, nicht lesen.

Nach seinen ersten drei Romanen hatte er auch eine Verstummungsphase, dann ist er nach Kärtnen zu seinem Vater zurückgegangen und hat in der Auseinandersetzung mit ihm, seine Sprache widergefunden und so schreibt er vierzig Jahre „den gleichen Stuss“ wie er es selber nannte und bewundere seine Kollegen, die so einfach eine Geschichte mit Plot und Handlung hinunterschreiben können, was ihm nicht gelinge und das finde ich sehr interessant und sehr ehrlich und habe, die ich damit ja irgendwie in der Mitte stehe, auch eine Auseinandersetzung mit meiner damaligen Kritikerin JuSophie gehabt, die meinte, daß nichts schwerer wäre, als Personen zu erfinden und, daß man von dem eigenen Ich wegkommen soll.

Die Literaturgeschichte lehrt, glaube ich, sehr gut, daß man das nicht muß, beziehungsweise nicht alle, es gibt eine Vielzahl von Autoren, die von ihrer Biografie leben und die wiederholen sich damit wahrscheinlich auch, wie es jetzt vielleicht gerade Robert Walser mit seinem neuen Roman „Ein sterbender Mann“ passierte, den ich zwar nicht gelesen habe, wohl aber Tobias Nazemis „Brief an Martin“, der in dem neuen Selbstbewußtsein der Bücherblogger meinte, von den ewig gleichen Romanen enttäuscht worden zu sein.

Das kann man Josef Winkler vielleicht auch vorwerfen und der Leser muß wohl entscheiden, ob er eine spannende Geschichte mit einem erfundenen Plot haben will oder die Autobiografie eines Autors, der sein Leben lang Dasselbe  in wechselnden Variationen schreibt?

Ich finde beides wichtig, lese beides, interessiere mich auch dafür, wenn sich  Autoren oder Autorinnen mit ihrem Krankheiten, etcertera beschäftigen und bin auch nicht so ungeduldig Bücher wegzuwerfen, beziehungsweise würde ich es sehr anmaßend finden, einen Autor zu sagen, daß er vor zwanzig Jahren zu schreiben aufhören hätte sollen! Finde es aber spannend, daß Josef Winkler sein Kreisen, um seine Kindheit, selbst als „denselben Stuss“ bezeichnet hat  und wahrscheinlich sollte ich mehr Josef Winkler lesen.

„Leichnam seine Familie belauernd“ wartet noch auf mich und ich, die ich ja auch sehr viel über mich und die Kränkung nicht und nicht in den Literaturbetrieb hineinzukommen, schreibe, kann fröhlich vermelden, daß dies bald der 2500 Artikel ist, in dem ich über Veranstaltungen, Bücher oder mein Schreiben berichte.

Es ist, glaube ich, der 2498, weil die Besprechung von Dimitri Verhulsts „Die letzte Liebe meiner Mutter“ für Mittwoch geplant ist und es von Pavel Kohouts „Henkerin“ erst einen Entwurf gibt, weil ich das Buch in Harland noch nicht ganz gelesen habe, also „auch sehr viel Stuss“, den ich schreiben muß und immer wieder schreibe, wie wahrscheinlich auch Josef Winkler weiterschreiben wird und gleich von einer Idee erzählte, die ihn beschäftigt.

Angelika Reitzer fragte dann auch nach den neuen Plänen und er meinte, daß er wieder eine Sammlung von Skizzen  herausgegeben wird, weil man ja alle paar Jahre einen neuen Text veröffentlichen soll und erwähnte einen mexikanischen Autor, der nur zwei Bücher veröffentlichte und danach erklärte, daß ihm das Schreiben nicht mehr interessieren würde.

Jerome David Salinger und Harper Lee haben es, glaube ich, ähnlich gemacht, andere, wie Josef Winkler, Martin Walser und auch ich müßen schreiben, wenn sie vielleicht auch schon ein wenig ausgeschrieben sind, aber „Man schreibt immer denselben Roman, ein Leben lang“, ist auch das Vorwort von einen meiner Bücher.

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